Fand ich dieses Buch, oder hat das Buch mich gefunden. Ich las es zum ersten Mal, als ich mich inmitten einer sehr toxischen, von Narzissmus geprägten Beziehung befand und im Alter von „gerade mal“ 41 Jahren, meine Gedanken an eine glückliche Beziehung aufgegeben hatte. Ich hatte MICH aufgegeben und erwartete in Sachen Partnerschaft oder gar neuem Partner nichts mehr, und sagte mir: „Mach aus dem was du hast, von dem du eh nicht loskommst, und der dich auch nicht gehen lässt, das Beste und gib auf.“
Ein bisschen Denken verändern hier, etwas mehr Selbstliebe dort – mit etwas verzerrter Wahrnehmung und wohlwollendem Lesen kann man sich den Alptraumpartner so auch zum Seelenpartner schön lesen. Immerhin stand es da zu Anfang des Buchs:
Wenn du dich einlässt, vollkommen und existenziell, dann kannst du nämlich sogar dem Mann auf der anderen Seite vom Bett eine Chance geben, dem Menschen, mit dem du bereits zusammen bist.
Obwohl die Autorin das bestimmt nicht so meinte.
Natürlich ist es nicht das erste Buch, das ich in diese Richtung lese, und Anne Heintze hat das Rad auch nicht neu erfunden. Vieles von dem, was sie schreibt, war mir bereits bekannt, aber ich habe nichts gegen Wiederholungen, wenn sie so erfrischend wie dieses Buch sind, und das was sie schreibt ist unterstützend, auffrischend und eindrücklich. Manchmal bedarf es nur eines kleinen Perspektivwechsels, und schon gerät alles in Bewegung. Auch scheut sich Anne Heintze nicht davor, auch das Thema Sexualität offen anzusprechen. So kannte ich das aus ähnlichen Büchern, die aber ursprünglich aus Amerika kommen, bisher noch nicht.
Hör auf zu jammern und alle anderen für das Fehlende in deinem Leben verantwortlich zu machen! Sei mutig. Sei frech. Sei unverschämt. Riskier was! Was soll schon passieren. Was kann schon schlimmer sein als das, was gerade ist.? Du kannst nur gewinnen.
Das Umdenken findet ausschließlich in mir statt, und es fiel mir sehr schwer, mich zu öffnen. ER war es nicht, und ich begriff, wie sehr ich doch aus dieser Beziehung ausbrechen wollte. Das Buch half mir dabei, mich zu erinnern: „Halte dich vage! Hör auf zu erwarten, dass es genau dieser Mann sein muss. Wenn du deinen perfekten Partner beschreibst, dann benenne ihn nicht. Sei offen und lass es geschehen.“
Ich führte ein Wunschbuch und wechselte in meinen Formulierungen über zu „mein perfekter Partner ist…..“ Ich liess dabei alles raus, was ich mir wünschte und wie ich mir meinen Seelenpartner vorstellte. Und dann liess ich es einfach zu.
Letztendlich geht es in diesem Buch um viel mehr als nur darum, den Seelenpartner zu finden (oder auch nicht) – es geht um Selbsterkenntnis, Selbstliebe und Wachstum. Es geht um die Frage: willst du glücklich sein und bist du bereit dafür die volle Verantwortung für dein Leben und das was in ihm geschieht zu übernehmen?
Es wäre illusorisch zu sagen: Lies dieses Buch, und schon fällt dir dein Seelenpartner, Traummann, Herzensmann oder wie auch immer Du ihn nennen willst, in den Schoss, und du wirst die Beziehung führen, die du dir erträumst. Es wäre richtiger zu sagen: Lies „auch“ dieses Buch – und das mehrmals! – und nutze es für dein persönliches Wachstum. So ebnest du immer weiter den Weg, um den Partner anzuziehen, der zu dir passt und mit dem du die Beziehung führen wirst, die du dir so sehnlich wünscht.
Habe ich ihn jetzt tatsächlich mit Hilfe dieses Buchs gefunden – meinen Seelenpartner? Vielleicht ja. Vielleicht war es der letzte Tropfen, der mir fehlte. Die Tatsache, dass es mich zum Nachdenken, Reflektieren und Umdenken veranlasste, lässt in gewisser Hinsicht darauf schließen. Ich fand die Kraft, die Tür zu schließen und sie geschlossen zu halten, und da mir das alles nicht fremd war, ging plötzlich alles ganz schnell. Die Art und Weise, wie genau sich alles fügte auch erfüllte, ist fast schon abartig. Ich lebe und erlebe genau das, was ich noch vor einiger Zeit aufgeschrieben hatte.
Bin ich daher nun erleuchtet und mache alles immer richtig? Denke, fühle und erwarte ich richtig? Nein, auf keinen Fall, und daher kann und sollte man dieses und andere Bücher auch immer wieder zur Hand nehmen. Auch gerade dann, wenn alles gut läuft und nicht, wenn es wie meistens schon zu spät ist. Wir lernen nicht von einem Mal. Wir lernen durch Wiederholungen, und auch ich habe alte Muster, alte Gefühle von Minderwertigkeit, Sorgen, Ängste und Verletzungen aus der Vergangenheit, die sich nicht so einfach wegwischen lassen. Sie sind immer da, und ob sie jemals verschwinden werden, kann ich nicht sagen, aber ich habe in jedem Fall die Hoffnung, dass es Möglichkeiten und Wege gibt, sie abzuschwächen und sie beherrschen und mich nicht von Ihnen beherrschen zu lassen.
Einzig an den Begriff bzw. Buchtitel Seelenpartner musste ich mich erst einmal gewöhnen. Für mich hat dieser einen verklärten Beigeschmack und erinnert mich stark an das Wort Herzensmann, und damit assoziiere ich zeitgleich schlechtes Kartenlegen ala AstroTV. Aber nach einer Weile habe ich mich doch daran gewöhnt.