Cover des Buches Ab die Post (ISBN: 9783442464227)
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Rezension zu Ab die Post von Terry Pratchett

Post greift Internetz an

von awogfli vor 9 Jahren

Rezension

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awogflivor 9 Jahren
Als ich vom Tod des Lieblingsautors meiner Studienzeit - Terry Pratchett - erfuhr, zog ich sofort einen der Schmöker aus meinem ansehnlichen Scheibenwelt SUB (Stapel ungelesener Bücher 23 gelesen/ 8 ausständig) hervor, und schwelgte im Andenken an den Autor.

Normalerweise ist ein Buch nicht gut, wenn ich allzulange zum Lesen benötige, diesmal stimmt aber meine persönliche Faustregel gar nicht. Mehrere Rezensionstermine und Lesegruppen zwangen mich, diese höchst vergnügliche Lektüre zu unterbrechen und ein paar Mal zur Seite zu legen.

In meiner letzten Pratchett Rezension vor ca. zwei Jahren bemängelte ich trotz des Ideenfeuerwerks von Erfindungen und Figuren die flache Story dahinter. "Ab die Post" ist aber ganz anders: Diese wundervolle Geschichte der Post- und Telekommunikationsindustrie, gewürzt mit einer gehörigen Portion Kapitalismuskritik, portiert auf das Fantasy Universum der Scheibenwelt, hat mich restlos begeistert. Es wäre aber nicht die verdrehte Sicht von Pratchett, wenn nicht einiges diametral entgegengesetzt zu unserer Realität laufen würde. :D

Die marode, Telekom-Industrie liegt darnieder. Das privatisierte Internet (Klacker) funktioniert mangels Investition und Wartung der Infrastruktur mehr schlecht als recht, die privaten Investoren saugen das Unternehmen und die Mitarbeiter aus. Die wütenden Kunden können sich zwar beschweren, das nutzt aber infolge der Monopolstellung des "großen Strangs" überhaupt nichts.
Dem talentieren Gelegenheitsbetrüger Feucht von Lipwick wird durch dubiose Umstände die Leitung der guten alten, quasi stillgelegten Post übertragen, und plötzlich mischt ein alter bzw. brandneuer Konkurrent den Markt auf. Die historische Post fordert das moderne Internet heraus!

Das ist so herrlich komisch, verrückt, verdreht und trotzdem auf unsere Zeit anzuwenden, dass es eine Freude ist. Augenzwinkernd werden, Kostendruck, Rationalisierung, Lean Management, feindliche Firmenübernahmen, Finanzblasen, Korruption, Leader Boards, die die Verantwortung hin und her schieben, Bürokratie, Kadergehorsam, Medienmanipulation, Public Relations...auf die Schippe genommen. Irgendwie ist es ein vergnügliches fast schon betriebswirtschaftliches Lehrstück, wohin der Turbokapitalismus auch in der Scheibenwelt die Gesellschaft führen kann.

Für mich war die Geschichte besonders witzig, denn ich arbeite seit 1988 in dieser Branche - ich glaub ich werde das Buch meinem Ex-Chef empfehlen

Fazit: Absolute Leseempfehlung!
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