Eigentlich wollte ich dieses Buch nicht lesen, da ich ahnte, dass es mir zu erotisch und trivial sein könnte. Wie so oft, habe ich diesen Lesevorsatz gebrochen und wurde eines besseren belehrt. Sicherlich besteht der Großteil des Buches aus Sexszenen. Die „unverbrauchten“ Seiten füllen sich mit dem Wunsch der Hauptcharakterin Ana, endlich eine feste und normale Bindung zu dem seelisch verkorksten Christian Grey aufzubauen und ihrem Wunsch möglichst bald wieder ihre Lust mit ihm stillen zu dürfen.

Auch wenn mir aufgefallen ist, dass Ana viel zu oft auf die Lippen beißt oder rot wird, ebenso oft, wie sie mit sich selbst hadert, ob sie wirklich den Vertrag unterschreiben soll, der sie für drei Monate an gewisse sexuelle Regeln binden soll, hat mir das Buch gefallen.

Die Art, wie Christian Ana behandelt, mag in Ansätzen an „Pretty Woman“ erinnern: Der reiche Jungunternehmer, legt dem Studentenmädchen die Welt zu Füßen. Allerdings ist die Charakterin Ana zwar auf den ersten Blick schüchtern und unbedarft, jedoch lässt sie sich keineswegs alles bieten. Dabei kämpft ihre aufgeschlossene, interessierte und aufmüpfige „innere Göttin“ gegen ihr tadelndes und ängstliches Unterbewusstsein an, was dem Leser stellenweise ein kleines Schmunzeln entlocken sollte.

Was ist an diesem Buch so fesselnd?

Mit Sicherheit liegt die Antwort unter anderem in der Frage, die sich der Leser bei der Lektüre stellen muss: Was hat Christian Grey zu dem Mann gemacht hat, der er jetzt ist?

Auch will man wissen, ob Ana sich damit arrangieren kann, dass ihre große Liebe anders ist.

Letztlich liegt in der Geschichte ein Hauch von Humor und die „kleinen“ (nicht sexuellen) Überraschungen, die Christian Ana bereitet, überraschen gewiss auch den Leser; denn wie sagt Christian Grey immer so schön auf die Frage, warum er etwas tut?: „Weil ich es kann!“

Buchzitate:

„Mehr“, sagt er noch einmal leise, als müsse er ausprobieren, wie sich das Wort auf seiner Zunge anfühlt – ein kleines, einfaches Wort und doch so voller Versprechen. Sein Daumen streicht über meine Unterlippe. „Du willst also Herzchen und Blümchen.“

Wieder nicke ich. Ich sehe ihn an, seine Augen verraten den Kampf, der in seinem Innern tobt.

„Anastasia“, sagt er mit weicher Stimme. „Davon verstehe ich nichts.“

„Ich auch nicht.“

Er lächelt flüchtig. „ Es gibt so vieles wovon du nichts verstehst.“

„Und du versteht nur etwas von den falschen Dingen.“

Setz dich nicht wegen irgendwelcher vager Moralvorstellungen unter Druck, nur weil du Angst davor hast, was andere Leute von dir denken könnten. Das ist reine Energieverschwendung.

Christian sitzt auf der Couch und liest. Aus dem Soundsystem ertönt eine atemberaubend schöne Arie. Ihre Klänge wirbeln um ihn herum, hüllen ihn förmlich ein und erfüllen den Raum mit einer bittersüßen Schwere. Einen Moment lang wirkt er beinahe heiter. Er dreht sich um und wirft mir ein warmherziges Lächeln zu.

Berühren ist ein Hard Limit für ihn. Es ist noch viel zu früh, du dumme Nuss. Er muss doch erstmal laufen, bevor er losrennen kann …