Cover des Buches Mr. Lawrence, mein Fahrrad und ich (ISBN: 9783463406565)
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Rezension zu Mr. Lawrence, mein Fahrrad und ich von Shelly King

Wie Bücher das Leben verändern können

von 19angelika63 vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Eine schöne Geschichte über Menschen die Bücher lieben, das Erwachsen werden und die verworrenen Wege der Liebe ...

Rezension

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19angelika63vor 9 Jahren
Klappentext
Maggie hat gerade ihren hochdotierten Job in einem kalifornischen Internet-Start-up verloren und findet Trost im chaotischen Antiquariat um die Ecke. Statt auf Jobsuche zu gehen, liest sie eine Schmonzette nach der anderen, freundet sich mit dem schrulligen Besitzer von an und lernt nebenbei den geheimnisvollen Fahrradfreak Rajhit kennen.
Ihr bester Freund indessen sorgt sich um Maggies Karriereplanung und verschafft ihr Zutritt zum Lesezirkel einer wichtigen Managerin im Silicon Valley. D. H. Lawrence‘ Lady Chatterley steht auf dem Programm. Als Maggie die uralte Ausgabe im Dragonfly aufschlägt, entdeckt sie einen in das Buch gekritzelten Briefwechsel, der sie augenblicklich in ihren Bann zieht. Die leidenschaftlichen Botschaften zwischen zwei unbekannten Liebenden bewegen die junge Frau zutiefst und eröffnen ungeahnte Türen in ihrem eigenen Leben …



„Doch die Leute kommen immer noch. Sie fragen mich nach einem wundersamen Elixier aus Papier und Wörtern, das ihre Enttäuschungen lindern und ihre erloschenen Leidenschaften zu neuem Leben erwecken könnte.“ (Seite 9)

Maggie hat ihren gut bezahlten Job verloren. Sie lebt in einer Mietwohnung die Hugo gehört. Dem alten Kauz gehört ein Antiquariat, in dem Maggie seit ihrer Kündigung täglich ist. Sie liest eine Schmonzette nach der anderen und verliert sich in Tagträumen. Eigentlich müsste sie sich nach einem neuen Job umschauen, doch die Welt ihrer Bücher hält sie gefangen.

„Ich liebte sein Lachen. Gänse, die in diesem Moment über unsere Köpfe hinwegflogen, würden zur Landung ansetzen und sich nach anderen Schnattergefährten umschauen, wenn sie dieses göttliche Lachen hörten.“ (Seite 56)

Ihr bester Freund Dizzy macht sich Sorgen und versucht ihr einen neuen Job zu verschaffen. Als in einer Leserunde, den eine bedeutende Managerin leitet zwei Plätz frei werden, schleust Dizzy sich und Maggie rein. Es wird Lady Chatterley gelesen. Das Buch, welches Maggie von Hugo aus dem Antiquariat bekommen hat, beinhaltet aber nicht nur die Geschichte um Lady Chatterley, sondern auch die geheimnisvollen Botschaften zweier Liebenden. Henry und Catherin haben sich Botschaften auf den Rändern der einzelnen Seiten mitgeteilt.

Das Buch, das er jetzt jedoch aus der Tasche zog, war ein Roman – ein Paperback mit einem Cover in Erdtönen, harten Kanten und einem festen Rücken. Ich konnte es sogar von meinem Platz riechen – den würzigen-borkigen Geruch frisch geschnittenen Papiers. Meine Fingerspitzen fingen an zu prickeln, wenn ich an den jungfräulichen unberührten Einband dachte. Es war ein schmales, zartes Ding, wie ein frisch geschlüpftes Küken.“ (Seite 22)

Maggie ist fasziniert von den Botschaften, die sich die beiden geschrieben haben. Sie kann sich nicht vorstellen, dass man jemanden so sehr lieben kann. Sie möchte wissen wer die beiden sind und stellt Nachforschungen an. Doch leider bekommt sie die Identität von Henry und Catherin nicht heraus. Auch nicht, nachdem sie die Botschaften der beiden im Internet veröffentlicht hat.

„Henry, wir können nur als die Menschen existieren, die wir auf diesen Seiten sind. Als Menschen aus Fleisch und Blut geht das nicht. Allein in diesem Buch ist das möglich. Hier ist der Ort, an dem wir einander gehören.
Catherine

Ich weiß, du hast Angst. Doch Angst ist nichts Wirkliches. Sie ist nur ein Gefühl, vermischt mit Erinnerungen. Angst ist nur dann gefährlich, wenn sie uns von dem fernhält, was wir wollen. Und ich will dich.
Henry „ (Seite 128/ 129)

Bei all dem geht Maggies Leben weiter. Sie trifft auf Rahjit und verliebt sich in ihn. Doch ihre Liebe steht unter keinem guten Stern, und so gehen ihre Wege bald wieder auseinander. Auch ein Jobangebot entpuppt sich anders als erwartet. Langsam wird Maggie klar, dass sie ihr Leben in die Hand nehmen muss …

„Er schaute mich an, als wollte er mir eine Frage stellen, und das machte mich aus irgendeinem Grund schon wieder nervös – die schöne Art Nervosität, die dich überkommt, wenn du allein mit jemandem bist, der dir gefällt, weil du Angst davor hast, er könnte genau das sagen, was du hören möchtest, und du könntest für nichts mehr garantieren. Doch da war auch noch etwas anderes, dieses ganz leichte Beben unter der Haut, dieses Gefühl, das alles möglich ist. Selbst der leiseste Atemzug könnte Burgen zum Einsturz bringen.“ (Seite 83)

Ich bin sehr gut in die Geschichte rein gekommen. Die Sprache ist sehr schön und plastisch. Die Buchhandlung, wie auch die einzelnen Charaktere werden sehr detailliert beschrieben. Als Leserin habe ich das Gefühl mitten im Dragonfly zu sein. Mit Maggie in einem der Sessel zu sitzen und zu lesen. So stellt sich, glaube ich, jeder Leser eine gemütliche Buchhandlung vor. Man riecht die alten und gebrauchten Bücher, hört das rascheln der umschlagenden Buchseiten … einfach wunderschön.
Mir sind sie ans Herz gewachsen. Vor allem Maggie und Hugo. Bei beiden kann man die Liebe zu Büchern förmlich spüren.

„“Das Problem bei gebrauchten Büchern ist“, erklärte Hugo, „dass sie ihre Vergangenheit mit sich herumtragen. Sie werden nicht druckfrisch in Kisten verpackt und in einen Laden geschickt, sondern Leute überlassen sie uns, die sie nicht mehr haben wollen. Wie Waisenkinder aus einem Dickensen-Roman. Sie werden ausrangiert, wenn ihre Besitzer ihr Leben ändern. Bei einem Umzug sind sie zu schwer oder nehmen zu viel Platz weg. Und so landen sie hier. Wir müssen sie von ihrem früheren Leben befreien, damit sie zu denen weitergehen können, die sie wirklich wollen.““ (Seite 172/ 173)

Dieser Roman zeigt, dass Bücher Balsam für die Seele sein können. Aber auch, dass es nicht einfach ist eine Buchhandlung zu führen. Wie groß der Konkurrenzdruck der Ketten ist, vor allem wenn man alte und gebrauchte Bücher anbietet. Buchhandlungen müssen heute nicht nur die örtliche Konkurrenz im Auge behalten sonder auch die digitale. Wer nicht mithalten kann ist schneller von der Bildfläche verschwunden als er denkt. Bei aller Romantik die eine Buchhandlung für den Leser hat, ist es dennoch ein knallhartes Geschäft. Oftmals auch ein Überlebenskampf.

„Buchläden sind romantische Wesen. Sie verführen dich mit ihren Waren und brechen dir das Herz mit ihren Problemen.“ (Seite 331)

Es ist aber auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden, dem sich stellen von Herausforderungen und die verworren Wege der Liebe …

„Ich glaube, ich hatte mich immer davor gefürchtet, was die Liebe für mein Leben bedeuten könnte, weil ich Angst davor hatte, sie könnte Kontrolle über mich ausüben und ich müsste zu viel dafür aufgeben. Doch in Wahrheit sind die Opfer, die man der Liebe bringt, gar keine Opfer. Sie sind Notwendigkeiten. Und es wäre ein Verbrechen, würde man sie aus den falschen gründen bringen.“ (Seite 324)

Mich hat dieses Buch verzaubert. In vielen Textpassagen habe ich mich als bibliophiler Mensch wiedergefunden und ich habe jede Sekunde mit Maggie und den anderen im Dragonfly genossen, denn …

Wo ist die menschliche Natur
schwächer als in einem Buchladen?
Henry Ward Beecher



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