Cover des Buches Neuland (ISBN: 9783805250863)
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Rezension zu Neuland von Ildikó von Kürthy

Raus aus der Komfortzone – oder doch lieber wieder rein?

von peedee vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Raus aus der Komfortzone – oder doch lieber wieder rein? Ein tolles Buch.

Rezension

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peedeevor 8 Jahren
In den Vierzigern erwischt es viele: die Frage nach dem Sinn, eine kleinere oder grössere Midlife-Crisis, ein Innehalten und einen Rückblick, aber auch Pläne schmieden für die Zukunft. Soll ich mich selbstverwirklichen? Abnehmen? Mehr Sport machen? Oder, oder, oder. Am besten alles zusammen. Auf dem Klappentext steht dazu „Ein Jahr Selbstverwirklichung für Anfänger“ – ich bin gespannt auf diesen Erfahrungsbericht der anderen Art.

Erster Eindruck: Das Cover ist sehr schön gestaltet, mit der strahlenden, braunhaarigen Autorin; wenn man die Klappe öffnet, sieht man dann eine langhaarige Blondine in der gleichen Position (man erkennt die Autorin fast nicht!). Das Buch hat sehr viele farbige, zum jeweiligen Kapitel passende Collagen von Julia Thesenfritz. Ein türkisfarbenes Lesebändchen rundet den hochwertigen Eindruck ab. Kleiner Schönheitsfleck: Auf den rechten Seiten steht jeweils der Monat, in dem wir uns gerade befinden. Bei November steht jedoch auch „Oktober“.

Das Buch ist in Form eines Tagebuchs aufgebaut und führt uns durch etwas mehr als ein Jahr, in dem die Autorin ihr Leben umkrempelt, z.B. Meditation; kein Alkohol; kein weisser Zucker; Schweigen im Kloster; Botox; Verwandlung in eine Blondine mit Wallemähne; Verzicht auf Kohlenhydrate nach 18 Uhr; und, und, und…

Mir haben der Schreibstil und insbesondere der Humor sehr gut gefallen. Es hat so viele schöne Passagen, hier ein paar meiner Highlights:
- „Ich bin eine Spezialistin in Sachen nutzloser Gedanken. Im engagierten Reinsteigern und superfinsterem Grübeln macht mir so leicht keiner was vor.“ (S. 30)
- „Ich war ich, auch wenn ich mir mich anders vorgestellt hatte. Irgendwie geschmeidiger, biegsamer, energiegeladener und von heissblütiger Ausstrahlung.“ (S. 126)
- „Yoga abzulehnen, ist, wie sich öffentlich gegen Vitamine auszusprechen oder den Müll nicht zu trennen.“ (S. 136)
- „Man muss seine Sünden geniessen. Ansonsten ist man nicht nur ein Sünder, sondern auch ein Vollidiot.“ (S. 153)
- „Da ich gar kein Gluten mehr esse – was für mich den Verzicht auf Grundnahrungsmittel wie Spaghetti, Baguette und Kekse bedeutet, […].“ (S. 206)
Schön, dass die Autorin ein Genussmensch ist; ihre Definition von Grundnahrungsmitteln gefällt mir!

Ich musste so über die Beschreibung ihres ersten Meditationsversuchs im heimischen Badezimmer lachen: Die Autorin lag mit geschlossenen Augen (bei leider unverschlossener Tür) auf dem Boden; die Haushaltshilfe Maria hat sich fast zu Tode erschreckt!

Etliche ihrer ab-jetzt-mach-ich-alles-anders-Experimente waren mit erheblichen Kosten verbunden, seien es nur die diversen Kurse oder die Verwandlung in die temporäre Superblondine, die falten- und fettfrei ist. Ich bin überrascht, dass für die Autorin öffentliche Auftritte „die grösste anzunehmende Katastrophe“ sind. Aber das macht sie für mich noch sympathischer.

Ihre Erlebnisse haben mich sowohl zum Lachen, aber auch zum Nachdenken gebracht. Fazit: „Wer neue Wege gehen will, muss alte Pfade verlassen“ (Manfred Grau). Und wenn man dann sieht, dass die neuen Wege nichts für einen sind, kehrt man eben wieder auf die alten Pfade zurück :-). Ein tolles Buch – danke für unterhaltsame Lesestunden!
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