„Es war das erste Mal, dass sie so genannt wurde, und sie konnte die Tatsache nicht verbergen, dass es ihr sehr gefiel. Wie wir – ihr und ich – wissen, hatte sie schon früher Bücher gestohlen, aber im Oktober 1941 wurde es offiziell. In dieser Nacht wurde Liesel Meminger wahrhaftig zur Bücherdiebin ernannt.“

Inhalt:

Im Januar 1939 wird die neunjährige Liesel Meminger zu Pflegeeltern nach Molching gebracht. Ihr neuer Papa erobert ihr Herz im Sturm und bringt ihr in nächtlichen Sitzungen das Lesen und Schreiben bei. Schon bald soll Liesel ein Geheimnis bewahren, das alle in Gefahr bringt. Denn Deutschland wird von den Nazis regiert – anderer Meinung zu sein, kann tödlich sein. In dieser Zeit erlebt Liesel Freundschaft, Liebe, Hunger und die Grausamkeiten des Krieges – und die Bedeutsamkeit der Worte.

Meinung:

Es kann gut sein, dass Die Bücherdiebin das beste Buch ist, das ich je gelesen habe – auf jeden Fall das beste in diesem Jahr.

Aufbau und Sprache des Buches sind sehr ungewöhnlich und gerade dadurch so intensiv und eingängig. Zusak bedient sich nicht der üblichen sprachlichen Bilder, sondern erfindet sie vollkommen neu und sehr treffend. Dadurch entsteht manchmal ein Gefühl der Fremdheit, das aber zu einem bewussteren und dadurch intensiveren Lesen führt.

Die Charaktere werden hauptsächlich durch ihre Handlungen beschrieben, so dass vieles zwischen den Zeilen steht, und haben eine große Tiefe. Als Leser fühlt man mit ihnen und kann sich sehr gut vorstellen, was in ihnen vorgeht.

Die vielen kleinen und großen Geschichten aus dem Leben von Liesel sind gut erdacht und könnten tatsächlich so passiert sein (und einige sind es wahrscheinlich auch). Manchmal passiert gar nicht so viel, aber dennoch berühren sie den Leser und erlauben ihm einen unverstellten Blick in die Seele eines Kindes während der erdrückenden Wahrheiten Hitlers und seines Krieges.

Die erschütternden Geschehnisse der Nazizeit und des zweiten Weltkrieges, die zwar als geschichtliche Fakten bekannt sind, werden durch das Buch schonungslos wieder ins Bewusstsein des Lesers katapultiert, werden real, bekommen Konturen, Substanz und Details. Mir hat es häufig das Herz verkrampft, die Augen überlaufen lassen und den Kopf geschüttelt – und ich bin froh darüber.

Die Idee und Umsetzung, wie das Buch erzählt wird, ist herausragend – ich denke ich verrate nicht zu viel wenn ich sage, dass der Tod die Geschichte erzählt. Auch wenn es komisch klingt, gibt genau das der Geschichte eine sehr gefühlvolle Komponente. Denn auch der Tod hat ein Herz.

Fazit:
Aufwühlend, anrührend, berührend, lustig und nachdenklich. Ein ganz wunderbares Buch mit einer schönen, schrecklichen, traurigen Geschichte, die ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann.

Sprache und Stil: 5/5

Charaktere 5/5

Story und Idee: 5/5

Atmosphäre und Umsetzung: 5/5

Gesamt: 5/5

Mein bestes Zitat:

„Um die Wahrheit zu sagen (und mir ist klar, dass ich jetzt wirklich anfange zu jammern), war ich noch nicht über Stalin in Russland hinweg. Über die sogenannte zweite Revolution – den Mord an seinem eigenen Volk.

Dann kam Hitler.

Man sagt, dass der Krieg der beste Freund des Todes ist, aber da muss ich euch berichtigen. Für mich ist der Krieg wie ein neuer Vorgesetzter, der Unmögliches von einem erwartet. Er steht hinter einem und wiederholt immer nur das eine: „Erledige dies, erledige das.“ Also arbeitet man härter. Man erledigt dies und das. Aber der Vorgesetzte dankt es einem nicht. Er verlangt nur noch mehr.“