Rezension zu "Der perfekte Sohn" von Barbara Claypole White
Nach einem lebensbedrohlichen Herzinfarkt ist eine Mutter nicht mehr fällig, ihre allumfassende Aufgabe der Betreuung ihres jugendlichen Sohnes mit Tourette-Syndrom zu übernehmen. Da muss der Kindesvater einspringen, der sich bisher in der Erziehung dezent zurückgehalten hat und wie so gerne üblich, in seiner Arbeit seines tagesumfassende Erfüllung gefunden hatte. Doch plötzlich ist alles anders und jeder muss sich an die neue Situation erst einmal gewöhnen ..
Das Grundthema des Buch hat mich angesprochen und ich war gespannt. Doch schon auf den ersten 100 Seiten hatte ich Mühe. Für mich waren die Schilderungen zu breit angelegt und das eigentliche Thema zerfaserte sich in diversen Nebenschauplätzen. Man kann dem Buche zu Gute halten, dass es im letzten Drittel nochmals an Fahrt ausnimmt und in der Handlung einige Akzente setzt, die dem Ganzen nochmals Schwung verleihen.
Gut gefallen hat mir, wie diverse Helfer an die Seite des Vaters gestellt werden. Doch alle Figuren, außer vielleicht die von Vater und Sohn bleiben irgendwie schemenhaft. Es wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, meist jedoch aus der des Vaters.
Wie verändert ein existenzielle Krise die Beziehung zwischen Vater und Sohn, aber auch die des Elternpaares? Natürlich könnte man ohne weiteres hinterfragen, wieviel an Selbständigkeit bei dem jungen Mann bisher eigentlich gefördert wurde. Ein Tourette-Syndrom ist nun nicht unbedingt eine schwere Form der Behinderung. Was wäre, wenn der Junge tatsächlich pflegebedürftig gewesen wäre, wie wäre dann die Geschichte verlaufen?
Man ist nicht zwingend behindert, sondern man wird oft behindert gemacht. Bei dem Trip nach Boston wird irgendwie klarer, dass eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung gar nicht nötig wäre, wenngleich auch jugendlich-bedingt einiges schief geht.
Am Schreibstil der Autorin ist nichts auszusetzen. Gut zu lesen und ohne größere Stolpersteine.
Fazit: Der Roman war für mich eindeutig zu lang. Er zieht sich an vielen Stellen, nimmt dann wieder an Fahrt auf und mündet in einem auf mich sehr amerikanisch wirkenden Ende. Mehr möchte ist speziell dazu aber nicht verraten. Insgesamt für mich so im Durchschnitt schwimmend.