Rezension zu "Wolfsaga" von Käthe Recheis
Kategorie: Parabel | Abenteuer | epenartiger Roman | Familie/Freundschaft |
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Besonderheit: Langsame, ernste Geschichte die sich dennoch griffig und schnell liest
Worum dreht sich die Handlung?: Eine Warnung verbreitet sich bis ins Tal der flüsternden Winde. Die Wolfsrudel heulen vom schwarzen Wolf aus dem Norden, der alle Rudel vereinen und alle Wölfe beherrschen möchte. Nicht jeder nimmt die Warnung ernst. Doch das Rudel von Akhuna und Palo Kan ist besorgt. Als der schwarze Wolf, Shogar Kan, mit seinem Rudel Zahllos erscheint, ändert sich alles, auch für die drei Jährlinge des Rudels vom Tal der flüsternden Winde, den draufgängerischen Imiak, die sanfte Sternschwester und den ängstlichen und prophetischen Schiriki. Dies ist der Beginn einer langen Reise und der Frage, ob es überhaupt möglich ist, dem System des schwarzen Wolfes zu entkommen und zu ihrem alten Leben zurückzufinden.
Große Themen im Hintergrund: Folgen von Macht und Ohnmacht, gefährliche Ideale, die gewaltlose Macht des Einzelnen, Formen des Zusammenlebens, Balanciertes Zusammenleben mit der Natur/Ressourcennutzung
Subjektive Teilbewertung (Legende *= hat mich nicht überzeugt, **= ausbaufähig, ***=solide/gut zu lesen, ****= sehr gut/klare Empfehlung, *****= exzellent/schwer zu erreichen):
- Handlung ****
Klare und weitgreifende Handlungsführung ohne unnötige Schlenker. Die Handlung ist detail- und abwechslungsreich. Die politische Parabel ist meist unaufdringlich und integriert sich gut in das gewählte Setting der Lebensweise der Wölfe und dominiert (bis auf ein Kapitel) nicht die Handlung.
- Aufbau ***
Zeitlich linearer, schnörkelloser Aufbau durchbrochen von einzelnen reflektiven (Traum)passagen. Logische und ausbalancierte Verteilung der verschiedenen Abschnitte der Erzählung. Keine größeren Durststrecken oder zu starken Ballungen. Die Grundthemen ziehen sich als roter Faden durch alle Kapitel.
- Charakterzeichnung *****
Die drei Hauptcharaktere sind sehr unterschiedlich und scheinen bewusst einfach gehalten, eventuell um eine Identifikationsfläche zu bieten oder besser symbolisch den Umgang mit verschiedenen Situationen darzustellen zu können. Dabei verlieren sie jedoch nicht an Sympathie und Lebendigkeit, die Charakterentwicklung steht jedoch nicht im Vordergrund. Gerade Nebenfiguren sind interessanterweise im Gegensatz oft ambivalenter gestaltet. Selbst der Antagonist ist alle andere als das personifizierte Böse. Die Interaktionen zwischen den Charakteren sind sehr natürlich und authentisch und bereichern die Handlung.
- Sprache und Stil ****
Distanzierte, ruhige Erzählweise, passend zu einer Saga. Angenehme Sprache, die die Handlung im Vordergrund lässt. Gerade in Schlüsselsituationen wird gezielt sprachlich die Spannung verdichtet.
- Zielgruppe(n)
Leser, die gerne über das Gelesene reflektieren und trotzdem gut unterhalten werden wollen und keine Angst vor schweren Themen haben. Eine gewisse Verträglichkeit für traurige Beschreibungen sollte vorhanden sein – bei aller Ruhe und friedlichen Grundaussage ist die Geschichte trotzdem auf ihre eigene Art und Weise heftig und berührend. Die ernste, langsame Erzählweise ermöglicht es empathischen Lesern sich in die Gefühlswelt der Charaktere einzufühlen, die nicht immer im Vordergrund der Beschreibung steht. Wer das Buch mehrfach lesen will, wird beim zweiten Mal einen weiteren Blickwinkel dazugewinnen.
- Fazit ****
Ruhige, klare Geschichte mit sympathischen Charakteren jenseits der gängigen Abenteuer/Fantasyliteratur. Holt den Leser gut ab und ermöglich Abtauchen in die Geschichte. Beschäftigt sich mit ernsten Themen, verliert dabei nicht an spannenden Handlungswendungen und detailreichen Schilderungen. Grundnachdenklich und oft traurig, aufgelockert durch einige leichte Passagen. Die Erzählweise ist eher distanziert, dabei sehr angenehm zu lesen. Ein reichhaltiges und unterhaltsames All-Age-Buch für Leser, die sich aktiv mit dem Gelesenen auseinandersetzen wollen.