Cover des Buches Tunnel (ISBN: 9783941688605)
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Rezension zu Tunnel von Magdalena Parys

Ein Tunnel und unangenehme Wahrheiten.

von Gulan vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Eigentlich kein Krimi, aber trotzdem ein interessanter Roman über die Geheimnisse hinter dem Bau eines Fluchttunnels unter der Mauer.

Rezension

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Gulanvor 9 Jahren
Im Dezember 2000 kommt der ehemalige Fluchthelfer Klaus Steinbach unter ungeklärten Umständen ums Leben. Er war Anfang der 1980er an dem Bau eines Tunnels von West- nach Ost-Berlin beteiligt. Etwas zehn Jahre später beginnt Peter Mischalski unter den damals am Bau des Fluchttunnels direkt oder indirekt Beteiligten zu recherchieren. Was ist damals wirklich vorgegangen? Wer war Freund und wer war Feind? Und was hat Klaus' Tod damit zu tun?

Der Debütroman der Polin Magdalena Parys führt ins Berlin des Kalten Krieges und der Nachwendezeit. Fixpunkt der Geschichte ist der Bau eines Tunnels von West- nach Ost-Berlin und die Flucht von Franz durch diesen Tunnel. Die Autorin erzählt die Geschichte nicht linear, sondern in Form von Episoden, in denen aus dem Blickwinkel jeweils einer beteiligten Person berichtet wird. So wird das Bild der Ereignisse nach und nach zusammengesetzt, allerdings ergeben sich fortdauernd neue oder veränderte Entwicklungen. Der Leser wird ziemlich gefordert, den Überblick über diese ausgefeilte Story zu behalten, deren Wahrheiten man sich nur sehr mühsam nähert

Den Rahmen für die Episoden bilden die Nachforschungen des ehemaligen Helfers Peter, die die Beteiligten auffordert, ihm ihre Geschichte und die der damaligen Ereignisse zu erzählen. Zu den Gesprächspartnern zählen: Magda, eine Polin, die aus Liebe zu Franz, Geheimnisse in den Westen schmuggelt. Roman, Franz' Bruder, der schon vor dem Mauerbau nach West-Berlin kommt und später den Tunnelbau in die Wege leitet, um seinen Bruder herüberzuholen. Victoria, Franz' Ehefrau, Tochter eines Stasioffiziers. Klaus und Thorsten, Fluchthelfer und maßgebliche Organisatoren des Tunnelbaus.

Die Geschichte des Tunnelbaus ist eine Geschichte von Freundschaften, Zweckbündnissen, aber vor allem von Geheimnissen, Täuschung und Verrat. Der Roman beinhaltet mehrere Berliner Flüchtlingsbiographien, Vertriebene des 2. Weltkrieges sowie Flüchtlinge aus der DDR vor und nach dem Mauerbau. Alle haben zudem direkt oder indirekt polnische/Danziger Wurzeln. Geschickt versteht es die Autorin auch die Ereignisse und Begebenheiten der Berliner Geschichte in den Biographien zu verweben.

Ein wenig Unverständnis erzeugt bei mir die Klassifizierung des Romans durch den Verlag als Krimi. Dieses Versprechen kann der Roman nur auf wenigen Seiten einlösen. Die Struktur, die Erzählweise und vor allem die fehlende Ermittlungsarbeit (Peters Nachforschungen dienen weitestgehend nur der Romanstruktur) sprechen meines Erachtens gegen einen Krimi.

Aber das ist nicht tragisch, denn der Roman weiß auch so zu überzeugen. Die vertrackte, ungewöhnlich aufgebaute Story mit interessanten Charakteren im Zusammenhang historischer Ereignisse ist in jedem Fall lesenswert.

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