Rezension
„Untreue“ war mein erstes Buch von Paulo Coelho. Ich kannte nur Artikel, meist spiritueller Art, von ihm. Umso mehr überraschte mich der Roman.
Er las sich flüssig, allerdings stolperte ich gleich zu Beginn über eine Szene, die ich unglaubwürdig fand. Bei ihrem ersten Treffen nach mehreren Jahren befriedigte Linda Jacob oral in seinem Büro. Welche Frau tat so etwas, habe ich mich gefragt. Im Verlauf der Geschichte steigerte sich Linda in eine obsessive Verliebtheit hinsichtlich Jacob hinein. Ihr Gemütszustand nahm psychotische Züge an. Sie plante, seiner Frau zu schaden, und beging erste Vorbereitungshandlungen. So machte für mich die eingangs erwähnte Szene einen Sinn, zeigte sie doch das übergriffige Naturell Lindas. Dann aber entwickelte sie sich wieder weg aus der Psychose. Diese Entwicklungen konnte ich nicht nachvollziehen. Die Figur Linda blieb mir ein Rätsel.
Auch die anderen Personen des Romans waren für mich nicht lebendig gezeichnet. Sie waren Klischeés. Der verständnisvolle Ehemann, die eifersüchtige betrogene Ehefrau, der schwache, aber machthungrige Liebhaber. Keinen konnte ich mir als Person vorstellen, mit keinem von ihnen konnte ich mitfühlen.
Außerdem langweilten mich die seitenlangen Belehrungen – über Religion, Bücher, die Bibel, das Leben und die Liebe.
Gefallen haben mir die Szenen, in denen Linda mit der Ehefrau Jacobs konfrontiert wird und die schamanische (Traum-)Reise zum Schluss.
Nach der Lektüre dieses Buches blieb mir verborgen, warum Paulo Coelho ein Bestsellerautor ist.