Cover des Buches Zwischen den Atemzügen (ISBN: 9783862822980)
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Rezension zu Zwischen den Atemzügen von Britta Röder

Dem Tode knapp entronnen oder: wenn drei eine Reise tun, dann haben sie was zu erzählen…

von Cridilla vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Herrlich skurriles Road-Movie-Buch mit durchaus ernsten Anklängen, gelungenen Szenarien & durchweg köstlichen Charakteren; ein Lesemuß !

Rezension

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Cridillavor 9 Jahren

Zur Autorin:

1967 in Trier geboren und in Mainz aufgewachsen, studierte Britta Röder bis zum Magisterabschluss in Mainz und Dijon Romanistik und Slavistik sowie Mittlere und Neuere Geschichte. Sie arbeitet in Frankfurt/Main bei einem großen Fachzeitschriftenverlag und lebt in Südhessen, zusammen mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Ihre eigene große Leidenschaft zur klassischen Literatur inspirierte sie zu ihrem Debüt-Roman ‚Die Buchwanderer‘, der 2011 im ACABUS Verlag erschien. Auch mit ‚Zwischen den Atemzügen‘ (2014), ihrem zweiten Roman, schickt sie ihre Leserschaft auf eine Reise. Verfolgt von Tod und Zufall jagen ihre Protagonisten im Laufe einer irrwitzigen Roadstory von Frankfurt/Main quer durch Frankreich bis nach Spanien. Ob es ihnen am Ende gelingen kann, einen Ausweg aus dem engmaschigen Netz zu finden, das das Schicksal um sie gespannt hat? „Ich mag Geschichten, die einen doppelten ‚philosophischen‘ Boden haben. Denn auch im wahren Leben stecken jede Menge solcher Rätsel.“ (Britta Röder, Juli 2014)

Zum Buch:

Olli findet seinen Job in der Versicherung „zum Kotzen“ – was er leider direkt auf dem Schreibtisch seines Chefs unter Beweis stellt. Kopflos flieht er aus dem Büro und wird dabei beinahe von Leokadia überfahren. Auch sie hat ihre Gründe eilig aus Frankfurt herauszukommen. Olli springt zu ihr ins Auto und ein irrsinniger Roadtrip Richtung Frankreich und Spanien beginnt, in dessen Verlauf der Tod immer öfter seine Hände nach ihnen ausstreckt. Und schon bald zählt auch der Polizist Jean-Loup zu ihren Verfolgern … Gibt es ein Entkommen in einer Welt, in der letztendlich nur auf den Tod und den Zufall Verlass ist?

Ein wunderbares Roadtrip-Movie-Buch entfaltet sich vor dem inneren Auge des Lesers. Zu Beginn lernen wir die zwei Protagonisten Olli und Leokadia kennen, die beide auf ihre eigene Art vor etwas davonlaufen. Bei Olli ist es der für ihn trostlose Job, den er bisweilen zum Kotzen findet und das nicht nur im übertragenen Sinne. Bei Leokadia ist es eine niederschmetternde Diagnose, die sie kopflos reagieren, ein Auto stehlen und in einen fremden Mann rückwärts hineinfahren, lässt. Von nun an sind die beiden ungewollten Reisebegleiter auf einer Odyssee quer durch Frankreich unterwegs, die sie immer wieder mit dem Tode konfrontiert. Dem Tod, der zufällige Wegesbekannte trifft, auch wenn sie - wie das erste Opfer - nur an ihnen vorbeigefahren sind. Eine Explosion (auch im übertragenen Sinne), von einem entgleisten Zug bis hin zu einem schlossähnlichen Altenwohnheim, in dem gleich mehrere den Löffel abgeben, jagt die nächste. Der Tod folgt ihnen in eine Pension, in der sie per Zufall übernachten und so gelangt ihnen Jean-Loup, der Neffe der Besitzerin, ein einfacher Streifenpolizist auf die Spur, als er bei dem ersten Unfall per Zufall eine Visitenkarte in die Hände bekommt, die ausgerechnet Ollis Kollegen Jo aus dem Büro gehört. Jo Gabor verfolgt Ollis Spur ebenfalls und schlussendlich findet er die beiden „Aussteiger“ und bietet an sie zu begleiten, egal wohin die Reise geht…

Flüchtige Begegnungen finden zufällig den Tod, nachdem sie den Weg der nun drei Reisegefährten gekreuzt haben. Eine Farbpalette vielfältiger Schicksale entfaltet sich vor den Augen des Lesers und die Personen finden auf mannigfaltige Weise den unabwendbaren Tod. Trotzdem kommt der Humor nicht zu kurz. Allein die Beschreibung des Anhalters, der mit aller Gewalt ein riesen Stück vom Kuchen abhaben möchte um endlich glücklich in den Sonnenuntergang seines Lebens zu reiten, ist einfach brillant. Sein Abgang umso komischer und abstruser. Erschießt er sich doch mit seiner Waffe selbst, die ihm just den Weg zum großen Schotter ebnen sollte. Pech gehabt! Einfach herrlich auch die Namensgebung des Jägers, der dem ungleichen Trio jetzt auf den Fersen ist: Jean-Loup. Der Name ist Programm (für den Unwissenden der französischen Sprache unter uns: Loup heißt Wolf!). Einsam ist er seinen Verdächtigen auf der Fährte, die eine Schneise des Todes hinter sich herziehen. Mit aller Gewalt will er sie zur Rechenschaft ziehen, komme was da wolle. Unterdessen hat Leokadia endlich ihr Geheimnis gelüftet: sie läuft vor dem Tode davon; nichtsahnend, dass ihr das Schicksal in dieser Hinsicht noch eine Überraschung in der Hinterhand bereithält.

Ja, zwischen den Atemzügen sollten wir alle mal innehalten und uns fragen: ist es das wirklich, kann das alles gewesen sein? Leben wir auch so wie wir es uns erträumt haben, oder gibt es da irgendwo mehr auf der Reise nach Irgendwo? Dieses Buch lädt zum Hinterfragen ein, lässt den kleinen Augenblick zur Wichtigkeit anwachsen und gibt uns das Gefühl, dass wir mehr leben sollten, das Leben so bis zur Neige ausschöpfen sollten und eben auch mal zwischen den Atemzügen anhalten sollten. Einfach nur um das Atmen selbst zu genießen. Und es entfaltet ein herrliches Kopfkino vor dem geistigen Auge, das von Frankfurt bis Malaga reicht und den Road-Trip auf eine herrlich individuelle Weise neu definiert. Also, steigt ins Auto, fahrt einfach mal die Straße lang oder kotzt eurem Chef auf den Schreibtisch, selbst wenn er euch doch eigentlich nur befördern wollte. Seht wohin die Reise geht, lasst euch ins Ungewisse treiben, kostet den Moment aus, atmet frei… und vergesst dabei nicht diesen irrwitzigen Road-Trip zu lesen (obwohl ich Bücher unter 300 Seiten für definitiv zu kurz halte; dieses jedoch eines der wenigen Ausnahmen darstellt); ganz klare dicke fünf wohlverdiente Sterne von mir.

PS.: Liebe Britta, das mit der Stiege Aprikosen kenne ich, nur mit Pfirsichen und auch für so einen kleinen Preis. Die besten Pfirsiche, die ich bis dato habe kosten dürfen!

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