Helmut Schmidt gilt heute als der kluge und vorausschauende Politiker schlechthin. Doch auch kluge Menschen können sich irren oder machen Fehler - auf die er (H. Sch.) ebenfalls eingeht. In diesem Höbuch "Was ich noch sagen wollte", gelesen von Hanns Zischler, der seine Sache übrigens sehr gut macht, steht für Helmut Schmidt das Thema Vorbilder im Focus.
Wie er selbst schreibt, soll dies keine Autobiographie sein - und ist es stellenweise dann doch. Seine Eltern, seine Jugend, das Kennelernen von Loki (Hannelore), die auch später seine Frau wird und bis zum Tode ihr Leben mit ihm teilt, all das kommt zur Sprache. Sogar seine spätere außerehelich Affaire, woran beinahe seine Ehe zerbrochen wäre. Seine beiden Kinder, ein Junge und ein Mädchen, von denen nur die Tochter am Leben bleibt. Der Krieg, in den auch Helmut Schmidt ziehen und kämpfen muss. Er beschönigt nichts. Das war so. Auch in dieser schwierigen Zeit stets in seiner Tasche dabei, die "Selbstbetrachtungen" von Marc Aurel. Nie las er diese kluge Schrift in einem durch, sondern immer nur abschnittweise. Als der Krieg endlich zu Ende ist, die Gefangenschaft. Jahre seines Lebens wurden ihm genommen und trotzdem war er nicht verbittert sondern nur dankbar und glücklich, dass er überlebt hat. Diese Reaktion hat für mich etwas mit Lebenskunst zu tun. Das Studium und der Weg in die Politik.
Dieser Abschnitt ist übrigens der Teil, der mich am nachdenklichsten stimmte. Während dieser Zeit geschah so unendlich viel. Zufällige Begegnungen, die wegweisend werden.
Helmut Schmidt blickt auch auf den Terror der RAF zurück. Die jüngere Generation wird kaum noch etwas damit anfangen können. Terror in der Republik. Doch das gab es auch während seiner Amtszeit in Deutschland. Welch ein Irrsinn!
Wie wohl jeder weiß, gehörte er der SPD an. Auch in diesem Rückblick ist der Konkurrenzkampf mit der anderen großen Volkspartei CDU noch nicht abgehakt. Noch immer gibt er die eine oder andere Spitze in diese Richtung. Das amüsierte mich beim Hören. Politiker sind eben auch Menschen.
Doch es gibt auch genügend andere Weggefährten, die immer wieder namentlich genannt werden. Viele nennt er "mein Freund". Wie heißt es sinngemäß, unter Politikern habe man keine Freunde - nur Kollegen. Vielleicht stimmte das Alter Helmut Schmidt auch in diesem Punkt milde.
So manche Erinnerung an politische Ereignisse kommt während des Hörens wieder in einem hoch. Die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik unter Adenauer. Helmut Schmidt ist Reservist und erfüllt als solcher seinen Dienst, was ihm viel Kritik einbringt. Viele politische Geschehnisse wurden im Laufe der Jahre in der Erinnerung der Leute, auch von mir, zurückgedrängt, vielleicht sogar vergessen. Laufend passiert etwas Neues, lässt Altes zurücktreten. Doch nach dem Hören bleibt für mich eine Erkenntnis: Es ist ganz schön viel passiert in den letzten Jahrzehnten.
Dieses Hörbuch ist seine ganz persönliche Sicht der Dinge.