Rezension zu "Norden und Süden" von Elizabeth Gaskell
„Norden und Süden“ erzählt die Geschichte der Familie Hale, die ihr idyllisch-ländliches Leben in Helstone hinter sich lassen und in die verrauchte Industriestadt Milton ziehen muss. Sie muss sich mit den befremdlichen Umgangsweisen und Lebenseinstellungen der Städter abfinden, wobei auch die Streiksituation der zahlreichen Arbeiter thematisiert wird.
Hauptperson ist Margaret Hale, die Tochter der Familie. Zu Beginn des Romans ist sie unglaublich stolz und vornehm, obwohl sich deutlich zeigt, dass sie noch kindlich ist und erst zur Frau werden muss. Sie trifft auf den Industriellen John Thornton, der sich quasi auf den ersten Blick in die schöne Unbekannte verliebt. Margaret dagegen hegt Vorurteile gegen die Geschäftswelt und ihre Männer, weshalb sich eine interessante und aufgeladene Spannung zwischen beiden entwickelt. Die Erzählung ist keine klassische Romanze, denn unsere Protagonistin braucht ihre Zeit, sich in den männlichen Protagonisten zu verlieben. Ihre lange Abneigung ist nicht geheuchelt oder erzwungen, sondern zunächst echt, da nicht unbewusst bereits eine Liebesbeziehung besteht. Gekonnt vermag es Gaskell, die Beziehung zwischen den beiden nach und nach aufzubauen und zu bereichern, ohne dass Hals über Kopf eine Liebesgeschichte entsteht. Außerdem wird oftmals die prekäre finanzielle und gesundheitliche Situation der Familie(n) fokussiert, gesellschaftliche und wirtschaftliche Kritik wird geübt. Die Charaktere sind vielseitig gestaltet, es gibt keine schwarz weiß Figuren, sondern vielschichtige Personen mit speziellen Antrieben.
Nicht nur das Buch, auch die Adaption als Serie ist sehr zu empfehlen! Das Buch liest sich gut, auch wenn teilweise viele Verweise zur Religion oder Mythologie gemacht werden, die man aber nicht zwingend alle verstehen muss. Die Liebesgeschichte ist sehr toll zu lesen, die Charaktere liebenswert! Für Fans von Jane Austen sicher auch etwas, obwohl der Austen-Humor bei Gaskell nicht zu finden ist und ein ernsterer Tenor herrscht.