Jussi Adler-Olsen

Mit dem Thriller „Verraten“ schließt der dänische Autor seine Serie rund um das Sonderdezernat Q mit dem zehnten Fall für Kriminalkommissar Carl Morck und seinem Team ab. Der erste Band „Erbarmen“ erschien im Jahr 2007 und trägt den Untertitel „Die Frau im Bunker“. Ebenjener Frau begegnete ich als Leserin im aktuellen Buch erneut, doch wie sie in das Geschehen um die lange erwartete Aufklärung des „Druckluftnagler-Falls“ involviert ist, verrate ich nicht.

Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Rückblick auf den Beginn einer Ermittlung im Jahr 2006, an dem damals Carl und seine Kollegen Hardy und Anker beteiligt waren. Wie man als Fan der Thriller-Reihe weiß, endete die Szene in einem Fiasko, was man später detailliert erklärt bekommt. In einem weiteren Prolog wurde mir der Rotterdamer Polizist Eddie vorgestellt, der tief in zwielichtige Machenschaften verwickelt zu sein scheint und von oberen Mächten einer Organisation für sein Fehlverhalten bedroht wird. Erst dann beginnen die Kapitel, von denen das erste die letzte Szene des neunten Falls „Natrium Chlorid“ nahtlos fortsetzt.

Am zweiten Weihnachtstag 2020 wird Carl wegen Drogenhandels und unter Mordverdacht verhaftet. Im Gefängnis verweigert man ihm eine Isolation von den anderen Häftlingen, obwohl er als Ermittler mit Übergriffen rechnet. Er hat für einige Schuldsprüche von Täter(inne)n vor Gericht gesorgt und in Verbrechenskreisen ist das weitläufig bekannt. Dagegen halten seine Kollegen ihn nun für korrupt und er erhofft sich von ihnen wenig Hilfe. Carl vertraut einzig seiner Frau sowie seinem Team des Sonderdezernats Q, die aber von oberster Seite aufgefordert sind, sich aus den Ermittlungen gegen Carl herauszuhalten. Carls Situation wird noch brisanter, als sich während der Haft herausstellt, dass der- oder demjenigen eine hohe Summe ausgezahlt wird, die oder der ihn ermordet.

Carl muss Taktik einsetzen, um sich selbst zu schützen, doch auch er durchschaut nicht immer den Charakter der Mithäftlinge sowie Wärter und Wärterinnen. Er muss viel Geduld aufbringen, denn er selbst hat keine Möglichkeit, die gegen ihn gerichteten Vorwürfe zu entkräften. Der Autor lässt einige zweifelhafte Figuren auftreten. Über der Handlung steht ständig die große Frage, ob Carl im Druckluftnaglerfall unschuldig ist oder nicht. Wird er sich endlich an weitere Details der Szene erinnern, in der einer seiner Kollegen den Tod fand und der andere schwer verletzt wurde? Umso erstaunlicher ist es, dass man ihm nun selbst nach dem Leben trachtet.   

Von Beginn an baut Jussi Adler-Olsen zunehmend Spannung auf, die er durch immer neue Wendungen bis zum Ende hochhält. Mir als Leserin kamen bereits durch die Rolle von Eddie die ersten Gedanken dazu, in welcher Richtung ein oder mehrere Drahtzieher(innen) mit einem Interesse am Ableben von Carl zu finden ist oder sind. Auch das Team vom Sonderdezernat Q hat keinen leichten Stand und beweist in seinem letzten Fall wie gut man einander kennt, seine Stärken einbringen kann und sich aufeinander verlässt, ohne dass man ausführlich darüber diskutiert.

Im Thriller „Verraten“, dem zehnten und letzten Fall für sein Cold Case Dezernat der Kopenhagener Polizeibehörde, läuft Jussi Adler-Olsen noch einmal zur Höchstform auf. Zwar sind die dargestellten Ereignisse zunehmend überspitzt, sorgen aber im wahrsten Sinne des Wortes für Sprengkraft und Nervenkitzel mit einem überraschenden Bösewicht am Ende. Der abschließende Band ist für alle Carl Morck Fans ein Must-Read und eine Empfehlung für alle Thrillerlesende.

Ich bin ein riesen Fan von dieser Buchreihe und auch dieser Band hat mich nicht enttäuscht, im Gegenteil.! Ich kann es kaum erwarten den letzen Band zu lesen. Es ist wieder ein unglaublich spannender aber sehr verzwickter Fall. Wer die anderen Bände gelesen hat, wird auch diesen Fall auf jeden Fall mögen und auch für Neueinsteiger ist es geeignet, da man unabhängig von den anderen lesen kann, auch wenn dadurch die Geschichte der Ermittler fehlt, ist jeder fall dennoch einzigartig und gelungen. 

Dieses Buch erschien im März 2024, ist also ganz neu herausgekommen. Es handelt sich um den zehnten und letzten Band der Reihe um Carl Mørck und seine Kollegen Assad, Rose und Gordon, die sich im Polizeipräsidium Kopenhagen um die Cold Cases kümmern. Die Tatsache, dass man weiß, dass es sich um den letzten Band handelt, hat – finde ich – Auswirkungen auf die Erwartungen an das Buch. Denn nun wünscht man sich natürlich, dass die Unklarheiten bezüglich Fällen, z.B. beim Druckluftnaglerfall aufgeklärt werden und ebenso, dass andere offene Fragen beantwortet werden, z.B. lernt Hardy wieder laufen oder nicht? Schnell wird dann klar, es geht wirklich um den Druckluftnaglerfall. Und wenig später wird klar, dass der Fall ziemlich kompliziert sein könnte und es um Drogenhandel in größerem Stil gehen wird, begangen von einer großen, mächtigen Organisation, die entsprechend skrupellos ist und über Leichen geht. Dennoch spielt sich die gesamte Handlung innerhalb weniger Tage um Winter 2020/2021 ab, zu einer Zeit also, als Corona aktuell war, was der Autor ziemlich gekonnt in den Roman einfließen lässt.

Leider enthält das Buch auch eine erkleckliche Zahl an Rechtschreibfehlern und scheint mir an manchen Stellen unglücklich übersetzt, z.B. finde ich die Übersetzung der dänischen DUP, bei der es sich um eine Abteilung für polizeiinterne Ermittlungen handelt mit Polizeiklagebehörde sehr holprig.

Gut fand ich, dass nicht nur der alte Druckluftnaglerfall im Mittelpunkt des Romans steht, sondern dass auch in wenigen Zeilen an andere alte Fälle erinnert wird, z.B. an Erbarmen (Band 1) und Erlösung (Band 3). Im Nachhinein hätte ich mir davon sogar noch mehr gewünscht. Mit den verschiedenen Happy End Sidekicks (Assads Sohn, Hardys Ehe) macht Adler-Olsen vermutlich viele Menschen glücklich, indem er den ihnen über die Zeit liebgewordenen Personen sozusagen über die Romanserie hinaus eine schöne Zukunft ermöglicht. 

Es gibt auf jeden Fall viele Verdächtige, bei denen man sich eine Verwicklung in den Kokainhandel und die damit verbundenen Morde durchaus vorstellen kann. Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde lesen und durch den gegenseitigen Austausch gerieten auch Personen ins Blickfeld, die ich vorher selbst nicht auf dem Schirm hatte, was für zusätzlich Spannung sorgte, weil es die Anzahl der Verdächtigen noch einmal erhöhte. Aber dennoch war die Auflösung eine dicke Überraschung für mich und ausweislich der Beiträge in der Leserunde, nicht nur für mich.

Eine - wie ich finde - bekannte Schwäche des Autors ist es, so manches Szenario so viel zu unglaubwürdig und unrealistisch zu gestalten. Oder bestimmte Sachverhalte nicht ausreichend aufzuklären. Das unterläuft ihm auch in diesem Band an einigen Stellen.

Humorige Stellen finden sich öfter einmal in Adler-Olsens Romanen, oft in Zusammenhang mit Assads Gleichnissen oder falsch zitierten Sprüchen, doch es geht auch mal ohne Assad, wie er in diesem Band beweist: „Terje war manchmal morgens so müde, dass ihm schon das Husten zu viel war.“ (dtv Erstausgabe 2024, S. 375)

Und mit dem Übergang zu einer neuen Beschäftigung macht der Autor die Serie im wahrsten Sinne des Wortes rund. Insgesamt ein würdiger Abschluss der Reihe. Vier Sterne.