Cover des Buches Vor uns das Leben (ISBN: 9783863960735)
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Rezension zu Vor uns das Leben von Amy Harmon

Ein etwas längerer Groschenheftroman ...

von wandablue vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Ein fabelhaftes Buch, das mit einfach allen bekannten Klischees auf einmal operiert, insofern kaum zu toppen: :-(((((

Rezension

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wandabluevor 10 Jahren
Ein etwas längerer Groschenheftroman ...
Kennt ihr den Film: „Lügen haben lange Beine“ mit Uma Thurmann und Janeane Garofalo, als sich die Tierärztin und Radiomoderatorin Abby Barnes in den Anrufer Brian verliebt und mit ihm lustige, aufregende und intelligente Telefonate führt, aber Abby sich aus Minderwertigkeitskomplexen für die hübsche Noelle ausgibt?

Genau darum geht’s im ersten Teil des o.g. Jugendbuchs und deshalb ist der Plot an und für sich gar nicht schlecht, weil geklaut .. äh, ich meine, zwar schon mal dagewesen, aber, na und?

Dieses Spielchen zieht Fern jedenfalls mit Ambrose ab, dem Super-Ringer an ihrer Schule, schriftlich halt, mit Briefchen. Und nur um Rita zu helfen! Fern ist das obligatorische hässliche Entchen, prädestiniert zum Schwan. Intelligent, na ja, so intelligent nun auch wieder nicht, denn sie versauert nach der Schule in einem kleinen Laden statt zu studieren und/oder in die Welt hinauszuziehen, zierlich, Zahnspange, superschlank, feuerrotes Haar, Sommersprossen, sie erinnert mich an Ferguie. Übrigens habe ich noch niemals eine zierliche, sommersprossige Rothaarige mit blassem Teint gesehen, die hässlich gewesen wäre! Aber egal. Auf solche Kleinigkeiten kommt‘s nicht an. Und Rita ist die blonde, vollbusige Dumpfbacke, erinnert, nur äusserlich, an Gaby Köster in jüngerer Ausgabe. Ferns Cousin Bailey sitzt im Rollstuhl, Muskeldystrophie, unheilbar, Tod voraus, ahoi Tränendrüse! Bailey, ist das nicht ein Likör?

Bailey liebt die dumpfbackige Rita. Fern den unerreichbaren Ambrose. Ambrose sich. Der Umbruch kommt mit 9/11, dem patriotischen Element. Ambrose meldet sich mit seiner Clique zur Army.

Jetzt könnte die Handlung interessant werden. Wie wird das fremde Land, der Irak, auf die Jungs wirken, der Soldatenalltag, der Drill, das Heimweh? Die Auseinandersetzung mit der fremden Mentalität, der Religion anderer? Ist ein Auslandseinsatz sinnvoll, ist das Verhalten der Vereinigten Staaten angemessen? Illusionen und Desillusionen. Bevor die Jugendlichen daran jedoch auch nur einen einzigen sinnvollen Gedanken verwenden könnten, streckt sich der Arm der Hölle nach ihnen aus, Zitat: „Und dann stieß die Hölle eine knochige Hand durch die festgetretene Straße und entfesselte Feuer und fliegende Metallsplitter...“.

(Wie sagte einer der Lesenden? Es ist doch völlig egal, wie es passiert ist, es kommt doch nur drauf an, was Ambrose fühlt? NEIN. Oder ja, im Groschenheft ja.)

Jetzt bitte zur Unterstützung der Handlung das Bilderbuch „Die Schöne und das Biest“ aufklappen! Ambrose, ziemlich kriegsversehrt, ist nicht etwa traumatisiert, sondern findet mit Ferns Hilfe innerhalb von ungfähr sechs Monaten in den Alltag zurück, zurück zum Ringen und in ihre Arme.

Finito? Nicht ganz. An den Liebesszenen möchte ich euch unbedingt, wenigstens auszugsweise teilhaben lassen: „Ihre Hände ... weckten ... ernorme, ja gigantische Empfindungen in ihm.... Fern brachte ihn zum Erbeben, ließ ihn innerlich vibrieren wie Schienen bei einem sich nähernden Zug“ und „er drückte sie zurück auf die Decke... und nahm ihren Mund besitzergreifend gefangen, ohne Raffinesse, ohne Zurückhaltung, ohne nachzudenken. Er nahm einfach. Und sie gab, öffnete sich ihm, hieß seine Zunge mit der ihren willkommen...“ Brr. Das ist obermegapeinlich und obendrein softpornoartig. Dergleichen geschmacklose und gleichzeitig unbeholfene, um nicht zu sagen dilettantische Liebesszenarien finden sich öfters.

Amerikanischer Patriotismus, Aufopferung, der gute Behinderte, Heldentod und Ideale, Kriegsveteran, Entenverwandlungszauber, Soldatenpathos, reine Liebe, Sportidol, rabenschwarzer Bösewicht, gerechte Strafe, eine schöne Seele, die Hässliche und die Schöne, unverbrüchliche Freundschaft bis zum Tod und schließlich Happy End - mehr Klischee geht einfach nicht. Alles thematisch angerissen, reisserisch für die äusserst dünne Geschichte verbraten, nichts geht auch nur ein bisschen unter die Oberfläche, geschweige denn unter die Haut

Fazit: Schund oder Schund? Ich kann mich nicht entscheiden.

Kategorie: (s/l)eichte Unterhaltung
Egmontverlag 2014

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