German version/English version below:
Für mich erzählt „Draußen vor der Tür“ nicht nur die Geschichte von Unteroffizier Beckmann, einem ehemaligen Soldaten, der nicht allzu lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland zurückkehrt – meiner Meinung nach ist sie die Geschichte eines Außenseiters, eines Ausgestoßenen, der nach der Bedeutung des Lebens sucht. Dieses Thema ist immer aktuell, heute genauso wie zur Entstehungszeit des Theaterstücks vor 75 Jahren.
Der Protagonist kehrt nach drei Jahren in russischer Gefangenschaft in sein Heimatland zurück. Ein Deutschland, dass nicht mehr das Land ist, dass er vor dem Krieg gekannt hat. Auch Beckmann ist nicht mehr der, der er einmal war. Im Gegensatz zu seinem ehemaligen Vorgesetzten, dem Oberst, der gut gelaunt mit der Familie am gedeckten Tisch sitzt, als Beckmann ihn zu Hause aufsucht, ist dem Gasmaskenbrillenträger nicht gerade zum Lachen zumute. Statt an einer üppigen Mahlzeit hat Beckmann noch immer am Krieg zu verdauen. Am Krieg, der Gefangenschaft in Sibirien, deren Folgen für ihn und für jene, die er anzutreffen hoffte: Bei der Ehefrau ist er abgeschrieben, da diese einen neuen Mann an ihrer Seite hat, die Eltern haben sich das Leben genommen, Beckmann findet keine Arbeit, hat einen hungrigen Magen, aber nicht einmal warmes Bett, in das er heimkehren könnte. Der Versuch, sich in der Elbe zu ertränken, scheitert, der mächtige Fluss will sein bisschen 25-jähriges Leben nicht. Und so stolpert Beckmann weiter durch das Theaterstück, der mysteriöse Andere und eine Flasche Rum, die er dem Oberst gestohlen hat, begleiten ihn dabei.
Laut Protagonist Beckmann verhält es sich mit dem Leben wie folgt:
1. Akt: Grauer Himmel. Es wird einem wehgetan.
2. Akt: Grauer Himmel. Man tut wieder weh.
3. Akt: Es wird dunkel und es regnet.
4. Akt: Es ist noch dunkler. Man sieht eine Tür.
5. Akt: Es ist Nacht. Tiefe Nacht. Und die Tür ist zu...
In Borcherts Theaterstück, das 1947 uraufgeführt wurde, kann niemand eine Antwort auf die großen Fragen des Lebens geben – selbst Gott nicht. Im Gegenteil. Gott, der Allmächtige, ist mit seinem Latein am Ende, weil die Menschen nicht mehr an ihn glauben wollen... Borcherts Gott ist ein alter Mann, der sich selbst bemitleidet und am Elend der Welt nichts ändern kann –ein Gott, der sogar neidisch auf den Tod ist, denn den Tod kann schließlich niemand leugnen. Dennoch bleibt auch Gevatter Tod, der als Beerdigungsunternehmer dargestellt wird, Beckmann die Antwort auf seine Frage, die Frage nachdem Warum, die Frage nach dem Grund zum Weiterleben, schuldig.
To me, Borchert’s play “Draußen vor der Tür” (literal translation:“Outside in front of the door”) is not only the story of sergeant Beckmann, a former soldier returning to Germany not too long after the end of World War II – in my opinion, the story is the one of an outsider, an outlaw, searching for the meaning of life. A topic that is always present, as present today as it was 75 years ago at the time of the play’s origin.
The main character returns to his home country after three years in Russian captivity. A Germany that is no longer the country he knew before the Second World War, and Beckmann is also no longer who he once was. In contrast to his former superior, the colonel, who is sitting cheerfully with his family at the laid table when Beckmann visits him at home, the man wearing gas mask glasses has not much to laugh about. Instead of a luxuriant meal, Beckmann is still digesting the war. The war, the imprisonment in Siberia, its consequences for him and for those he hoped to meet again: He has been dumped by his wife who has a new man in her life, his parents committed suicide, Beckmann can't find work, has a hungry stomach, but not even a warm bed to come home to. The attempt to drown himself in the Elbe fails, the mighty river does not want his little 25-year-old life. And so Beckmann stumbles on through the play, accompanied by the mysterious Other and a bottle of rum he stole from the colonel.
According to the protagonist Beckmann, life is like this:
Act 1: Grey sky. One gets hurt.
Act 2: Grey sky. One gets hurt again.
Act 3: It's getting dark, and it's raining.
Act 4: It’s getting even darker. One sees a door.
Act 5: It is night. Deep night. And the door is closed...
In Borchert's play, which premiered in 1947, no one can give an answer to the big questions of life - not even God. On the contrary. God, the Almighty, is at his wit's end because people no longer want to believe in him... Borchert's God is an old man feeling sorry for himself, unable to change anything about the world’s misery - a God who is even jealous of death, because no one can deny death, after all. Nevertheless, even Grim Reaper, who is portrayed as an undertaker, doesn’t answer Beckmann’s question of why, the question of why to stay alive and carry on.