Cover des Buches Cagot (ISBN: 9783492274807)
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Rezension zu Cagot von Tom Knox

Bergab.

von Igelmanu66 vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Sehr ärgerlich! Aus einem vielversprechenden Buch wurde ein Werk voller unrealistischer Handlungen und bedenklichen Inhalts.

Rezension

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Igelmanu66vor 10 Jahren

„Angus…hältst du es für möglich…dass ich Cagot bin? Oder zumindest von Cagots abstamme? – Meiner Meinung nach weist du keins der vordergründigen Cagot-Syndrome auf, aber du hast, vielleicht, eine gewisse Veranlagung. – Genau so etwas habe ich befürchtet. O Gott. – Das heißt nicht, dass du verrückt wirst. Jedenfalls nicht mit Sicherheit. Aber auszuschließen ist es nicht.“

Ich greife mal auf den Klappentext zurück: „Als der Journalist Simon Quinn von einer mysteriösen Mordserie und grausam zugerichteten Leichen hört, wittert er die ganz große Story und beginnt zu recherchieren. Bei seinen Nachforschungen stößt er auf das Volk der Cagot, dem die Opfer angehörten. Ein Volksstamm, der seit Jahrhunderten in den Pyrenäen angesiedelt ist und ebenso lange verfolgt, misshandelt und ausgegrenzt wird. Warum hat man die alten Leute mittels archaischer, unglaublich brutaler Tötungsmethoden hingerichtet? Während Quinn in London recherchiert, ist David Martinez im Baskenland seiner Familiengeschichte auf der Spur. Er lernt Eloise kennen, ein Cagot-Mädchen, das zu den letzten ihres Volkes gehört und möglicherweise etwas über den Tod seiner Eltern weiß. Allerdings gibt es da jemand, der seine Spurensuche mit aller Macht verhindern will – und mit allen Mitteln. Es beginnt eine atemlose Tour de Force durch mehrere Länder, an deren Ende man den Glauben an die Menschheit verliert.“

Um es kurz zu sagen: Den Glauben an die Menschheit hab ich nicht verloren, wohl aber den an dieses Buch. Aber ich greife vor…

Als ich begann, dieses Buch zu lesen, dachte ich: „Wow, das wird ein richtig heftiger und spannender Thriller!“ Tatsächlich ist der Start furios und sollte auch den Lesern gefallen, die es gerne etwas blutiger haben. Leider blieb es nicht so. Stattdessen ging es für mich im Laufe der Handlung langsam aber stetig bergab…

Ich will nicht ungerecht sein. Man kann ja auch nicht ernsthaft eine Metzel-Szene nach der anderen erwarten. Mal ganz davon abgesehen, dass mir das sicher nicht gefallen würde. Zudem finde ich auch die Kapitel, in denen unsere Protagonisten dem Rätsel auf der Spur sind, wirklich interessant. Ich muss gestehen, dass ich immer mal wieder meine Lektüre unterbrach, um Verschiedenes „nachzugoogeln“. Von den Cagot hatte ich noch nie gehört! Entsprechend war ich entsetzt, als ich merkte, dass das Grundthema kein Fiktives war.

Die Handlung verlief in zwei parallelen Erzählsträngen (zum einen die Recherchen von Simon Quinn, zum anderen die Reise des David Martinez), die am Ende zusammenliefen. Bei beiden wurde es sehr spannend, denn ständig waren sie in Gefahr, mussten sich aus einer lebensbedrohlichen Situation nach der andern retten. Und genau da setzt mein erster Kritikpunkt an. Ich fühlte mich nämlich häufig wie in einem James-Bond-Film. Wobei ich diese Filme durchaus mag – nur über den mangelnden Realismusgehalt dürfte kein Zweifel bestehen. Ähnlich war es hier. Eine gefährliche Situation entstand, unsere Helden wurden bedroht, es gab (eigentlich) keinen Ausweg, sie sollten nun endgültig verloren sein… Doch dann konnten sie im letzten Moment doch noch irgendwie fliehen, wurden doch noch gerettet, oder fanden doch noch das, was viele andere zuvor vergebens gesucht hatten. Ich hab die ganze Zeit damit gerechnet, dass sie gleich noch eine Atombombe entschärfen würden – ganze 4 Sekunden vor der Detonation! Natürlich möchte man seine Helden glücklich zum Ende des Buchs bringen. Aber ein paar Zufälle weniger hätten dabei nicht geschadet.

Nun gut, ich hatte keinen Tatsachenbericht erwartet. Und bis zu diesem Punkt hätte das Buch von mir immer noch vier Sterne bekommen. Aber dann gab es für mich echte Ärgernisse, über die ich nicht hinwegsehen kann.

Man kann sich doch nicht mit den Themen Nazis, Rassen und Eugenik befassen, über mehr als 400 Seiten (zu Recht) diese Dinge verurteilen und dann den „bösen“ Charakter des Buches mit Eigenschaften ausstatten, die den gegenüber seiner Rasse geäußerten Vorurteilen entsprechen! Ich habe wirklich gedacht, ich lese nicht richtig! Was soll ich also als Leser annehmen? Dass an diesen Vorurteilen doch was dran ist? Oder dass diese Person rein zufällig genau eine solch „rassetypische“ Unart hat? Um es mal klar zu sagen: Ich spreche von Kannibalismus. Dieser ist sicher in verschiedenen Kulturkreisen vorgekommen, aber doch bitte nicht genetisch bedingt!

Nein, ich nehme an, dass der Autor nicht vernünftig nachgedacht hat. Und das nur, um einen weiteren ekligen Vorfall schildern zu können. Ich finde das sehr bedenklich!

Und als wenn das noch nicht gereicht hätte, lässt er einen seiner Protagonisten „befürchten“, dass er ebenfalls ein Cagot sein könnte. Weil er dann ebenfalls diese Veranlagung hätte! Man muss sich das mal vorstellen. Da traut sich ein Mann plötzlich nicht mehr, mit seiner Freundin zusammen zu sein, weil er befürchtet, ein Kannibalismus-Gen in sich zu haben. Also bitte!

Die Auflösung konnte mich ebenfalls nicht überzeugen, passte in das obige Schema zu vieler Zufälle. So bleibt für mich als Fazit Ärger darüber, dass aus einem vielversprechenden Buch ein Werk voller unrealistischer Handlungen und bedenklichen Inhalts wurde.

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