Cover des Buches Baba Jaga (ISBN: 9783455600001)
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Rezension zu Baba Jaga von Toby Barlow

Nur für Liebhaber

von LaElla vor 9 Jahren

Rezension

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LaEllavor 9 Jahren

Léon Vallets Leiche wird aufgespießt an einem Torbogen gefunden. Doch wer ist der Mörder? Seine Geliebte? Dieser Frage geht Kommissar Vidot nach, während er im Appartment, in dem vor wenigen Stunden noch Léon und seine Geliebte Zoja zugange waren, nach Spuren sucht. Währenddessen sucht Zoja, eine schöne russische Hexe und Léons ehemalige Geliebte, schon nach ihrem nächsten Opfer. Denn sie und ihre Gefährtin Elga treiben immer wieder das gleiche Spiel: Reiche Männer verführen und ihnen alles, inklusive ihrem Leben, rauben. Will hat ganz andere Probleme, er arbeitet als verdeckter Agent der CIA in einer Werbeagentur, um an geheime Firmendaten seiner Kunden zu kommen. Doch bald kommt ihm jemand auf die Schliche und auch er muss um sein Leben fürchten. Sein einziger Lichtblick: die schöne Russin, mit der er eines Abends zufällig in der Pariser Metro ins Gespräch kam…

“Eine Frau verführen konnte jeder Idiot, doch seine Gefährtin zu kennen und zu lieben erforderte wahre Intelligenz. Frauen waren für Charles Vidot absolute, faszinierende Geheimnisse. Sie bewegten sich durch die Welt, als ob für sie eine andere Schwerkraft gälte, und gehorchten unübersetzbaren Forderungen des Körpers und der Seele.” (S. 53)

Das Paris der fünfziger Jahre, zwei russische Hexen, ein Polizist, der in einen Floh verwandelt wird und ein attraktiver Mann, der verdeckt für die CIA arbeitet. Das alles zusammen ergibt „Baba Jaga“, einen Roman, geschrieben von Toby Barlow, der in langer, oftmals ausschweifender Form erzählt, wie all diese Komponenten zusammenpassen. Je nach Person, die gerade erzählt, wechselt der Schreibstil von ausgeschmückten, liebevollen, zu kurzen, sehr vulgären Sätzen. Wem der Wechsel zwischen diesen zwei sehr extremen Erzählweisen nicht zusagt, wird mit Baba Jaga keine Freude haben. Für Liebhaber von verzierten, langen Satzgefügen dürfte es jedoch ein wahrer Schatz sein! Da der Roman abwechselnd aus mehreren Sichten erzählt wird und sich dementsprechend der Schreibstil ändert, fiel mir eine stete Konzentration auf den Roman mehr als schwer. Es war keinesfalls langweilig oder zog sich. Das Problem war eher, dass dieser extreme Wechsel den Roman zu einer schweren Kost machte, die mit Zeit genossen werden wollte. Wie vielleicht auffällt, gebrauche ich im Zusammenhang mit diesem Roman oft das Wort “extrem”. Aber kein anderes Wort kommt der Beschreibung von Baba Jaga näher. Dieser Roman ist in jeder Hinsicht etwas, was einem nicht alltäglich begegnet. Es beginnt schon bei den Charakteren, die unterschiedlicher nicht sein können, und der jeder für sich etwas Besonderes ist.

“Und er erstaunte über die seltsame Parallele, die zwischen Schmerz und Alter besteht, darüber, wie sorglos wir leben, solange wir jung und ohne Beschwerden sind, wie wir ohne den geringsten Gedanken physisch alles auf Spiel setzen, und erst wenn wir älter sind, wenn uns solch Elend in Knochen, Gelenk und Zahn zuteilgeworden ist, wenn unser Geruchs- und Geschmackssinn längst dahin sind und unsere Augen sich umwölkt und unsere Ohren sich zugeschmalzt haben – dass wir uns dann so besessen ans Leben klammern, so sehr darum kämpfen es fortzusetzen, obwohl wir nur noch wenig mehr als eine Kollektion von Qualen sind.” (S. 86)

Einen wirklichen Protagonisten gibt es dank der Erzählweise nicht, sodass sich das Meiste zwischen Zoja, Elga, Kommissar Vidot und Will aufteilt. Zoja und Elga sind zwei russische Hexen, die schon seit Jahrhunderten auf der Erde wandeln. Während Zoja, die jüngere der beiden, ein jugendliches Aussehen behalten hat, besitzt Elga die Erscheinung einer sehr alten Frau. Im Gegensatz zu der schönen, freundlichen, aber dennoch kaltblütigen Zoja, wird Elga ihrem Dasein als Hexe mehr als gerecht. Sie ist vulgär, gefühlslos und erbarmungslos, wenn es um das Erreichen ihrer Ziele geht. Da wundert es auch kaum, dass sie den armen Kommissar Vidot inklusive seines Kollegen in Flöhe verwandelt und ihrem Schicksal überlässt. Ab und an tauchen zwischen den Kapiteln Hexenlieder auf. Das sind kurze, sich über ein paar wenige Seiten erstreckende Lieder, die wie ein langer Zauberspruch in Gedichtform wirken. Während ich die Ersten paar noch aufmerksam durchgelesen habe, habe ich die Restlichen einfach nur noch überflogen. Das Gesagte ergibt manchmal überhaupt keinen Sinn und wiederholt Geschehenes unnötigerweise.

Fazit

„Baba Jaga“ von Toby Barlow ist vieles, nur nicht das, was ich mir von einer guten Unterhaltung versprochen hatte. Es war mir einfach „too much“. Zu extrem. Zu skurril. ZU besonders! Dieser Roman ist keinesfalls schlecht, aber meinen Geschmack hat er leider überhaupt nicht getroffen. Jedoch empfehle ich jedem die Leseprobe zu lesen und zu herauszufinden, ob einem dieser besondere Stil zusagt.

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