Rezension zu "Vater unser in der Hölle" von Ulla Fröhling
Seit frühester Kindheit erlebt Angela Lenz sexuelle Gewalt. Mit grausamen Folterungen, Drogen und Gehirnwäsche wird sie in einer Geheimsekte zur Prostitution gezwungen und muss andere mit satanistischen Ritualen quälen. Unter der Last des Unerträglichen zersplittert ihre Seele in Dutzende von Persönlichkeiten. So überlebt sie die Schrecken. Doch bald drängen die traumatischen Erlebnisse an die Oberfläche. Angela macht eine Therapie und wagt es, trotz Schweigegebot und Todesdrohungen über das zu sprechen, was man ihr und anderen angetan hat.
Die Autorin:
Ulla Fröhling, geboren 1945, ist Buchautorin und preisgekrönte Journalistin. Für Brigitte, Die Zeit und viele andere schrieb sie spektakuläre Reportagen. Ihre Schwerpunkte sind die Themen Kriegs- und Nachkriegskindheit, Trauma und Erinnerung. Sie arbeitet ehrenamtlich in der Renate-Rennebach-Stiftung für Opfer ritueller Gewalt, die sie 2002 mitbegründete. Ihr erfolgreichstes Buch Vater unser in der Hölle erzählt die authentische Geschichte einer jungen Frau, die sich vor einem destruktiven Kult in multiple Persönlichkeiten flüchtet.
Meine Meinung:
Dieser Erfahrungsbericht ist sehr besonders. Wir bekommen die Sicht einer dissoziativen Identitätsstörung zu lesen. Verschiedene Persönlichkeitsanteile kommen hier zu Wort. Gewöhnungsbedürftig aber im Laufe der Geschichte, hat es das Buch umso intensiver gemacht. Zudem bringt die Autorin auch immer wieder Erklärungen über das Krankheitsbild und dessen Entstehung ein. Das ist sehr interessant und auch erschreckend, denn bestimmte Kriterien müssen dafür bestehen. Diese Trauma sind kaum auszuhalten beim lesen. Wer also mit Gewalt an Kindern und Tieren nicht umgehen kann, sollte dieses Buch nicht lesen. Es ist auch am Anfang eigentlich eine Triggerwarnung angebracht. Diese fehlt hier leider.
Was mich fassungslos macht ist die Tatsache, das die Gesellschaft nichts mitbekommen will oder es tatsächlich nicht tut. Viele Warnhinweise sind zu beachten an Kindern, und meinen Blick hat es definitiv verändert und wacher gemacht. Es gibt leider einige Kulte die diese Praktiken anwenden und es ist nicht so selten das dies genau in unserer Nachbarschaft passiert. Die Autorin nimmt sich auch Zeit für ausführliche Erklärungen zu den Machenschaften dieser Organisationen und Vorgehensweise. Und wie so eine Sekte aufgebaut ist, in ihrer Struktur und Hierarchie.
Wie entsteht so eine Erkrankung, was gibt es für Therapiemöglichkeiten und wie gehen auch Opfer mit der Situation um? All das erklärt die Autorin ausführlich. Dieses Buch steckt voller Informationen und erschreckenden Momenten. Man sollte starke Nerven haben. Am Ende haben wir dann noch ein Personenregister über die einzelnen Persönlichkeiten der Angela und Bilder sowie eine Erklärung zu „ritueller Gewalt in Deutschland“.
Ein sehr schonungsloses Buch; aber auch ein sehr wichtiges Buch.