Cover des Buches Sturz der Titanen (ISBN: B0044ZC3N4)
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Rezension zu Sturz der Titanen von Ken Follett

Der Titan Ken Follett

von Rusty78 vor 9 Jahren

Rezension

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Rusty78vor 9 Jahren

Hörbuch von Lübbe Audio, gesprochen von Philipp Schepmann

Kurzmeinung
Ein wahrhaft titanenhaftes Unterfangen, diese ungekürzte 37-Stunden-Audible-Fassung.
Aber: sie ist es wert. Ein Buch, das nicht einfach zusammenzufassen ist.

Fakten
Europa 1914. In Deutschland herrscht noch Kaiser Wilhelm II. In England ist gerade König George V. auf dem Thron, der übrigens Wilhelms Cousin ist. Russland wird von Zar Nikolaus unterdrückt und allein Amerika ist ein demokratisches Land unter Präsident Wilson, zumindest wenn man weißer Amerikaner ist.
Am 28.06.1914 wird das Thronfolgerehepaar Österreich-Ungarns, Erzherzog Franz-Ferdinand und seine Gemahlin Sophie, durch serbische Attentäter getötet und Österreich-Ungarn erklärt Serbien einen Monat später den Krieg. Deutschland hält seinem Bündnispartner Österreich-Ungarn die Treue, und aus dieser Krise entwickelt sich der erste Weltkrieg.

Inhalt
Soweit die Fakten, die wir alle mal in der Schule gelernt haben. Doch Ken Follett schafft es, dieses trockene Stück Geschichte lebendig werden zu lassen, indem er Familien aus allen beteiligten Ländern sozusagen zu Wort kommen lässt, miteinander verknüpft und uns die graue, verschwimmende Wahrheit der politischen Situation schildert. Ich habe die Zusammenhänge wohl zum ersten Mal richtig verstanden.

Die Bergarbeiterfamilie Williams lebt in einem kleinen, schmutzigen Dorf in Wales. Arbeiter dürfen nicht wählen und sind ihrem Earl und der Bergbaufirma relativ schutzlos ausgeliefert.
Dah Williams, das Familienoberhaupt engagiert sich in der Gewerkschaft, und sein (zu Beginn dreizehnjähriger) Sohn Billy wird wohl ein ebenso sozialer und gerechter Mensch, sowie guter Redner werden.
Tochter Ethel arbeitet als Dienstmädchen im Herrenhaus, dem Besitz von Earl Fitzherbert, genannt Fitz. Dieser ist verheiratet mit Bea, einer russischen Fürstin. Fitz‘ Schwester Maude lebt in London und ist eine unverheiratete Suffragette, die jedoch mit ihrem Charme und Verstand ohne weiteres in Londons höheren Kreisen zurechtkommt.
Sie verliebt sich in den Deutschen Walter von Ulrich, einen Militärattaché aus einer einflussreichen Diplomatenfamilie, doch je näher der Krieg rückt, desto gefährlicher wird diese Liebe für beide.
Grigori und Lew Peschkow sind zwei junge Männer aus Russland, die in einer Stahlgießerei arbeiten, welche Räder für Lokomotiven herstellt. Während einer der beiden sein Glück in Amerika versucht, wird der andere zum Revolutionär.
In Russland hält sich auch gerade der junge Senatorensohn Gus Dewar auf, der eine glänzende Karriere im Mitarbeiterstab des Präsidenten Wilson vor sich hat.

Meinung
Aus diesen „Zutaten“ zaubert Ken Follett einen opulenten, vorzüglichen Schmaus. Die Kriegsszenen sind schrecklich, aber das waren sie auch tatsächlich. Es wird aber in meinen Ohren nie zu viel. Die Arroganz des Adels und der häufig unfähigen militärischen Obrigkeit wird sehr deutlich dargestellt.
Sicher, Follett lässt seine Protagonisten auch leben, das heißt, man hört auch etwas über die Gesellschaft, über Dates, Gangster und Sex. Aber wenn er ein Sachbuch hätte schreiben wollen, hätte er das wohl getan – in diesem Buch jedenfalls geht es nicht ausschließlich um den Krieg. Es ist eine Geschichte, die vor, während und kurz nach der 1. Weltkriegszeit spielt. Den Kritikerstimmen, die zuviele Sexszenen bemeckern, kann ich nicht zustimmen. Hier ist alles noch in einem soliden Rahmen, finde ich.
Die Recherchearbeit von Ken Follett und seinem Team kann ich nur bewundern. Die politisch authentischen Szenen sind hervorragend gelungen.

Der Sprecher Philipp Schepmann ist ein wunderbarer Erzähler. Die langen Erklärungen zur politischen Lage, die vielen fremdartigen Wörter und die unterschiedlichen Männerstimmen sind hervorragend ausgearbeitet. Ein Kratzen auf der Schiefertafel sind allerdings Schepmanns Frauenstimmen. Hier klingt eine wie die andere: hysterisch, nervig und immer gleich hoch, wie eine Parodie. Sogar die emanzipierte und intelligente Maude klingt, als wäre sie ein ungebildetes Gör aus der Gosse.
Trotzdem war die Lesung absolut hörenswert, und – Herr Schepmann macht’s in der Fortsetzung „Winter der Welt“ wirklich viel besser 

Fazit
Absolute Hör- bzw. Leseempfehlung, wenn man spannenden Geschichtsunterricht, verpackt in eine tolle Erzählung erleben will.
Ich für meinen Teil bin schon mitten drin in der Fortsetzung.

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