Cover des Buches AUF LEBEN UND TOD (ISBN: 9783958351141)
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Rezension zu AUF LEBEN UND TOD von Martin S. Burkhardt

Harte Kost, provozierend, aneckend und für Hartgesottene. Wem das Cover zusagt, sollte zugreifen!

von Floh vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Es provoziert, wirkt blutig und tödlich und birgt knallharten Inhalt

Rezension

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Flohvor 8 Jahren
Wer besonders kontroverse, horrormäßige, grenzgängige, anstoßende und harte Lektüre des besonderen Genre bis hin zum hardboiled sucht, der wird im Luzifer Verlag sicherlich fündig. Hier gibt es Nervenkitzel, Horror, Thrill und Gänsehaut in all seinen Facetten und Stufen. Aufmerksam wurde ich auf den mir bisher noch unbekannten Autor Martin S. Burkhardt uns seinem Werk „Auf Leben und Tod“, da mich dieses Cover so fürchterlich abgeschreckt hat und mich der Klapptext andersherum sehr neugierig gemacht hat. Ich mag es beim Lesen neue Erfahrungen zu machen, mich von einem Buch in alle Richtungen bewegen zu lassen, Grenzerfahrungen zu sammeln und mich mit dem Gelesenen zu beschäftigen. Egal ob das Buch bei mir auf Anklang und Zustimmung trifft, oder auch nicht… Bücher die den Leser nicht mehr loslassen und im Kopf rumgeistern sind nicht leicht zu finden. Hier findet man so ein Exemplar! Sei gewarnt: keine leichte und alltägliche Kost! Abstoßend, grausam, gewagt, perfide, prekär und düster…
Erschienen im Luzifer Verlag (http://www.luzifer-verlag.de/)

"Es sah einfach fantastisch aus, wenn ihr dunkler Körper sich an seinen hellen Körper schmiegte und sie zu einer Einheit von Kaffee mit Sahne wurden." (Seite 13)

Zum Inhalt (Klapptext):
"Henry, ein gewalttätiger, kaputter Mann, besitzt geeignete Räume. Er fängt Frauen und Männer ein und zwingt sie in seinen unterirdischen Katakomben zum Sex. Eine neue Generation wächst heran, die das Tageslicht niemals gesehen hat. Bereits von klein auf müssen die Kinder lernen, sich zu behaupten. Henry ist ein Fan von brutalen Ultimate-Kämpfen und möchte diese Kämpfe zum Mittelpunkt seines unterirdischen Reiches machen. Aus den Kindern werden im Laufe der Jahre Jugendliche. »Einfache« Kämpfe reichen Henry nicht mehr aus. Von nun an geht es auf Leben und Tod."

Bezug zur Gegenwart / Inspiration zum Buch:
"In einem der spektakulärsten Entführungsfälle der USA hielt Phillip Garrido ein Mädchen 18 Jahre lang gefangen. Während dieser Zeit missbrauchte der Entführer Jaycee Lee Dugard und zeugte mit ihr zwei Kinder.
Natascha Kampusch war das Opfer der längsten Freiheitsentziehungen der neueren Geschichte Österreichs. Die damals zehnjährige Österreicherin wurde 1998 vom Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil in Wien entführt und länger als acht Jahre in seinem Haus gefangen gehalten.
Wenn man eine Person ohne Probleme über viele Jahre gefangen halten kann, muss das auch für mehrere Personen gelten, vorausgesetzt man hat entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung und ist besessen von diesem Gedanken."


Schreibstil:
Martin S. Burkhardt zeigt sich mutig und gewagt. Wie es sein Klapptext schon verspricht: dieses Buch ist heftig und keine leichte Kost, auch für hartgesottene geht dieses Buch an Grenzen und noch einen Schritt weiter… Der Autor bewegt sich damit auf gewagtes Gebiet. Kein Mainstream und kein Stoff für die große Zielgruppe. Ein Nischenbuch mit durchdachter Umsetzung und bewusster Provokation. Der Thrillerautor Martin S. Burkhardt schreibt ungefiltert, geradeaus und abgrundtief offen. Das ist seine Stärke. Beim Lesen möchte ich am liebsten die Hände vor Augen halten und zwischen den Fingerspitzen hervorlinsen um doch nichts zu versäumen. Gekonnt wechselt der Autor zwischen den Zeitebenen, somit entspringen zwei gleichstarke Handlungsstränge die aus der Vergangenheit und Kindheit des Protagonisten und Psychopathen Henry berichten, seine Gegenwart in den 80iger Jahren darstellen und einen dritten Handlungszweig bis ins Jahr 2010 formen. Dieser gelungene Wechsel der Perspektiven bringt enormes Tempo und die enorme Facette der gestörten Seele und der menschlichen Abgründe und schlussendlich der eigenen Phantasieblase der absoluten Isolation und des eigenen „Königreichs“ zur Geltung! Die Gedankenwelt des Psychopathen, dieser geschundenen Seele, wird unheimlich plastisch und nagend dargestellt. Von seinen kindlichen Qualen, Traktionen, Missbrauch und Schande genährt ist er zu einer Ausgeburt der Wut, Rache, Lust und Faszination des Schmerzes herangewachsen. Wer harten Nervenkitzel, blanke Wortwahl, ungefilterten Stil und gewagte Themen liest, der sollte ein Auge auf Martin S. Burkhardts Titel werfen. Für mich reicht sein ungefilteter, erschütternder Stil schon fast ins Genre „Hardcore“. Eigentlich bin ich dieser Art Thriller völlig verfallen. Aber dass, was der Autor uns hier so gnadenlos in seinem Spiel, in diesem Wettkampf um Leben und noch mehr Tod bietet, das geht selbst mir etwas zu derb an die Sache und an die Nieren. Schluck* Von provozierend, bis bestialisch zu ekelig und dann wieder ganz mitleiderregend (dieser arme kleine Junge, kein Wunder…). Ja, dieser Autor traut sich was und beansprucht seine Leser. Das kann einschlagen und begeistern wie eine Bombe, oder abstoßen und anwidern. Man darf sich überraschen lassen, wie sein Stil auf einen selber wirkt. Die „Fisherman´s Werbung“ hat es einst auf den Punkt gebracht: Sind sie zu stark, bist du zu schwach! So verhält es sich auch mit dem Schreibstil des Autors Martin S. Burkhardt und seiner Umsetzung und Handlung. Er hat eine ganz besondere Art, für Nervenkitzel zu sorgen, er schafft es gleich zu Beginn mit einer angespannten Stimmung den Leser an die Seiten zu fesseln. Das Buch stößt ab und zieht gleichzeitig an. Autor Martin S. Burkhardt nutzt die talentierten Werkzeuge, um einen packenden und erschütternden (Psycho-)Thriller zu Papier zu bringen. Regelrecht routiniert versetzt er den Leser in Unglaube und Entsetzen. Erschreckende Einblicke in ein krankes Seelenleben und Gedankengut, die Frucht einer missbräuchlichen Kindheit, Henry! Spannungsgeladen und schonungslos führt Autor Martin S. Burkhardt den Leser in die komplizierte Welt der kranken Psychen und menschlichen Abgründe ein. Gnadenlos nennt er die Dinge beim Namen und führt unerbitterlich und gnadenlos seine Handlung bis zum äußersten Rand des erträglichen. Er sorgt somit für ungefiltertes Entsetzen und Sprachlosigkeit. Der Autor besitzt einen sehr durchdringenden Schreibstil mit psychologischen Noten. Sein Wiedererkennungswert ist hier zweifellos der gnadenlose und direkte Ton und die psychologischen Aspekte in die Seele der Gestörten und Mörder zu blicken.



Charaktere:
Der Autor beschreibt hier äußerst fesselnd und eindringlich, wie sehr das kindliche Leben und die kindliche Seele durch Missbrauch, Gewalt und Schikane aus den Angeln gerät und eine so junge Seele bis auf Lebzeit Narben und Früchte der erfahrenen Schrecken und Schmerzen trägt. Wenn man aus Henrys Kindheit liest, so wird es dem Leser ganz anders zumute. Wie können Eltern ihrem Sohn solche Grausamkeiten antun? Was ist da schlimmer? Der Hohn und die Schikane des Vaters? Oder die Nähe und intensive unsittliche Berührung der Mutter? Hier neigt der Leser zu Mitleid und Missverständnis. Aber auch ganz besonders intensiv stellt der Autor die Denkmuster des Grauen und des eigentlichen Stars des Thrillers hier vor. Tiefe Einblicke in die schlimmsten Gedanken. Krass und schonungslos. Dass was aus Henry geworden ist, der König, dass lässt sich auch mit seinen Erlebnissen seiner Kindheit kaum erklären oder entschuldigen… Sein Größenwahn, sein Imperium, sein ganzes Konstrukt, sein Genie dahinter, die Manipulation seiner Untertanen, sein Königreich und die immer wachsende Macht und der Wunsch nach mehr… Aber auch die besonderen Nebenschauplätze und Nebencharaktere werden sehr gelungen skizziert. Ich habe zwar kaum oder gar keine Nähe zu auch nur einer Person aufbauen können, aber das liegt wohl auch an der Schwere der Thematik, zum anderen aber auch daran, dass mir das Stilmittel zur Präsentation der Charaktere nicht gänzlich gefallen hat. So spricht der Autor über die Jugendlichen und Erwachsenen in Henrys Imperium „Freie Erde“ stets sehr blumig und nennt die Charaktere sehr oft beim Namen. Das wirkt im Lesefluss auf mich etwas stockend und zu berichtend. Nicht ganz flüssig und daher sehr distanziert.
Loben möchte ich hier dennoch das breite Spektrum an Psychogrammen und Charakterstudien. Auch hier darf sich der mutige Leser auf Grenzerfahrungen und Grenzübertritte freuen. Das unterirdische Imperium des Psychopathen, seine eigene isolierte Welt, sein Königreich seiner Lust, wird von unheimlich vielseitigen Protagonisten gehalten, die ein weites Netz flechten und ein ungeahntes Ausmaß annehmen. Das Böse bekommt ein Gesicht und eine Struktur. Der Autor bietet eine ausgefeilte Zusammenstellung an Rollen und Nebenrollen in seinem Buch. Ein unfassbarer und harter Thriller, der unvergessen bleibt und noch lange einen Schauer bereitet, gerade durch diese sehr intensiven Gräueltaten und Machtspiele bis einer von zweien stirbt. Der Opfer-Täter-Status ist zwar augenscheinlich zunächst klar definiert und wird zum Ende der Story der reinste Albtraum mit überraschender Wendung...

Meinung:
Das ganz besondere an diesem Thriller ist, dass er sicherlich nicht für die breite Leserschaft geschrieben wurde. Es ist ein Werk, welches Provoziert, abstößt und ein dickes Fell beim Leser erfordert. Dieses dicke Fell war bei mir nun leider nicht dick und dicht genug. Ich mag kontroverse Themen, ich mag an meine Grenzen stoßen, ich mag Herausforderungen und ich mag es andere Blickwinkel zu bekommen. All das erfüllt dieses Buch. Unter Garantie. Doch wie geht man mit dem Gelesenen um? Wie wirkt es auf den Leser? Wie lassen sich diese krassen Inhalte und diese schonungslose Art verdauen?.... Das war dann der nächste Punkt für mich als Leser. Und hier muss ich leider eine Tür bei mir schließen, denn mir war es ehrlich gesprochen doch etwas zu hart und abstoßend. Durch das Cover war ich bereits gewarnt. In den ersten Kapiteln ist meine Neugier dann in Skepsis gewechselt und resümierend in Abstoßen gewandelt. Leider nicht ganz mein Geschmack und mein aushaltbares Maß. Dies zu meiner Geschmacksfrage! Aber das Werk möchte ich dennoch objektiv und fair bewerten, auch wenn mir die Handlung einfach zu arg heftig war, denn die Umsetzung ist gelungen. Das Talent des Autors stelle ich keineswegs in Frage. Die Zielgruppe, die er versucht zu erreichen wird er finden. Ganz sicher. Wer sich von dem Cover angesprochen fühlt, Computerspiele und Grenzerfahrungen mag, der wird hier den idealen Lesestoff finden. Meine Lesefaszination gilt der Komplexität und der fesselnden Idee dahinter. Das Imperium, welches sich der Psychopath hier geschaffen hat, lässt sich beinahe bewundern. Seine Gier, seine Lust und seine Spielchen sorgen für Gänsehaut und Schauer. Das bringt der Autor Martin S. Burkhardt an seine Leser. Die Ereignisse im Buch haben mich sofort geschockt, leider konnten sie mich nicht gefangen nehmen. Die Kämpfe sind echt hart, auch der Drill dahinter und das Leben ohne Tageslicht und Zivilisation schocken doch sehr. Ich musste sehr oft Schlucken und mich durchringen weiterzulesen. Gestört habe ich mich daran, wie der Autor seine Charaktere in Henrys Königreich beschreibt. Hier gefällt mir der Stil einfach nicht. Wie soll ich das beschreiben, woran liegt das? Ich denke es kommt daher, dass der Autor die Opfer / Kämpfer und Kontrahenten so oft mit Namen anspricht und dann etwas blumig redet. Das passt irgendwie nicht zum Rest… Henry hingegen wird ganz anders skizziert und trifft beim Leser auf einen ganz anderen Nerv. Da lobe ich die Umsetzung. Unglaublich faszinierend empfand ich das Leben der Gefangenen, die nichts von der Außenwelt ahnen und ihrem König so sehr dankbar sind, dass er alles tut um sie vor Kontaminationen zu schützen. So arglos, so willenlos, so naiv… Sprachlos. Zudem lobe ich den derben Ton des Autors und das Gespür für stimmige und authentische Dialoge mit etwas Ironie und Sarkasmus. Das gehört einfach zu einem guten Thriller dazu, um kleine Ruheoasen für den Leser zu schaffen. Einige kleine Nebenhandlungen lenken immer wieder gekonnt von den Spitzen des Perfiden ab, und können so immer wieder neu bis aufs Unerträgliche entfacht werden. Für mich war dieser Thriller jedoch unerwartet zu heftig und derb. Vielleicht muss ich in besserer Stimmung sein, um solche Härte zu ertragen. Ich habe, das muss ich fairerweise zugeben, einige Seiten nicht weiterlesen wollen und die Passagen nur überflogen, da es mir doch zu krass und ungefiltert kam. Daher ziehe ich einen und einen halben Stern in der Wertung ab. Meine 3,5 Gänsehautsterne runde ich aber gern zu 4 vollen Sternen auf.

Cover:
Dieses Cover deutet schon auf einen harten und blutigen Thriller hin. Hier gibt es kein Entrinnen und die Hoffnung verschmiert sich in einem hilflosen Ringen. Ein Spiel um Leben und noch mehr Tod. Es weckt Neugier und wirft Fragen auf. Dadurch ist es thrillertypisch sehr gut gelungen. Es provoziert, wirkt blutig und tödlich und birgt knallharten Inhalt. Ich finde dieses Cover einfach nur abstoßend, aber das machte es dann wiederum interessant!

Der Autor:
"Martin S. Burkhardt, Jahrgang 1970, hat eine grundsolide kaufmännische Ausbildung absolviert, Pressearbeit für verschiedene Theater gemacht und als freier Redakteur gearbeitet. 2002 gründete er die Musicalzeitschrift »Blickpunkt Musical«, kurze Zeit später die »Akademie Modernes Schreiben«, deren Geschäftsführer er ist.
2007 war er unter den Finalisten beim »rotfuchs Schreibwettbewerb«. Seitdem gilt seine große Leidenschaft der Gänsehaut anderer Leute und dem Verfassen unheimlich gruseliger Geschichten."

Fazit:
Psychologisch ausgefeilt und hammerhart! Mit Rasanz, Logik und sehr schlau und komplex. Abgründig, erschreckend und beklemmend. Für Hartgesottene... für mich momentan leider doch etwas zu hart und zu offen und geradeaus! Schluck* Das Buch ist einfach gut gemacht und talentiert umgesetzt. Auch wenn es nicht gänzlich meinen Lesegeschmack getroffen hat, so möchte ich für die gute Umsetzung und Struktur nicht weniger als 4 Sterne vergeben. Dieses Buch sucht seine besondere Zielgruppe!
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