Kamila Shamsie

 4,1 Sterne bei 136 Bewertungen
Autorin von Die Straße der Geschichtenerzähler, Verglühte Schatten und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Ein Leben zwischen England und Pakistan: Kamila Shamsie wurde im August 1973 in Karatschi (Pakistan) geboren. Sie besuchte nach ihrem Schulabschluss unter anderem das Hamilton College und absolvierte dort ihren Bachelor in Kreativem Schreiben. Ihr Debüt "In the City by the Sea" veröffentlichte Shamsie im Jahr 1998. Nur ein Jahr später wurde sie mit dem Prime Minister`s Award for Literature in Pakistan geehrt, dem weitere Auszeichnungen folgten. Mittlerweile werden ihre Bücher in zahlreiche Sprachen übersetzt. Kamila Shamsie lebt heute abwechselnd in Karatschi und London.

Alle Bücher von Kamila Shamsie

Cover des Buches Die Straße der Geschichtenerzähler (ISBN: 9783833310584)

Die Straße der Geschichtenerzähler

 (85)
Erschienen am 01.07.2016
Cover des Buches Verglühte Schatten (ISBN: 9783833309663)

Verglühte Schatten

 (21)
Erschienen am 14.09.2015
Cover des Buches Hausbrand (ISBN: 9783827013613)

Hausbrand

 (13)
Erschienen am 04.09.2018
Cover des Buches Salz und Safran (ISBN: B004H4WP7Q)

Salz und Safran

 (5)
Erschienen am 09.10.2010
Cover des Buches Kartographie (ISBN: 9783833303319)

Kartographie

 (4)
Erschienen am 01.10.2005
Cover des Buches Verbrannte Verse (ISBN: 9783833303982)

Verbrannte Verse

 (3)
Erschienen am 01.12.2006
Cover des Buches Kartographie (ISBN: 9783827072337)

Kartographie

 (0)
Erschienen am 09.10.2010
Cover des Buches Salz und Safran (ISBN: 9783827072344)

Salz und Safran

 (0)
Erschienen am 09.10.2010

Neue Rezensionen zu Kamila Shamsie

Cover des Buches Hausbrand (ISBN: 9783827013613)
sabatayn76s avatar

Rezension zu "Hausbrand" von Kamila Shamsie

‚Ich erzähle niemandem von dir; du erzählst niemandem von mir. Wir sind des anderen Geheimnis.'
sabatayn76vor 4 Jahren

‚Ich erzähle niemandem von dir; du erzählst niemandem von mir. Wir sind des anderen Geheimnis.‘ (Seite 80)

Nach dem Tod ihrer Mutter und ihrer Großmutter hat sich Isma um ihre beiden jüngeren Geschwister, die Zwillinge Aneeka und Parvaiz, gekümmert, doch als diese alt genug sind, um auf eigenen Füßen zu stehen, geht Isma in die USA, um an einem Promotionsstudiengang in Soziologie teilzunehmen.

Dass Isma problemlos in die USA einreisen kann, kommt einem Wunder gleich, denn Ismas Vater, der schon länger tot ist, war ein Dschihadist, und nun hat sich Ismas Bruder Parvaiz dem IS angeschlossen.

In den USA lernt Isma Eamonn kennen, einen jungen Engländer, der wie Isma pakistanische Wurzeln hat, allerdings aus privilegierten Verhältnissen stammt. Als Eamonn nach England zurückkehrt, trifft er auf Aneeka, die beiden verlieben sich ineinander.

Ich habe vor vielen Jahren mit großer Begeisterung 'Die Straße der Geschichtenerzähler' von Kamila Shamsie gelesen, die selbst in Pakistan geboren wurde und heute in London bzw. in Karatschi lebt.

Auch ‚Hausbrand‘ hat mir außerordentlich gut gefallen, was zum einen sicherlich an der gelungenen Konstruktion des Romans liegt, zum anderen an der komplexen Auseinandersetzung mit der Thematik und an der lebensnahen Zeichnung der Figuren.

Shamsie erzählt auf eindringliche und gefühlvolle Weise, ohne in Kitsch oder Schnulzigkeit abzugleiten. ‚Hausbrand‘ ist psychologisch und emotional stets überzeugend, bietet durch die verschiedenen Perspektiven die Möglichkeit, Zusammenhänge, Entscheidungen, Emotionen und Gedanken der Figuren zu verstehen.

Durch die fünf Erzählperspektiven (Isma, Eamonn, Parvaiz, Aneeka, Karamat) entblättert sich die Geschichte nach und nach aus der Sicht der verschiedenen involvierten Personen, was die Lektüre ebenso fesselnd wie klug konstruiert macht.

Cover des Buches Die Straße der Geschichtenerzähler (ISBN: 9783833310584)
gsts avatar

Rezension zu "Die Straße der Geschichtenerzähler" von Kamila Shamsie

Ausflug in die Vergangenheit
gstvor 4 Jahren

Juli 1914. Über antike Pflastersteine, unter Feigen und Zypressen hindurch, läuft Vivian Rose Spencer eilig den Hang hinauf und stolpert fast unversehens in ihre erste Entdeckung. Tahsin Bey, ein Freund ihres Vaters, hat die junge Engländerin eingeladen, an Ausgrabungen in der Türkei teilzunehmen. Hier, im sagenhaften Labraunda, lässt sie die strengen Konventionen ihrer Heimat weit hinter sich und wird auch Tahsin Bey auf ganz neue Weise begegnen. 

Juli 1915. Der Krieg hat alles verändert. Vivian folgt einer Spur ihres verschwundenen Geliebten, als sie einem Zug nach Peschawar Qayyum Gul trifft. Beide ahnen nicht, dass ihre Geschicke sich auf immer verbinden und sie eines Tages, auf der Straße der Geschichtenerzähler, wieder zusammenführen werden.

Diese Zusammenfassung habe ich - entgegen meiner Gewohnheit – dem Buch entnommen. Einem Buch, das mich dank seiner trockenen Schreibe und verzwickten Erzählweise teilweise verwirrt zurückließ. Trotzdem entwickelte es auch einen gewissen Sog, dem ich nicht widerstehen konnte. Ich wollte schon wissen, wie die Geschichte weitergeht, in der der Kampf um Freiheit eine wichtige Rolle spielt. 

Als Leser wird man in eine fremde Welt mit exotischem Flair versetzt – eine Welt, die sich die Briten zu eigen machten, ohne an diejenigen zu denken, die dort zu Hause waren. Noch bevor es 1930 zur Meuterei in Peschawar kommt, erleben wir einen wissbegierigen Jungen, der sich von Vivian ins antike Karien (heute Türkei) „entführen“ lässt. Obwohl seine Familie es als ungehörig ansieht, dass er bei einer Engländerin Unterricht nimmt, ist seiner Mutter doch klar: „Wie soll man einem fliegenden Vogel die Flügel nehmen?“

Die unverschleierte Engländerin mit ihren kurzen Röcken unterschied sich fundamental von ihren in einer Burka verborgenen Geschlechtsgenossinnen, wodurch der Kulturunterschied sehr deutlich hervorgehoben wurde. Der 1973 geborenen Autorin ist es meiner Meinung nach gut gelungen, die Stadt Peschawar vor den Augen ihrer Leser lebendig werden zu lassen. Trotzdem war ich mit der Lektüre nicht rundum zufrieden. 


Cover des Buches Hausbrand (ISBN: 9783827013613)
Buecherschmauss avatar

Rezension zu "Hausbrand" von Kamila Shamsie

Wenn die wir lieben Feinde des Staates sind
Buecherschmausvor 6 Jahren

„Die wir lieben…sind Feinde des Staates.“
Sophokles – Antigone

Schon im Motto ihres Romans „Hausbrand“ erzählt die britisch-pakistanische Autorin Kamila Shamsie eigentlich die ganze Geschichte.
„Homefire“ im Original trifft es, wie so oft genauer, denn es ist nicht das Haus, das hier brennt, sondern das Heim, die Familie, die Heimat, der Westen, Großbritannien. Und die große, klassische Geschichte, die hier neu gefasst wird, ist die der Antigone.
Diese war die Tochter des Ödipus, nach dessen Tod ein erbitterter Streit um die Macht in Theben zwischen ihren Brüdern Eteokles und Polyneikes ausbrach. Im Kampf gegeneinander wurden beide getötet. Der Onkel Kreon, der nun die Macht erlangte, erlaubte aber nur die Beerdigung des Einen. Der aufständische Polyneikes, „Feind des Vaterlandes“, sollte unbestattet bleiben. Gegen den Rat der besonnenen Schwester Ismene, unter Androhung der Todesstrafe, brachte Antigone ihren Bruder dennoch unter die Erde, wie es ihr Glaube befahl. Daraufhin wurde sie lebendig eingemauert. Ihr Verlobter Haemon, Sohn des Kreons, verwandte sich eindringlich für sie und dieser lenkte schließlich ein. Aber zu spät, Antigone nahm sich bereits das Leben. Daraufhin folgten ihr Haemon und später auch seine Mutter Eurydike in den Tod.
Ein großer, dramatischer Stoff, griechische Tragödie in Reinkultur, die bereits der irische Dichter Seamus Heany 2004 für ein höchst politisches Theaterstück neu adaptierte. Generell scheint die Neufassung von Klassikern ein wenig im Trend zu liegen, man denke an das Hogarth Shakespeare Projekt. Selten gelingt dies so rundum überzeugend und mitreißendend wie bei Kamila Shamsie.
Am Personal ändert die Autorin relativ wenig.
Die Geschwister Pasha, die ältere Isma und die Zwillinge Aneeka und Parvaiz – die Wahl der Namen erleichtert die Zuordnung zu den Protagonisten des antiken Dramas – wachsen in Wembley mit Großmutter und Mutter, die aus Pakistan stammen, auf. Der Vater verschwand schon früh aus ihrem Leben. Als Dschihadist kämpfte er in Kaschmir, Tschetschenien, Afghanistan, im Kosovo – wo eben ein „Gotteskrieger“ benötigt wurde. 2002 wurde er verhaftet, im berüchtigten Hauptquartier der Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Afghanistan, Bagram wohl auch der Folter unterzogen und starb auf dem Transport nach Guantánamo. Seitdem stand die Familie in Großbritannien unter Beobachtung des MI5. Nach dem Tod von Mutter und Großmutter war es die ältere Isma, die ihre Geschwister großzog. Nun sind die beiden erwachsen und für Isma kann ein neues Leben beginnen: Ein Stipendium ermöglichst ihr Promotionsstudium in Soziologie in Amherst/USA. Wir begegnen ihr gleich zu Beginn des Romans.
„Isma war auf dem besten Weg, ihren Flug zu verpassen. Das Ticket würde nicht erstattet werden, weil die Airline nicht bereit wäre, für Passagiere geradezustehen, die zwar drei Stunden vor Abflug am Flughafen sind, aber in ein Befragungszimmer abgeführt werden.“
Der Schatten des radikalisierten Vaters und die amerikanische Paranoia im Umgang mit muslimischen Einreisewilligen – Isma trägt einen Hidschab – fordern ihren Preis. Wir befinden uns nicht mehr in der griechischen Antike, sondern im Zeitalter des Terrors und der Angst vor dem Islamismus, der mit dem Islam allzu oft gleichgesetzt wird.
Kaum in ihrer neuen Heimat eingerichtet, muss Isma erfahren, dass ihr bisher so unauffälliger, gut integrierter Bruder Parvaiz nach Syrien ausgereist ist. Er hat sich dort der Medieneinheit des IS angeschlossen, vertont Propagandafilme, Filme von Geiselnahmen und Enthauptungen. Er ist der „Feind des Staates“. Hier hat Kamila Shamsie die einzige Anpassung des antiken Personals vorgenommen. Es gibt keinen zweiten Bruder, die Figur des Eteokles entfällt. Parvaiz kämpft gegen die Werte des Westens, gegen die „Mörder“ seines Vaters. Sein Gegner ist abstrakt. Nach relativ kurzer Zeit wird ihm aber Irrsinn und Bestialität seiner neuen Auftraggeber bewusst und er möchte wieder nach Hause. Hilfesuchend wendet er sich an seine Schwester Aneeka.
Zur gleichen Zeit trifft Isma in den USA zufällig Eamonn, den Sohn eines ebenfalls aus Pakistan stammenden Politikers. Dieser ist ein typischer „trust-fond dropout“, reich, aber orientierungslos, heimat- und religionslos. Typisch der Dialog, als Isma und er zum ersten Mal aufeinander treffen.
„Darf ich Sie etwas fragen?“, sagte er. „Der Turban. Ist das ein Modeding oder ein Muslimding?“
„Wissen Sie, die einzigen Menschen in Massachusetts, die mich danach gefragt haben, wollten wissen, ob es ein Modeding oder ein Chemotherapieding ist.“
Lachend sagte er: „Krebs oder Islam – was ist das größere Übel?“
Eine weitere Entfernung von den Wurzeln kann man sich kaum vorstellen. Und das ist auch das Programm seines Vaters Karamat (Kreon), der sich erfolgreich um das Amt des Innenministers bewirbt. Er prangert die Rückständigkeit der in Großbritannien lebenden Muslime an, fordert mehr Integration, Anpassung, überwirft sich dadurch zunehmend mit einem großen Teil dieser Wählerschaft, die ihm Nestbeschmutzung vorwerfen. Unerbittliche Härte zeigt er auch gegenüber den „britisch geborenen“ Terroristen. Man beachte, dass nicht die Rede von „britischen Terroristen“ ist. Das in dieser Entfremdung, im Gefühl des nicht wirklich dazu zu gehören, ein Grund für die Radikalisierung junger Muslime ist, daran hat Kamila Shamsie keinen Zweifel. Aber auch andere Motive für das Abgleiten in Extremistenkreise werden angesprochen, ebenso wie die unverantwortlichen Rekrutierungsmethoden.
Und doch ist diese Radikalisierung nicht das Hauptmotiv von Kamila Shamsies komplexem, fesselndem und eindringlichem Roman. Der Autorin geht es um Loyalitäten, um das Spannungsfeld in das Gesellschaft, Familie und Religion geraten können. Es geht um Recht und Gerechtigkeit, um die Diskrepanz, die zwischen beiden bestehen kann. Und um Liebe, um die Frage, wie weit man für diese zu gehen bereit ist.
Aneeka trifft Eamonn, der sich in sie verliebt. Sie sieht eine Chance, ihren Bruder zu retten…
Auf nur 250 Seiten entfaltet Kamila Shamsie die große Tragödie, wirft in Kapiteln mit unterschiedlichen Perspektiven Blicke auf den Konflikt, bleibt aber in der distanzierten personalen Perspektive, fügt gegen Ende Hashtags, Twitternachrichten, poetische Fragmente und Berichterstattungen hinzu. Das Ende erleben wir, wie so oft die Tragödien dieser Welt, über einen TV-Stream. Perfekt gelingt ihr das Versetzen des antiken Stoffs in unsere unmittelbare Gegenwart.
Das alles ist großartig gemacht, subtil, mit zunehmender Spannung, völlig überraschenden Wendungen, bewegend, erhellend. Kein Wunder, dass Kamila Shamsie damit den Woman´s Prize for Fiction 2018 gewann. Auf der Longlist des Man Booker Prize stand sie damit ebenfalls.
Das Beste an diesem Buch, das für mich ganz sicher zu den Highlights des Jahres gehört, ist aber, dass man durch es übliche Denkmuster hinterfragt, über eigene Werturteile nachdenkt, Meinungen überprüft. Ein Buch, das lange nachhallt, und dabei noch höchsten Lesegenuss bietet.

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Zusätzliche Informationen

Kamila Shamsie wurde am 13. August 1973 in Karatschi geboren.

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Community-Statistik

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auf 39 Merkzettel

von 2 Leser*innen aktuell gelesen

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