Cover des Buches Haiku-Pick (ISBN: 9783849561093)
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Rezension zu Haiku-Pick von Heike Gewi

Pointierte, kunstvolle Lyrik

von JeanP vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Die Macht des Wortes in ihrer schönsten, der lyrischen Form. Und zwischen den Zeilen liegt das ganze Universum.

Rezension

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JeanPvor 10 Jahren

„Geschrieben steht, im Anfang war das Wort. Hier stock ich schon. Wer hilft mir weiter fort. Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen...“

So beginnt Faust seinen Monolog, als er das Johannes-Evangelium aufgeschlagen hat. Er hätte Heike Gewis Buch 'Haiku-Pick' aufschlagen sollen! Dann hätte er das Wort neu zu schätzen gelernt!

Hätte, Konjunktiv, Vergangenheit, Faust, Goethe....

Ich HABE – und bin sehr dankbar dafür. Das WORT nimmt in diesem Haiku-Buch vielfältige Gestalt an und zieht den Leser in einen ganz besonderen Bann. Man muss sich zwangsläufig vertiefen und kann dennoch gleichzeitig an der betörenden Oberfläche verweilen.

Dort nimmt man an einer Reise teil, die einen quer durch die Jahreszeiten mit all ihren Facetten führt, die einen im Weinkeller landen lässt, wo man einen Wein weg beißen kann, die dem gestörten Mittagsschläfchen Ausdruck verleiht oder die den unterschiedlichen Schattierungen des verwirrenden Mondlichtes Raum verschafft – und sei es im Silbertablett eines Vitrinenschrankes. Da ist Verwirrung und Konfusion, doch es gibt auch Wegzehrung in Form von Kartoffelpuffern, wenn man mal Stufen mit gebrochenem Herzen nehmen musste.

Und dahinter begegnen wir immer wieder der Tiefe unserer eigenen Seele.

„...ich muss es anders übersetzen, wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin“ fährt Faust dann fort und konfrontiert uns mit zu absolvierender Leistung. Die ist in der TAT angesagt. Die pointiert knappe Wortwahl der Haiku-Lyrik muss man gelegentlich anders übersetzen, man muss sich von seinem Geist erleuchten lassen oder einfacher ausgedrückt: um mehrere Ecken denken ist angesagt (weswegen sogar Worträtselfreunde ihren Spaß hätten) und eines ist ganz unumgänglich: zwischen den Zeilen bzw. Worten lesen. Dort findet sich das wieder, was ohnehin ein jeder in seiner Seele trägt, weil es archetypisch ist.

Wem das nicht so liegt, dem seien aber die schönen Bilder (in der Fachsprache Haigas genannt) anempfohlen, die das Buch auflockern und zugleich strukturieren. Leichtigkeit, Schwere, Tiefe, Schönheit u.a. finden sich auch darin in zum Teil reduktionistischer Weise wieder und spiegeln atmosphärisch passend den SINN! Und aus allem oder auch nur aus ganz wenigem schöpft man KRAFT!

Zusammenfassend zitiere ich den auf website der Autorin an erster Stelle stehenden Lao:

"Die Wahrheit kommt mit wenigen Worten aus."


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