Cover des Buches Engelskalt (ISBN: 9783442482252)
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Rezension zu Engelskalt von Samuel Bjørk

Kein schlechtes Thriller-Debüt...

von parden vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Kein schlechtes Debüt von Samuel Bjørk, auch wenn Wahnsinn, Zufälle und die Vielzahl angerissener Themen ein wenig zu viel bemüht werden...

Rezension

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pardenvor 9 Jahren
KEIN SCHLECHTES THRILLER-DEBÜT...

Es sieht aus wie ein Engel,
das tote Mädchen,
das an einem Baum im Wald hängt -
um den Hals ein Schild:
ICH REISE ALLEIN

Doch allein wird es nicht bleiben...



Eigentlich gab es die Osloer Spezialeinheit nicht mehr, seit es von einger Zeit einen unschönen Vorfall gegeben hat. Doch nun wird das alte Team um Kommissar Holger Munch eilig zusammengetrommelt, denn bei Kindsmord müssen einfach schnelle Erfolge her. Alle sind beisammen, selbst ein neuer IT-Spezialist ist gefunden, nur eine fehlt noch. Mia Krüger.
Zurückgezogen hat sich die junge Polizistin, deren Spürsinn in Norwegen legendär ist. Auf einer einsamen Insel betäubt sie ihre Depression nach dem Tod ihrer Zwillingsschwester mit Alkohol und Medikamenten, lebt nur noch auf den Tag hin, an dem sie ihren Suizid geplant hat. Als Munch dort auftaucht und ihr gegen ihre Widerstände Fotos vom Tatort vorlegt, erkennt sie, was niemand sonst gesehen hat. Es wird nicht bei dem einen Opfer bleiben...

Schneller als erwartet wird auch tatsächlich ein zweites totes Mädchen gefunden, wie bereits das erste in Puppenkleider gehüllt am Baum hängend, mit einer Schultasche auf dem Rücken und einem Schild um den Hals: 'Ich reise allein'. Und deutlich ist: die Ermittler müssen schnell sein, um weitere Todesfälle zu verhindern. Doch immer, wenn sie einen Zipfel neuer Erkenntnisse zu greifen meinen, geschieht wieder etwas Neues, der Täter treibt das Spiel voran. Wie beim Schach plant der Täter die Züge der Ermittler offensichtlich im Vorfeld ein, ist ihnen aber stets um einige Züge voraus. Eine hoffnungslose Partie?

Samuel Bjørk erfindet hier das Rad nicht neu mit seinem Thriller-Debüt, setzt aber doch andere Schwerpunkte. Statt viele Einblicke in die Ermittlungsarbeit zu bieten, bleibt er schwerpunktmäßig eng bei den Personen Holger Munch und Mia Krüger. Dabei lässt er sich Zeit bei der Darstellung der persönlichen Verhältnisse und Befindlichkeiten der beiden, so dass sich für den Leser schon bald plastische Charaktere herausbilden.
Holger Munch, der Leiter der Spezialeinheit, übergewichtig, extremer Raucher, 54 und privat eher einsam - allein seine Enkelin Marion vermag seine Tage zu erhellen. Und Mia Krüger, 'Mia Mondstrahl', weil immer schon eine kleine Indianerin in ihr steckte, schwer depressiv, lebensmüde, alkohol- und tablettensüchtig, vollkommen auf sich zurückgeworfen, beruflich aber mit einer ungeheuren Beobachtungsgabe und Intuition ausgestattet, die sie zu einem unverzichtbaren Teil der Spezialeinheit macht.

Vielleicht bemüht Samuel Bjørk ein paar Themen zu viel in diesem Debüt. Klar ist, weshalb er diese Vielzahl einsetzt: Verwirrung, die Frage nach Zusammenhängen, die Atemlosigkeit der Ermittler. Aber auf die Art kann der Autor manchem Thema nicht so gerecht werden, wie es das ansonsten verdient hätte. Psychische Erkrankungen, Kindesentführung, Mord, Sekten, Drogenmissbrauch, Kindesmisshandlung und -vernachlässigung, Selbstjustiz, Rache... Alles Themen, die teilweise eines eigenen Thrillers wert wären, in dem Konglomerat gehen sie teilweise leider eher unter...
Auch die Vielzahl an psychischen Erkrankungen und teilweise auch das Strapazieren von Kommissar Zufall sind für mich hier manchmal des Guten ein wenig zu viel.

Die Kritikpunkte sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um einen durchaus unterhaltsamen Thriller handelt, flüssig geschrieben, verwirrend in den zahlreichen parallelen Handlungssträngen, trotz mancher Vorhersehbarkeit auch in die Irre führend und nicht zuletzt mit interessanten Charakteren.
Der Beginn einer Reihe, wie ich lesen konnte. Und gerne würde ich auch die weiteren Fälle der Sondereinheit um Holger Munch und Mia Krüger verfolgen, denn dieses Debüt verspricht in jedem Fall eines: Potential.



© Parden
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