Cover des Buches Ein plötzlicher Todesfall (ISBN: 9783551588883)
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Rezension zu Ein plötzlicher Todesfall von Joanne K. Rowling

Wie Menschen so sind ...

von Nirtak_Ehcstuk vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Ein gutes Buch, sofern man davon ausgeht, dass es kein Krimi ist, sondern ein Gesellschaftsroman. Zunächst langsames Erzähltempo.

Rezension

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Nirtak_Ehcstukvor 9 Jahren
Nach dem plötzlichen Tod des Gemeinderatsmitgliedes Barry Fairbrother bricht in der Kleinstadt Pagford ein regelrechter Krieg aus. Wer wird den vakanten Sitz im Gemeinderat ergattern – und vor allem: wie? Fast unmöglich ist es, die Handlung von Ein Plötzlicher Todesfall in Kürze zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten. Während der ersten 100 Seiten ist zudem Geduld gefragt, denn zunächst werden die Protagonisten und ihre Lebensumstände vorgestellt. Doch diese sorgfältige Einführung ist nötig, um die kommenden Ereignisse verfolgen zu können. Innerhalb des Mikrokosmos einer englischen Kleinstadt entwickelt sich fortan eine bitter-böse Gesellschaftskritik, die den Leser nicht mehr loslässt.

Ein plötzlicher Todesfall ist keine leichte Lektüre und sicher nicht Jedermanns Sache. Der Roman schildert traurige Familienverhältnisse, nahezu hoffnungslose Zustände in sozialen Brennpunkten und bleibt alles in allem recht unversöhnlich. Eigentlich kommt von den zahlreichen Protagonisten keiner gut weg. Trotzdem finden sich hier und da kleine Heldentaten und moralisches Verhalten, wo man es am wenigsten erwartet. Alles ist lückenlos miteinander verwoben: die Geschichte entwickelt sich natürlich, totes Personal gibt es nicht. Klischees sind Mittel zum Zweck, Charaktere werden bewusst überspitzt, damit der Leser nicht vollständig vor der Tragik des Geschehens kapituliert. Opfer werden zu Tätern und Gerüchte zu handfesten Skandalen, während Hass und Vorurteile innerhalb der Kleinstadt offen zutage treten. J.K. Rowling malt hier in düsteren Farben ein Bild menschlichen Verhaltens, das jedoch fast ein wenig konventionell oder altmodisch wirkt. Vielleicht weist die Geschichte aber gerade deswegen eine Allgemeingültigkeit auf, die einen mitunter regelrecht zusammenzucken lässt.

Wer sich für dichte Gebilde von Wahrheit und Spekulation, Missgunst und Wohlwollen, Intrigen und Zusammenhalt interessiert, der liegt jedenfalls mit diesem Buch goldrichtig. Da mögen manche noch so sehr meckern, es wäre mit Harry Potter gar nicht vergleichbar. Wie sollte das auch funktionieren? Zielgruppe und Machart dieses Romans sind eine völlig andere, selbst wenn einem Schreibstil und Charakterentwicklung vertraut vorkommen - wie übrigens auch im tatsächlichen Krimi Der Ruf des Kuckucks. Zudem war meiner Meinung nach das Marketing für diese Geschichte vor Verkaufsbeginn nicht ganz zielorientiert: Buchtitel, Klappentext und andere Beschreibungen ließen wegen der akuten Geheimniskrämerei keinen Gesellschaftsroman, sondern eher einen Krimi vermuten. Daher lautet meine Empfehlung: bitte nicht abschrecken lassen, sondern befreit von falschen Erwartungen lesen.

Katrin

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