Nach einem traumatischen Ereignis wohnt Stella, eine ehemalige Psychologin, mit ihrem Mann äußerst zurückgezogen in einem Vorort von London. Sie hat den ganzen Tag lang das große Haus nur für sich, denn ihr Mann arbeitet, doch Stelle bekommt jedes mal, wenn sie versucht, das Haus zu verlassen, eine Panikattacke. Doch plötzlich, an einem kalten und verschneiten Winterabend, steht Blue, ein junges Mädchen vor ihrer Haustüre und bitte sie, herein zu lassen. Einerseits will Stella sie nicht in ihr Haus lassen, sie in ihre Privatsphäre eindringen lassen, doch sie kann das junge Mädchen auch nicht einfach so erfrieren lassen. Letztendlich überwindet sich Stella und lässt Blue zu sich ins Haus. Doch von Anfang an geht von Blue eine seltsame Bedrohung aus und Stella fühlt sich immer unwohler in ihrer Nähe. Als Blue dann schließlich beginnt, Geschichten über Stellas Mann zu erzählen, bekommt diese es endgültig mit der Angst zu tun. Ist Blue eine kranke Psychopatin oder stimmen ihre Geschichten und Stellas Mann ist doch nicht der, für den sie ihn immer gehalten hat?
Mit dem Schreibstil hatte ich eigentlich keine Schwierigkeiten. Er lässt sich flüssig und einfach lesen, und erzeugt auch eine gewisse düstere Atmosphäre, die die Handlung schön unterstreicht. Zwar war es am Anfang ein wenig verwirrend für mich, dass immer wieder zwischen der Gegenwart und Stellas Vergangenheit hin und hergesprungen wurde. Doch daran gewöhnte ich mich schnell und kam dann gut damit klar. Ich muss auch sagen, dass es der Geschichte, auch wenn sie etwas deep war, nicht an Spannung mangelt. Diese steigt dann von Kapitel zu Kapitel immer mehr und man möchte unbedingt weiterlesen. Allerdings muss ich sagen, dass es immer wieder dazu kam, dass die Spannung von kürzeren langatmigen Stellen unterbrochen wurde. Positiv überrascht haben mich hingegen wieder die Protagonisten. Sie waren sehr ausführlich beschrieben und unheimlich facettenreich. Besonders bei Blue schaffte es die Autorin, bei mir einen inneren Kampf auszulösen, ob ich sie mögen und Mitleid mit ihr haben sollte, oder ob ich sie für ihre impulsive und unreflektierte und deswegen auch oft dumme Art hassen sollte. Ich glaube, dieser innere Konflikt wird mich noch lange begleiten, denn Blue als Person hat mich wirklich zum Nachdenken angeregt. Aber auch Stellas Ehemann Max hat in mir starke Gefühle ausgelöst. Von Anfang an strahlte er eine dunkle Bedrohung aus und man erkannte in ihm gewisse alphamännliche Verhaltensmuster, die in unserer Gesellschaft eigentlich schon längst überholt sein sollten. Kurz gesagt: die Autorin hat es geschafft, dass sich mein Hass auf Max von Seite zu Seite steigerte. Kritisieren muss ich allerdings, dass eigentlich schon relativ früh klar war, wie die Geschichte ungefähr enden wird. Trotzdem tat dies aber der rasanten Handlung keinen Abbruch. Auch bietet die Autorin mit ihrem Buch einen interessanten Einblick in ihre Arbeit, da diese ja selbst als klinische Psychologin tätig ist.
Schlussendlich hat mir das Buch trotz einiger Schwächen gefallen. Ich kann es durchaus weiterempfehlen, weil Themen angesprochen werden, die manche Menschen in unserer Gesellschaft noch immer als heikel ansehen, und man zum Nachdenken angeregt wird.