Das Bilderbuch „Hier sind wir“ von Oliver Jeffers hat mir vor einigen Jahren sehr gut gefallen. Dazu werde ich bei Apple+ in der Kinderfilmsektion immer wieder daran erinnert, weil es eine Kurzfilmadaption dazu gibt, die ich allerdings noch nicht geguckt habe. Darum habe ich „Was wir bauen“ auch gleich in den Korb gepackt, als ich es jetzt kürzlich in der Bibliothek entdeckt habe. Mein Sohn liest ja Bilderbücher nur noch selten mit, weil er sich lieber in laaaangen Romanen vertieft, also sind Bilderbücher reine Wellness für mich geworden. Und so habe ich mich schon auf Wellness-Zeit mit diesem Buch gefreut.
Bei den ersten Seiten war das auch noch so. Die wunderschönen Bilder, bei denen es viel zu entdecken gibt, haben mich begeistert, genauso wie die positiven Texte.
„Mit Werkzeug kannst du viel bewegen.“
Und dann das niedliche Schweinchen, das immer wieder auf den Seiten auftaucht.
Aber nachdem Vater und Tochter erst eine Tür, ein Haus und eine Uhr gebaut haben, bauen sie auch eine Mauer „gegen das Böse“. Hm, erstmal ja nichts Schlechtes, denn Grenzen ziehen ist ja durchaus wichtig, erst recht gegen Menschen, die einen wirklich schaden wollen. Nun, gut, ich hatte trotzdem schon eine ungute Assoziation, weil ich die Mauer zu Mexiko und Europas Abschottung denken musste, denn wer bestimmt, wer Böse ist. Aber vielleicht löst es sich ja richtig auf. Doch leider blieb das Bild nicht stimmig, denn weiter geht es mit:
„Gewinnen, verlieren – beides muss sein,
sperr auf das Tor und lass sie herein.“
Und dann stehen ein Wikinger, eine Hexe, ein Arzt mit Mundschutz und Spritze und ein Pirat reumütig im geöffneten Tor. Danach entschuldigen sich alle. Argh, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll: Soll der Arzt jetzt sich für Impfungen entschuldigen? Sorry, aber die Assoziation kommt mir schon, weil das Buch ja nach 2020 entstand. Und falls das nicht intendiert ist, ist das Bild echt sehr, sehr unglücklich gewählt. Zwei der vier „Bösen“ werden auch über ihr Äußeres so markiert, auch ableistisch. Muss das sein? Wenn die vier wirklich böse waren, warum wird ihnen VOR der Entschuldigung die Tür geöffnet? Das ist in Bezug auf Grenzsetzungen, die Kinder ja aus wichtigen Gründen ziehen sollen, jetzt nicht wirklich hilfreich. Ich drehe es hin und her, wie ich möchte, aber es kommt keine (auch bei Kinderbüchern manchmal wichtige) Mehrdeutigkeit heraus, sondern jede Deutung ist irgendwie ungünstig. Was sollen Kinder da genau für sich mitnehmen? Und es geht einfach in so sensible Bereiche wie Grenzziehung und gleichzeitig Offenheit und Vorurteilsfreiheit rein, da sollte es weder Kinder noch Eltern Knoten in den Kopf machen. Besonders, das die Zielgruppe doch noch wirklich jung ist.
Daher leider nur 2 Sterne, da kann der Rest noch so schön sein.