Cover des Buches Isegrim (ISBN: 9783401067537)
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Rezension zu Isegrim von Antje Babendererde

Weniger ist oft mehr...

von KleineLeseecke vor 10 Jahren

Rezension

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KleineLeseeckevor 10 Jahren

Ein ungesühntes Verbrechen. Ein düsteres Geheimnis. Und ein Mädchen, das nicht bereit ist, wegzusehen. Der Wald ist Jolas Refugium. Hier kennt sie jeden Winkel, jeden Baum, jedes Tier. Hier ist sie weit weg von ihrer überängstlichen Mutter, der Langeweile in ihrem Heimatdorf und dem besitzergreifenden Freund. Doch in der letzten Zeit gehen Veränderungen im Wald vor sich. Irgendetwas oder irgendjemand treibthier sein Unwesen, beobachtet sie, folgt ihr. Als Jola auf einen fremden Jungen trifft, der sie seltsam fasziniert, scheint das Rätsel gelöst. Sie ahnt nicht, welches düstere Geheimnis der Wald noch hütet. Und dass hinter allem ein furchtbares Verbrechen steht, das Jola seit fünf Jahren zu vergessen versucht.

"Isegrim" war mein erster Roman von Antje Babendererde. Mich hatten der Titel und das wunderschöne Cover angesprochen, weil ich ein riesengroßer Fan von Wölfen bin und einen Roman erwartet hatte, in dem diese wunderbaren Tiere eine große Rolle spielen. Zwar werden Wölfe in dem Jugendroman thematisiert, allerdings kommen sie eher am Rande vor.

"Isegrim" ist in erster Linie ein Jugendroman, der sich mit den typischen Problemen und Fragen beschäftigt, die man sich mit ungefähr sechzehn Jahren stellt: Wie fühlt sich Liebe an? Kann man auch für seinen Sandkastenfreund romantische Gefühle entwickeln? Wie ist das mit dem Sex, wird er nach dem ersten Mal besser?

Außerdem wird die nationalsozialistische Vergangenheit eines kleines Dorfes thematisiert, die von den meisten alten Dorfbewohnern wohlwissend tot geschwiegen wird. In diesem Zusammenhang ist zu Kriegsende ein Verbrechen passiert, über das niemand mehr sprechen möchte. Im Rahmen eines Schulprojektes machen sich Jola und ihre Freunde daran, dieses Geheimnis zu lüften.

Ein weiteres Thema ist das spurlose Verschwinden von Jolas Jugendfreundin Alina, die fünf Jahre zuvor spurlos im Wald verschwunden ist. Man ist bisher davon ausgegangen, dass Alina von einem "Zugezogenen" verschleppt, misshandelt und getötet worden ist, doch was ist damals wirklich passiert? Die Auflösung hat zumindest mich vollkommen überrascht...

Schließlich werden tatsächlich auch noch die Wölfe thematisiert, allerdings eher am Rande. Eine Wölfin samt Welpen kommt in das Waldgebiet und prompt wird das Dorf in zwei Lager gespalten. Zum einen gibt es Befürworter der Ansiedlung der Wölfe, allerdings gibt es auch viele Proteste, da die Wölfin sich am Vieh der Dorfbewohner vergreift. "Isegrim" regt den Leser also auch dazu an, sich mit dem Thema Wölfe in Deutschland zu befassen.

"Isegrim" hinterlässt bei mir nach dem Lesen kein ganz stimmiges Bild. Das liegt wohl daran, dass es die Autorin zu gut gemeint hat, indem sie (wie oben erwähnt) sehr viele unterschiedliche Themen zu einem Roman verarbeitet hat. Meines Erachtens ist das Buch überladen und so kommen einzelne Handelsstränge zu kurz oder werden nicht ausreichend intensiv beleuchtet. Hätte sie sich auf zwei der oben genannten Themen beschränkt, hätte man noch mehr aus der Geschichte machen können und dann hätte mir "Isegrim" sicherlich auch viel besser gefallen.

Leider hat der Roman meiner Meinung nach auch einige Längen, die keinen kontinuierlichen Spannungsbogen zulassen. Am Anfang fiel es mir unheimlich schwer, einen Zugang zur Geschichte zu finden, weil sich die Autorin viel zu sehr mit jugendlichen Nichtigkeiten aufhält. Generell ist mir die Spannung bei diesem Roman deutlich zu kurz gekommen und gerade am Ende waren die Auflösungen der Handlungsstränge viel zu unrealistisch und an den Haaren herbei gezogen. Ich möchte an dieser Stelle nicht spoilern, aber wer den Roman gelesen hat weiß, was ich meine.

Auch die Charaktere konnten mich nicht begeistern. Jola ist eine Figur, mit der ich mich nur schwer identifizieren konnte. Ihre Liebe zur Natur und ihre Teenie-Probleme fand ich noch nachvollziehbar, aber ihr Verhalten wurde mir im Laufe des Buches immer suspekter, bis ich nur noch den Kopf schütteln konnte. Auch Kai ist nicht unbedingt ein Sympathieträger mit seiner besitzergreifenden Eifersucht und seinem Verhalten am Ende des Romans. Olek dagegen ist interessanter, aber trotzdem fand ich ihn ehrlich gesagt eher abstoßend als anziehend.

Fazit: Weniger ist oft mehr. Wäre die Handlung nicht so überfrachtet gewesen, hätte "Isegrim" sicherlich an Qualität und Spannung gewonnen. Ich bereue die Lektüre des Romans nicht, würde mir das Buch aber nicht noch einmal kaufen. Es gibt definitiv bessere Jugendbücher auf dem Markt, deshalb vergebe ich 3 Sterne.

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