Cover des Buches Schüssel mit Sprung (ISBN: 9789963523771)
Cappuccino-Mamas avatar
Rezension zu Schüssel mit Sprung von Angelika Lauriel

Wenn die Schwiegereltern das Zepter schwingen...

von Cappuccino-Mama vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Jung und Alt unter einem Dach - da sind Konflikte vorprogrammiert. Und das Auftauchen der Jugendliebe macht das Gefühlschaos nicht kleiner.

Rezension

Cappuccino-Mamas avatar
Cappuccino-Mamavor 9 Jahren

Ich schätze feinen Humor – schließlich ist das Leben an sich schon ernst genug! Daher war ich, nachdem mich zwei Romane der Autorin Angelika Lauriel begeistern konnten, schon gespannt, was mich bei ihrem neuesten Werk erwarten würde. Und das Thema Schwiegermutter ist ein unerschöpfliches Thema! Es soll ja Schwiegermütter geben, die ihrer Schwiegertochter nie verzeihen, dass diese ihr den Sohn „weggenommen“ hat.


Das Cover:

Ein witziges Cover , das dieses Buch ziert. Eine weiße Schüssel mit einem Sprung steht auf einem weißen Teller (zuerst hielt ich die Schüssel irrtümlich für eine Tasse). Eine braune Flüssigkeit, die wie Schokolade (oder auch Bratensoße) aussieht, bahnt sich ihren Weg durch den Sprung und bildet auf dem Teller eine kleine Pfütze. Eine kleine Trittleiter ist an die Schüssel gelehnt, neben der Schüssel stehen zudem hochhackige Pumps.In der Schüssel selbst sitzt eine junge Frau in einem braunen Oberteil mit einem Dutt und auffälligem Augen-Make-up. In der Hand hält sie eine weiße Tasse, aus der Schüssel selbst ragt ein Stiel und auf der Flüssigkeit schwimmt ein Quietscheentchen.

Sehr schön finde ich bei den Büchern des Bookshouse-Verlags, dass auf einem senkrechten Streifen vermerkt ist, um welches Genre es sich handelt – in diesem Fall um einen humorvollen Frauenroman. Die graphisch gestaltete Buchtitel mit den orangefarbenen und „durchsichtigen“ Buchstaben wirkt einerseits modern, erinnert aber andererseits ein wenig an den Look der Siebziger.


Die Handlung:

Der Mann ist beruflich auf Reisen und die Schwiegereltern ziehen für einige Wochen ins traute Eigenheim – ein Alptraum. Da hat Susanne mal wieder nicht zugehört, als sie gefragt wurde, ob sie einverstanden wäre, wenn Rosemi, ihre Schwiegermutter und Schwiegervater Matthias einziehen würden. Das kommt davon, wenn man ganz in seinem Beruf als Illustratorin aufgeht und dabei die Welt um sich herum vergisst.

Das Haus der Schwiegereltern wird gerade renoviert und so ziehen der Ex-Schuldirektor Matthias und seine Frau Rosemarie bei der Familie ihres Sohnes Axel ein. Eigentlich mag Sanne ihre Schwiegereltern ja, aber deshalb möchte sie verständlicherweise noch lange nicht mit ihnen unter einem Dach, geschweige denn in einer Wohnung leben. Und dann ist da noch Sannes Mutter Hilde, die ganz offensichtlich Geheimnisse vor ihrer Tochter hat.

Das Zusammenleben fordert seinen Tribut: Bei einer Wanderung mit den beiden Hardcore-Alpinisten Matthias und Rosemarie verletzt Sanne sich und landet für einige Tage im Krankenhaus. Ausgerechnet jetzt droht ein wichtiger Illustration-Auftrag zu scheitern, denn der Abgabetermin rückt in unaufhaltsame Nähe.

Als dann auch noch ihre alte Jugendliebe Kai wieder auftaucht und sie umwirbt, ist das Gefühlschaos für Sanne perfekt. Und immer wieder stellt Sanne sich die Frage: „Wiesu denn bluß?“...


Meine Meinung:

Susanne „Sanne“ Weiler, aus deren Sicht erzählt wird, ist glücklich mit ihrem Mann Axel und den beiden Kindern Lena und Keanu. Ihre Arbeit als Illustratorin macht ihr sehr großen Spaß und ist weit mehr als das Hobby, das ihr Umfeld mitunter in ihrem Beruf sieht. So wird ihr Beruf als Buchillustratorin mehr belächelt, als dass man ihn schätzt.

Hilde, Sannes Mutter, und die Geschwister fand ich anfangs recht unsympathisch. Sanne, die im Gegensatz zu ihren beiden Schwestern nicht weit von ihrer Mutter entfernt lebt, wird oft als letzte informiert, wenn es Neuigkeiten gibt. Schlimmer noch – man verheimlicht ihr sogar manche Dinge – für Sanne ein absoluter Vertrauensbruch. Sie fühlt sich hintergangen, ausgeschlossen und vor allem auch verletzt. Sannes Mutter behandelt ihre Tochter noch immer wie ein Kind, meint sich einmischen zu müssen. Das fängt schon damit an, dass sie es nicht ausstehen kann, dass ihre Tochter Sanne genannt wird, schließlich hat sie dem „Kind“ vor mehr als vierzig Jahren den Namen Susanne gegeben!

Und dann ziehen die Schwiegereltern ausgerechnet an dem Tag mit Sack und Pack ein, und das Unheil nimmt seinen Lauf. Kein Wunder, dass Sanne sich im eigenen Haus plötzlich unwohl fühlt – fast schon wie eine Fremde im eigenen Zuhause. Die Schwiegereltern meinen es ja nur gut, reißen aber geradezu alles an sich. Da wird umgeräumt, aussortiert,... - nicht immer sind solche Ratschläge willkommen, fühlt man sich da doch all zu schnell kritisiert. Wie sehr würde Sanne sich da die Unterstützung durch ihren Mann Axel wünschen, doch der ist leider nicht greifbar, da er just zu diesem Zeitpunkt eine Geschäftsreise ins ferne Indien antreten muss.

Schwiegervater Matthias „der General“ überschreitet ab und an seine Grenzen. Der ehemalige Schuldirektor mischt sich in die Erziehung ein, was weder bei Sanne, noch bei ihrem Sohn gut ankommt. Das Vertrauen Keanus in seinen Großvater ist erschüttert, der Ton gereizt und Sanne sitzt zwischen den sprichwörtlichen Stühlen. Dass ihr Mann beruflich unterwegs ist, macht die Sache da auch nicht einfacher – wie sehr würde sie gerade jetzt seinen Beistand wünschen und dass er seine Eltern in ihre Grenzen weist.

Unterstützung bieten ihr die Schwiegereltern an. Matthias meint, sie würden ihr helfen, damit sie sich den wichtigen Dingen widmen kann. Sanne denkt dabei allerdings sofort an ihre Arbeit als Illustratorin, die wenig Anerkennung findet, immer eher belächelt wird – kein beruflicher Erfolg, eher ein Hobby, scheint ihr Umfeld darunter zu verstehen. Doch die Ernüchterung folgt auf dem Fuße – Schwiegervater dachte vielmehr an das Putzen und das Aufräumen.

Manchmal machte mich das oberlehrerhafte Verhalten von Matthias geradezu wütend. Sagt man nicht immer, mit den Enkeln wären Großeltern nachsichtiger als mit den eigenen Kindern? Davon habe ich nichts bemerkt. Seinen Enkel hat Matthias jedenfalls enttäuscht, das Vertrauen zumindest ein Stück weit verloren. Doch was wäre ein solches Buch ohne Happy End?! - Letztendlich konnte ich als Leserin, sowie die Familie Weiler sich mit Matthias aussöhnen.

Rosemi ist Hausfrau mit Leib und Seele, eine Perfektionistin auf diesem Gebiet, die ihrem Mann gerne ein gemütliches Heim bereitet. Und das möchte sie im chaotischen Heim ihres Sohnes nun ebenfalls fortführen – statt Chaos soll nun Ordnung und Sauberkeit Einzug halten. Und so reißt Rosemi kurzerhand alles an sich – am liebsten würde sie so richtig entrümpeln und Sannes geliebte SCHÜSSEL MIT SPRUNG, dieses olle Ding, würde sie liebend gern wegwerfen. Doch gerade an dieser Schüssel hängen viele Erinnerungen. Mitunter scheint Rosemi regelrecht zu vergessen, dass sie nur Gast ist. Sie dekoriert munter um, ohne Sanne vorher zu fragen. Und Sanne schweigt, schluckt ihren Ärger hinunter, denn schließlich unterstützt ihre Schwiegermutter sie auch im Haushalt, hält ihr ein Stück weit den Rücken frei.

Doch ausgerechnet jetzt hat der zwölfjährige Sohn Keanu, der gerade mitten in der Pubertät steckt, Schwierigkeiten in der Schule. Ein Mitschüler macht ihm das Leben schwer. Doch der ehemalige Lehrer Matthias findet es peinlich, dass ausgerechnet sein Enkel unangenehm in der Schule auffällt und macht Keanu Vorwürfe. Das kommt natürlich weder bei Sanne, noch bei ihrem Sohn gut an und trübt das Enkel-Opa-Verhältnis ganz schön.

Die sechsjährige Lina ist ein niedliches kleines, aufgewecktes Mädchen. Dass ihre Oma auch vor ihrem Zimmer nicht Halt macht, nimmt die Kleine gelassen und lässt Oma gewähren. So verwandelt sich das Zimmer der kleinen Piratin in einen rosa Mädchen-(Alp-)Traum.

Sanne kennt Kai aus Schulzeiten, war sogar schon mit ihm zusammen. Doch nun steht sie ihm plötzlich völlig unverhofft gegenüber. Da werden Erinnerungen wach, und natürlich fühlt Sanne sich geschmeichelt, als Kai sie nach vielen Jahren erneut umwirbt. Doch natürlich lauert die weibliche Konkurrenz, und diese ist alles andere als begeistert über Kais neue Favoritin.

„Wiesu denn bluß?“, fragt sich Sanne immer wieder, wenn das Schicksal ihr mal wieder ein Schnippchen schlägt. Wer sich nun fragt, was es mit diesem Satz auf sich hat – dieses Zitat stammt aus Astrid Lindgrens RONJA RÄUBERTOCHTER. Ich jedenfalls fand diese Idee, diesen Satz in den betreffenden Situationen zu verwenden, recht gut. Schließlich schaut man sich mit seinen Kindern auch mal entsprechende Kinderfilme an – da bleibt eben auch mal etwas im Gedächtnis hängen – bei Sanne ist es eben dieser Satz.

Mitunter gleicht so eine Ehe auch einer SCHÜSSEL MIT SPRUNG – sie ist angeschlagen, doch mitunter halten diese am längsten. Und so hängt Sanne an ihrer SCHÜSSEL MIT SPRUNG, denn diese weckt Erinnerungen in ihr – angefangen vom Kauf, als Axel und sie noch jung waren und Urlaub in der Toskana machten, bis hin zu gemeinsamen Mahlzeiten und diversen Zwischenfällen, die die Schüssel zu überstehen hatte. Ob wohl die Ehe der beiden ebenso haltbar ist, oder ob sie durch Kai einen Sprung bekommt?

Angelika Lauriel, die sympathische Autorin aus dem Saarland, ist mir bereits von anderen Büchern bekannt. Mit BEI TRÄNEN MORD und DER TOD STEHT MIR NICHT (Chicklitkrimis) verband sie das Genre Krimi mit einer humorvollen Handlung und konnte mich mit ihrem Schreibstil und feinen Humor überzeugen. Aber auch in anderen Genres hat Angelika Lauriel sich einen Namen gemacht – sei es mit einem Reiselesebuch, Kinderkrimis, sowie einem All-Age-Roman.

So richtige Schwiegermonster konnte ich im Buch nicht wirklich entdecken – zum Glück von Sanne. Eher sind es Schwiegereltern, die schlicht und einfach nicht erkennen, wo ihre Grenzen sind, die sich zu sehr einmischen und andere Prioritäten setzen als die Schwiegertochter. Den beiden fehlt es einfach nur an Feingefühl, und eigentlich meinen sie es ja nur gut und sie wollen sich nützlich machen, solange sie die Gastfreundschaft von Sanne und Axel in Anspruch nehmen.

Im Grunde sind Rosemi und Matthias nette ältere Leute, die man zwar gerne in seinem Haus willkommen heißt, aber bei denen man auch froh ist, wenn sie wieder in ihr eigenes Zuhause gehen. Aber nachhaltig kann ich sagen, dass diese Extremsituation trotz aller Vorkommnisse die Familie ein Stück weit mehr zusammenrücken und auch zusammenwachsen ließ. Wann hat man schon die Gelegenheit, soviel über den anderen zu erfahren, als im Zusammenleben. Und so erwartet den Leser ein Ende, wie es einem humorvollen Roman angemessen ist.


Fazit:

Ein unterhaltsamer und humorvoller Frauenroman mit einem sehr ergiebigen Thema: Die Schwiegereltern – mal helfende Hand, mal die Schwiegermonster. Auch mit diesem Roman konnte mich Angelika Lauriel wieder einmal überzeugen. Es ist kein derber Humor, der Lacher um jeden Preis herausfordert, sondern die alltäglichen Situationen, die den Leser zum Schmunzeln bringen - sei es ein Farbe verschmiertes Kind, die ordnungsliebende Schwiegermutter, die zwischen den Vorräten versteckten langen Unterhosen, oder auch nur die witzige Bemerkung eines Kindes. Aber auch die ernsten Momente finden ihren Platz, verleihen dem Buch einen gewissen Tiefgang, so beispielsweise der Verlust von Sannes geliebten Vater, oder dass Sanne meint, die eigene Mutter würde die Geschwister stets bevorzugen.

Auf humorvolle Art und Weise vermittelte die Autorin, dass Jung und Alt voneinander lernen können – die eine Seite sollte manchmal etwas lockerer sein, dennoch aber die eigene Meinung vertreten, die andere wiederum lernen, auch mal loszulassen, den erwachsenen Kindern ihr eigenes Leben leben zu lassen – ohne Bevormundungen und ständige Einmischungen. Von mir erhält der locker-beschwingte Roman eine Leseempfehlung und somit 5 Sterne.


Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks