Rezension zu "Die Geheimnisse von Udolpho - Vollständige Ausgabe in einem Band" von Ann Radcliffe
Ann Radcliffe war eine der populärsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Mit dem Schreiben begann sie nach ihrer Heirat, ermuntert von ihrem Ehemann William Radcliffe, dem Besitzer und Herausgeber des English Chronicle. Sie verband als erste die Elemente einer romantischen Liebesgeschichte mit schaurigen Erlebnissen und Schauplätzen.
Inhalt (Klappentext):
Gefangen im düsteren Schloss Udolpho kämpft die junge Waise Emily St. Aubert gegen die hinterhältigen Pläne ihres Vormunds Montoni, gegen unheimlichen Geisterspuk und ihre eigenen melancholischen Phantasien.
Von ihrem Geliebten getrennt und der Außenwelt isoliert, muss sie sich der Avancen eines hartnäckigen Verehrers erwehren, während der lasterhafte Montoni nach ihrem Erbe giert und in seinem Rachedurst sogar ihr Leben bedroht. Als außerdem unerklärliche Spukerscheinungen hinzukommen, droht Emily unter dem auf ihr lastenden Druck zu zerbrechen ...
Das Buch besticht vor allem durch seine wunderbaren und detaillierten Landschafts- und Naturbeschreibungen. Das ist umso mehr bemerkenswert, da sich Ann Radcliffe niemals in dieser Gegend aufgehalten haben soll. Aber auch die düsteren und unheimlichen Schauplätze werden sehr bildhaft geschildert und sorgen selbst zu heutigen Zeiten noch für eine gruselige Atmosphäre. Die Charaktere sind meistens ziemlich extrem dargestellt, der luziferische Finsterling Montoni mit seinen nicht minder bösartigen Freunden und Spießgesellen auf der einen Seite. Dagegen die gute, sensible und tapfere Heldin Emily, die sich den gemeinsten und übelsten Angriffen erwehren muss. Unterstützt wird sie von ihrer schwatzhaften und etwas einfältigen, aber herzensguten Zofe Annette und anderen edlen Personen, die hin und wieder auftauchen. Die Empfindsamkeit der Heldin steht sehr im Vordergrund, für damalige Zeiten war sie wahrscheinlich ein Ideal. Das Buch hat viele Autoren beeindruckt und auch beeinflusst. In Jane Austens Buch „Northanger Abbey“ wird es sogar mehrfach erwähnt.
Man kann die Geschichte auch heutzutage noch gut lesen, auch wenn es mir an vielen Stellen zu langatmig und ausgewalzt wurde. Es gibt einige, in meinen Augen ziemlich unwahrscheinliche Zufälle, aber auch das war in den Büchern des 18. und 19. Jahrhunderts eher üblich. So war es eine durchaus interessante, aber durch ihre Länge auch herausfordernde Lektüre.