Cover des Buches In Love (ISBN: 9783312006519)
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Rezension zu In Love von Alfred Hayes

"Die Liebe lud mich ein, aber meine Seele wich zurück, bedeckt von Staub und Sünde.“

von Insider2199 vor 9 Jahren

Rezension

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Insider2199vor 9 Jahren

"Die Liebe lud mich ein, aber meine Seele wich zurück, bedeckt von Staub und Sünde."

Der 1911 in London geborene und 1985 in Kalifornien gestorbene Autor arbeitete sowohl als Reporter als auch als Regisseur und Drehbuchautor (2 Oskar-Nominierungen für „Paisà“ (1946) (R: Roberto Rossellini) und „Teresa“ (1951). Sein Roman „The Girl on the Via Flaminia“ (1949) wurde mit einem meiner Lieblingsschauspieler Kirk Douglas verfilmt („Act of Love“ (1953)). „In Love“ stammt aus dem Jahr 1953 und wurde mit dem Roman „My Face for the World to See” (1958) fortgeführt. Der Verlag „Nagel & Kimche“ versicherte mir kürzlich, dass jenes Buch bereits übersetzt ist und im August 2016 erscheinen wird – ich kann es kaum erwarten!

Zum Inhalt: Der Ich-Erzähler erzählt einer jungen Frau in einer Bar von seiner verflossenen Liebe zu einer Frau, die auf einer Party von einem Herrn ein unmoralisches Angebot erhält (1000 Dollar für eine Nacht mit ihm). Sie lehnt das Angebot zunächst ab, lernt den Herrn jedoch näher kennen und wird seine Geliebte. Erst jetzt wird dem Ich-Erzähler bewusst, wie sehr er sie eigentlich liebt, und die Sehnsucht und das Leiden beginnt ...

Der Plot erinnert stark an „Indecent Proposal“ (dt. „Ein unmoralisches Angebot“, 1993) mit Robert Redford und Demi Moore, doch während „In Love“ ein Kunstwerk ist, ist der Film von Adrian Lyne leider nur von mittelmäßiger Qualität. Dennoch wäre der Film für diejenigen interessant, die gerne den Vergleich ziehen wollen.

Meine Meinung: Ich muss gleich vorwegschicken: sprachlich und kompositorisch das mit Abstand beste Buch, das ich in den knapp zwei Jahren bei LovelyBooks gelesen habe, und mit Sicherheit unter den Top 5 aller von mir gelesenen Bücher. Überaus inspirierend für mein eigenes Schreib-Projekt!

„Nur unsere Leidensfähigkeit haben wir nicht verloren, dachte ich. Wir können wunderbar leiden. Aber es ist immer so ein stilles Leiden. Nie belästigen wir die Nachbarn. Wenn wir zusammenbrechen, dann sehr diszipliniert. So sind wir. Keine Frage. Disziplinierte Zusammenbrecher.“

Besonders gefiel mir, wie der Autor mit der indirekten Rede umging, die sich durch den ganzen Roman zieht, v.a. wie er dabei gekonnt und fast unbemerkt die Perspektive wechselt. Während wir die ganze Zeit die Story aus seiner Sichtweise sehen – denn er erzählt sie einer jungen Frau in einer Bar – kann es vorkommen, dass er plötzlich sagt: „Ich hatte gedacht, sagte sie, er würde sich überhaupt nicht mehr an mich erinnern, als ich anrief. [...] Ich hatte das Gefühl, die Stimme würde mir versagen, aber er erkannte sie sofort, ...“ und plötzlich ist der Leser nicht mehr in der Ich-Perspektive des Mannes, sondern der Frau, von der er berichtet. Absolut genial wie der Autor das macht, und in dieser Art und Weise habe ich es noch NIE in einem Roman gelesen!

Des Weiteren gefiel mir, in welcher präzisen Art und Weise der Erzähler Gefühle und Stimmungen beschreibt – z.B. wie dem Ich-Erzähler allmählich bewusst wird, wie sehr er die Frau, die er im Begriff ist, zu verlieren, liebt und die Melancholie, die ihn befällt, als er sich einsam und verlassen fühlt. Aber auch die Beschreibung wie sich Gefühle wandeln, wie sich aus distanziertem Desinteresse plötzlich Eifersucht entwickelt und den Mann plötzlich Dinge tun lassen, die er sich selbst nie zugetraut hätte.

„Wenn in mir eine Verlustangst war, eine Furcht, verlassen zu werden, eine Unruhe, die nicht glauben wollte, dass ich geliebt wurde, so war doch auch etwas in mir, das mir versicherte, dass sie nicht lügt, dass sie mich liebt, dass ich das nur akzeptieren und glauben müsse, dann würde die Liebe Wirklichkeit werden. Zweifel und Gewissheit, Vertrauen und Misstrauen existierten Seite an Seite in mir, ausgestreckt in mir, so wie wir ausgestreckt dalagen, in einer Umarmung der Gegensätze.“

Fazit: Sprachlich und kompositorisch ein Kunstwerk, das mich inspiriert hat. Ein Roman, den ich sicher noch öfter lesen werde, und ich freue mich schon auf das nächste Buch im August 2016. Ein wiederentdeckter Roman-Schatz, ein wahres Juwel, für das 5 Sterne noch zu wenig sind, unbedingt lesen!

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