Cover des Buches Butcher's Crossing (ISBN: 9783423280495)
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Rezension zu Butcher's Crossing von John Williams

Auge um Auge mit der Natur

von Doryzz vor 9 Jahren

Rezension

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Doryzzvor 9 Jahren

Im Jahr 1870 macht Will Andrews seinen Abschluss an der Universität in Harvard. Doch anstatt einen Beruf zu ergreifen, möchte er, angeregt durch Gedanken von Ralph Waldo Emerson, die ursprüngliche Natur finden und dadurch auch sich selbst. In dem kleinen Ort Butcher's Crossing in Kansas trifft er auf Miller, der seit Jahren davon träumt, ein in den Rockies verborgenes Tal wiederzufinden, in dem sich Unmengen von Büffeln aufhalten sollen, um mit den Fellen das große Geld zu machen. Andrews sieht seine Chance, hier noch echte Natur zu finden, und erklärt sich bereit, die Jagd zu finanzieren. Gemeinsam mit zwei anderen Männern brechen sie auf. Niemand in Butcher's Crossing glaubt an ihren Erfolg, doch nach einer beschwerlichen Reise finden sie in Colorado tatsächlich dieses Tal. Miller versteht sein Handwerk und so sind sie erfolgreich mit ihrer Jagd. Doch das Abschießen und Häuten der Büffel hat ungeahnte Auswirkungen, und dann erweist sich auch das ursprüngliche Naturerlebnis anders als erwartet.

John Williams braucht nur wenig Personal und Handlung, schafft aber durch seine detaillierten Beschreibungen eine dichte Atmosphäre, die den Leser in ihren Bann zieht. Auf den ersten Blick passiert nicht viel – eine Fahrt mit Ochsenkarren ins Jagdgebiet und das Jagen der Büffel – aber auch darin verbergen sich Hindernisse und Erkenntnisse, ungeahnte Tiefen in den Beteiligten, die einen Spannungsbogen entstehen lassen, der lange Zeit aufrecht erhalten bleibt. Falsche Entscheidungen führen zu brisanten Notlagen, die die Männer aufs Äußerste fordern und in denen sie sich nicht nur der Natur, sondern auch ihren eigenen Schwächen stellen müssen.

In das Innerste der Figuren dringt man nur auf Umwegen vor, doch man lernt sie gut kennen. Anhand ihres Verhaltens in den verschiedenen Krisensituationen ist es nicht schwer, sich ein Bild von ihnen zu machen. Andrews, der im Mittelpunkt steht, wird eingehender charakterisiert. Wonach er sucht, weiß er nicht genau, aber er hofft, es in der Ursprünglichkeit, die schon am Rand von Butcher’s Crossing beginnt, zu finden. Er bekommt mehrere Gelegenheiten, seine Grenzen kennen zu lernen. Auch auf der zwischenmenschlichen Ebene ist er auf der Suche, doch als er Francine trifft, erkennt er ihre ehrlichen Absichten wegen seiner Unerfahrenheit nicht.

Williams’ Sprache ist sachlich und unaufdringlich und besticht gerade deshalb. Er beschreibt ein einfaches Leben, das noch ganz andere Werte hatte als in unserer Zeit. Es wird kein Gedanke an die Zukunft verschwendet; man nimmt aus Profitgier, ohne über die Folgen nachzudenken. Genauso wird aber hingenommen, wenn die Natur zurückschlägt. Wenn dabei menschliche Opfer zurückbleiben, ist das eben so. Für die anderen geht das Leben weiter.

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