Cover des Buches Die Enklave (ISBN: 9783442268122)
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Rezension zu Die Enklave von Ann Aguirre

Enttäuscht: Interessante Idee, mangelhaft umgesetzt!

von Lovely_Lila vor 9 Jahren

Rezension

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Lovely_Lilavor 9 Jahren
!! Achtung: Rezension enthält Spoiler !! (Sind in dieser Rezension leider notwendig um meine Kritikpunkte zu erklären.)

Inhalt

Durch giftigen Regen ist die Erdoberfläche unbewohnbar geworden. Die junge Jägerin Zwei lebt daher in einer Enklave in den U-Bahn-Tunneln von New York. Jeden Tag macht sie sich mit ihrem Partner Bleich auf den Weg, um Essen für die Gemeinschaft heranzuschaffen. Durch die strengen Regeln der Ältesten fühlt sich Zwei sicher, aber oft auch eingeengt. Doch dann begeht sie einen Fehler. Vergehen werden in der Enklave hart bestraft. Zwei wird gemeinsam mit Bleich verbannt. Ein sicheres Todesurteil…

Meine Meinung

Der Klappentext hörte sich vielversprechend an, vor allem da Dystopien sowieso eines meiner Lieblingsgenres sind. Auch wurde das Buch jenen empfohlen, denen die „Tribute von Panem“ gefallen haben. Wer mich kennt, weiß, dass dies einer meiner Lieblingsreihen ist, und so musste ich natürlich auch hier zugreifen. Leider wurde ich am Ende doch enttäuscht.

Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten. Stellenweise kam er mir außerordentlich kalt und nüchtern vor, sodass für mich dadurch kaum Gefühle transportiert werden konnten. Er konzentrierte sich oft viel zu wenig auf die Gefühle und Gedanken der Hauptperson, sondern nur auf das reine Actiongeschehen in einem Kampf. Zudem gab es viele Wortwiederholungen oder sehr ähnliche Formulierungen, so dass ich als Leser schon ahnte, was ich gleich lesen würde. Häufig dachte ich mir: „Ah, das hatten wir doch schon.“ Gleichzeitig wirkt er stellweise sehr gehetzt. Wirklich spannende Vorfälle werden in zwei Sätzen erzählt, und ohne näher darauf einzugehen, passiert schon wieder der nächste Vorfall. Der Schreibstil konnte mich also ganz und gar nicht überzeugen, auch wenn er wenigstens relativ schnell zu lesen war.

Zu den meisten Charakteren konnte ich leider während der ganzen Geschichte keine Verbindung aufbauen. Mit Zwei konnte ich mich auch nicht anfreunden, immer wieder sind mir ihre Gedanken gegen den Strich gegangen, so dass ich mich innerlich sehr von ihr distanziert habe. Meine Gefühle beginnender Sympathie wurden oftmals sofort durch ihr Verhalten wieder zerstört.
Aber Zwei war nicht das einzige Problem. Manche Charaktere waren mir dermaßen unsympathisch, dass ich es fast nicht ertragen konnte. Dasselbe gilt für das Verhalten einiger Personen. Dazu gehört vor allem Pirscher. Dieser Mann zögert nicht, wenn es darum geht ein Dutzend Kinder seiner Gruppe zu opfern, nur um seine eigene Haut zu retten, oder ein lustiges „Jagdspielchen“ zu spielen. Gleichzeitig rechtfertigt er sich dann auch noch mit dermaßen feigen und billigen Ausreden, dass ich nur noch den Kopf schütteln wollte. Ja, klar, Pirscher, die im Stich gelassenen Kinder werden es sicher verstehen, wenn du sie schwer verletzt zurücklässt!!
Doch das war noch lange nicht alles. Ein Mädchen, dass durch Pirschers Erlaubnis vermutlich sehr oft vergewaltigt und geschlagen wurde, wird von Zwei und Bleich dazu angehalten, die Vergangenheit doch bitte ruhen zu lassen und das - Achtung, es wird noch besser – nachdem sie entschieden haben, dass Pirscher sich ihrer Gruppe anschließen darf, kurz nachdem sie noch gegen ihn gekämpft haben. Wer würde nicht gerne nachts neben jemanden schlafen, der dermaßen illoyal ist? Gut, hier ist es vielleicht noch einmal gut gegangen, doch mit ein bisschen Pech hätte er sie nachts genauso gut erstechen können. Bei solch grenzenloser Naivität fehlen mir die Worte. Und auch der Umgang mit Tegan. Warum versteht keiner ihren Hass auf Pirscher? Warum nehmen sie ihn überhaupt mit, wenn sie wissen, was sie seinetwegen durchgemacht hat? Ist mir wirklich ein Rätsel!
Einzige Lichtblicke waren Bleich und einige andere Enklaven-Bewohner, die aber leider nur als Nebencharaktere in Erscheinung treten. Vor allem Bleich war mir nicht nur sympathisch, sondern er schaffte es auch, dass ich mit ihm mitfühlen konnte. Leider wurde er im Laufe der Geschichte immer blasser, so als wäre auf ihn vergessen worden.
Die Liebesgeschichte verdient diese Bezeichnung eigentlich nicht. Sie ist so dünn erzählt, dass man sie genauso gut weglassen hätte können und stattdessen zum Beispiel eine Freundschaft aufbauen. Dadurch hätte sich nur wenig verändert.

Generell wirkt zu vieles konstruiert, als dass ich es wirklich ernst nehmen konnte: Eine unliebsame Person, die wohl noch Probleme gemacht hätte, stirbt praktischerweise (Vorsicht Sarkasmus), eine andere wird gleich so stark verletzt, dass es (anscheinend) rechtfertigbar ist, sie gleich zu erlösen - anstatt sie schwer verletzt mitzuschleppen zu müssen. Sehr praktisch, wie sich alles in dieser Geschichte fügt… zu praktisch!

Die Spannung ist leider ein weiterer Punkt, der mich nicht beeindrucken konnte. Im Mittelteil ist dieses Buch teilweise derart langweilig, dass ich wirklich nur weitergelesen habe, weil ich die Hoffnung hatte, dass es noch besser wird. Ich könnte nicht einmal sagen warum. Vielleicht lag es auch daran, dass ich null mit den Charakteren mitgefiebert habe. Am Anfang und am Ende ist das zum Glück ein wenig besser gelöst, da kam auch Spannung auf!

Wirklich gefallen hat mir allerdings der Weltentwurf der Autorin. Das Konzept der Tunnelbewohner und auch das System in der Enklave konnten mich durchaus überzeugen. Auch die kreative Namenszeremonie hat mir gut gefallen. Man gewöhnt sich außerordentlich schnell an die Namen und auch an das dortige System. Immer wieder gab es außerdem sehr starke Szenen, die mir gefallen haben. Schade dass es nicht noch viel mehr Erklärungen zum Weltentwurf gab. Vielleicht gibt es die jedoch noch im zweiten Band.

Fazit

Insgesamt hat mich das Buch doch enttäuscht. Für mich ist es unterer Durchschnitt. Ich traue mich nicht, es Panem-Fans zu empfehlen, denn ich denke, dass viele vielleicht enttäuscht sein würden. Ich empfehle es allen, die mit niedrigen Erwartungen herangehen. Probiert es, vielleicht könnt ihr euch mit den Personen ja besser identifizieren. Ihr verpasst aber auch nichts, wenn ihr es nicht lest.


Bewertung:

Idee und Inhalt: 7 /10
Ausführung: 5 /10
Sprache: 4 /10
Personen: 5 /10
Protagonistin: 5 /10

Spezialkategorien für dieses Buch:
Liebesgeschichte: 0,5/3
Spannung: 1/3

Insgesamt:

❀❀,5 Ich vergebe 2 1/2 enttäuschte Lilien (die aufgerundet werden) für eine gute Idee mit mangelhafter Ausführung und schwierigen Charakteren.

Ist das Buch Teil einer Reihe? – Ja, Teil 1.
Werde ich den nächsten Teil lesen? – Noch unsicher (50/50).
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