Cover des Buches Die Welt in einem einzigen Atom (ISBN: 9783896202703)
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Rezension zu Die Welt in einem einzigen Atom von Dalai Lama XIV.

Rezension zu "Die Welt in einem einzigen Atom" von Dalai Lama XIV.

von rumble-bee vor 12 Jahren

Rezension

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rumble-beevor 12 Jahren
Zum ersten Mal gelesen habe ich dieses Buch vor über einem Jahr, und war damals schon sehr angetan. Doch rezensieren möchte ich es erst heute, nach der zweiten Lektüre. Denn mir wurde doch klar, dass man es nur verzerrt, dass man ihm auch nicht ansatzweise nahe kommt, wenn man es oberflächlich oder mit zu wenig Hintergrundwissen liest. Mir wird zunehmend bewusst, wie der Dalai Lama auf Nicht-Buddhisten, und auf die allgemeine Öffentlichkeit überhaupt, oft wirken muss. Ein netter Mann, durchaus, in Ansätzen weise, aber sonst eben "auch nur ein Mensch". Wie Wolf von Lojewski in seinem überflüssigen und lachhaft kurzen "Nachwort" schreibt, ist teilweise logisch nicht nachvollziehbar, warum dieser kleine, an sich unscheinbare Mann das öffentliche Interesse der Massen, ja gar die Verehrung vieler Menschen, auf sich zieht. Er ist nett, seine Thesen seicht, insgesamt macht er doch einen harmlosen Eindruck. Richtig verstehen - kann man ihn wohl eher nicht. So denkt der Laie. Zuerst einmal ist es daher löblich, dass dieses Buch bei Theseus erschienen ist, einem Fachverlag, eben bei keiner "Bestsellerschleuder". So ist zumindest ansatzweise gewährleistet, dass der potenzielle Leser auch weiß, weshalb er nach diesem Band greift. Es wäre aber meiner Meinung nach noch besser gewesen, die vielen Werke buddhistischer Lehre und Philosophie, die der Dalai Lama hier zitiert, in einem gesonderten Literaturverzeichnis aufzuführen. Eventuell auch die genannten Wissenschaftler mit kurzem Lebenslauf zusammenfassend zu erwähnen. Denn ich stelle mir vor, ein reiner Laie greift zu diesem Buch - der wird förmlich erschlagen von vielen Namen und Gedanken, von denen er vermutlich noch nie gehört hat. Dies ist ganz sicher kein Buch für Menschen, die wissen wollen, "wie der Dalai Lama so tickt", was er zu unserer modernen Welt "zu sagen hat". Sicherlich sind seine Thesen grundsätzlich getragen von Menschlichkeit und Wärme - aber, sie fußen auf einer soliden, in seiner Sparte ebenso "wissenschaftlichen" Ausbildung wie die eines westlichen Forschers. Das sollte man vorher wissen. Ferner eignet sich dieses Buch sicher nicht zum Quer- oder Schnell-Lesen. Der Dalai Lama ist ein brillanter Kopf. Er wiederholt sich zwar in seinen Formulierungen öfter, dennoch entwickelt er seine Thesen in diesem Buch schrittweise, und von Kapitel zu Kapitel mehr. Es macht daher auch wenig Sinn, sich irgendein Kapitel herauszugreifen. Man sollte das Buch schon von Anfang bis Ende lesen - allerdings mit gebührenden Pausen dazwischen. Fasziniert hat mich persönlich seine grundehrliche Selbstdarstellung, und die Art und Weise, wie er Menschen begegnet! So begann seine Faszination für die Wissenschaft mit dem Zerlegen alter Uhren, mit einem Fernrohr, und mit einem uralten Dodge, den er einst heimlich in Lhasa im Obstgarten fuhr - um damit einen Baum zu rammen. Wie er Menschen (in diesem Buch also Wissenschaftlern) begegnet, wie er sie schildert, ist einfach köstlich! Er beschreibt sie eben zuallererst als Menschen mit bestimmten Qualitäten- nicht als Forscher. Sie haben durchdringende Blicke, eine tiefe Stimme, oder große persönliche Autorität. In allen Zeilen spürt man den lebendigen Wissens- und Erkenntnisdurst dieses großartigen Mannes! Inhaltlich rankt sich das Buch um sehr grundlegende Aspekte, die die heutige Wissenschaftsszene "umtreiben". Da geht es ebenso um den Urknall aus buddhistischer Sicht, um die Quantenphysik, die Qualität des Bewussteins, die Beschaffenheit und Wichtigkeit des Gehirns, sowie ethische Fragen bezüglich der Genetik. Aber- alles eben immer fundiert verbunden mit buddhistischen Quellentexten. Hätte ich nicht schon gewusst, wer Vasubandhu, Nagarjuna, Asanga oder Dharmakirti waren, ich wäre leicht überfordert gewesen. Ich würde dieses Buch dennoch sehr empfehlen! Seine Botschaft ist grundsätzlich wichtig für unsere Welt, weil es eben nicht unkritisch die "vielen Gemeinsamkeiten" zwischen Buddhismus und Wissenschaft verklärt, sondern ebenso die Unterschiede beleuchtet. Und eben daraus erwachsen die zentralen Thesen des Autors: die Wissenschaft muss, um modernen Anforderungen gerecht zu werden, die Aspekte entwickeln, oder zumindest in Betracht ziehen, die ihr fehlen - die im Buddhismus aber durchaus vorkommen. Eine Verbindung von beidem könnte sich als äußerst fruchtbar erweisen. Denn Wissen ohne Menschlichkeit kann zur Katastrophe führen - Menschlichkeit ohne Basiswissen aber ebenso.
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