Cover des Buches Als ich heute Morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte (ISBN: 9783423216159)
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Rezension zu Als ich heute Morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte von T. C. Boyle

Die besten Erzählungen von T. C. Boyle

von BluevanMeer vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Vakuumverpackte Liebe, kauzige Typen, Endzeitstimmung. Absolute Highlights neben guter Unterhaltung, macht in jedem Fall sehr viel Spaß.

Rezension

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BluevanMeervor 8 Jahren
T.C. Boyle ist einer meiner Lieblingsschriftsteller geworden. Denn ich habe das Gefühl, dass ich mit seinen Romane nie etwas falsch machen kann. Ich mochte Dr. Sex, ich fand Drop City genial. Und ich bin vor kurzem auf diese Kurzgeschichtensammlung von ihm gestoßen.

Als ich heute Morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte umfasst acht Kurzgeschichten mit epischen Titeln wie Torschlusspuder oder Chicxuluclub. Wörter, von denen ich noch nicht einmal genau wusste, was sie denn jetzt eigentlich bedeuten sollen.

Schon die erste Kurzgeschichte hat es in sich. Es geht dem Titel nach um “Moderne Liebe”, es geht um die Angst vor Infektionen und ein Sagrotantuch-Mädchen und ein Ganzkörperkondom und der letzte Satz zieht dir die Schuhe aus.

In “Wenn der Fluss voll Whiskey wäre”, geht es um einen verzweifelten Familienvater, dessen Ferienidylle große Risse bekommt und in der “Windsbraut” sucht eine Vogelfotografin die Liebe und breitet dann ihre Schwingen weiter aus, als irgendjemand erwarten konnte.

Es geht um verschwundene Töchter, kaputte Lebensentwürfe, verzweifelte Liebe und Gefahren, die bis zu apokalyptische Bedrohungen ausufern. Es geht um Familien, die aus Angst vor den Auswirkungen der zivilisierten Welt auf das eigene Seelenleben in die Wildnis fliehen und um ein Pärchen, das die Wildnis in Form einer Raubkatze ins eigene Wohnzimmer holt. Mensch vs. Natur und wer den Kürzeren ziehen wird, ist relativ klar.

Kurzgeschichten gefallen mir besonders gut. Egal ob Alice Munro oder Julie Orringer, bisher habe ich mit Kurzgeschichtensammlungen noch nie etwas falsch gemacht. T. C. Boyle ist da keine Ausnahme. In den acht Erzählungen sind seine Helden cool und kaputt und gleichzeitig manchmal so normal, dass es fast weh tut. Sie manövrieren sich in ausweglose Situation und müssen sich auf einmal vor vollendete Tatsachen stellen. Ein kleiner Moment erzählt auf einmal das ganze Leben und bestimmt alles, was noch kommen wird.


Ich wollte sagen, dass ich keinen Platz hatte für das Tier, dass ich keine Katze welcher Art auch immer wollte und auch kein Meerschweinchen oder einen Fisch in einer Glaskugel, dass die zehn Dollar unwichtig waren, aber alle sahen mich an, und ich konnte keinen Rückzieher machen, ohne dass mir die Schamesröte ins Gesicht gestiegen wäre – und Daria war ebenfalls zu berücksichtigen, weil auch sie mich ansah. “Ja”, sagte ich. “Ja, okay, klar.” (Zähne und Klauen, S. 189)

Boyles Helden scheitern, ohne hilflos zu wirken. Das macht sie so sympathisch.

Wenn ihr Lust habt auf ein kleines bisschen Rock’n’Roll zwischendurch und euch Hart auf Hart gerade zu lang ist, könnt ihr ja einen Blick auf Boyles Short Stories werfen. Einige Geschichten gefallen mir deutlich besser als andere, vielleicht weil die Punch Line im letzten Satz sitzt. Die Sammlung macht auf jeden Fall sehr viel Spaß!
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