Cover des Buches Schwimmen mit Elefanten (ISBN: 9783746630809)
Insider2199s avatar
Rezension zu Schwimmen mit Elefanten von Yoko Ogawa

Die Überquerung des großen Schach-Ozeans...

von Insider2199 vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein Roman, bei dem der Klappentext mehr verspricht als er hält – selbst für einen Schachspieler wie mich (***)

Rezension

Insider2199s avatar
Insider2199vor 8 Jahren

Die Überquerung des großen Schach-Ozeans ...

Die 1962 geborene Autorin gilt als eine der wichtigsten japanischen Autorinnen der Gegenwart. Für ihr umfangreiches Werk wurde sie mit zahlreichen namhaften Literaturpreisen ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrer Familie in der Präfektur Hyogo.

Zum Inhalt: Weil ein kleiner Junge sich mit einem Elefanten verbunden fühlt, der einst auf dem Dach eines Kaufhauses lebte, aber dort sterben musste, weil er nicht mehr in den Aufzug passte, beschließt er, nicht mehr zu wachsen. Von einem immer dicker werdenden Mann in einem ausrangierten Bus lässt er sich in die Geheimnisse des Schachspiels einweisen und zeigt außerordentliches Talent für diesen Denksport, sodass er von allen nur „Kleiner Aljechin“ genannt wird. Durch seine kleine Größe kann er einen Schachautomaten aus seinem Inneren heraus steuern und begeistert sein Umfeld mit seinem Können. Bis es zu einem verhängnisvollen Zwischenfall kommt ...

Meine Meinung: Als Schachspieler war ich natürlich von diesem Klappentext begeistert und stürzte mich voller Begeisterung auf den Roman. Der Anfang konnte mich gerade durch die außergewöhnliche Geschichte mit dem Elefanten sehr begeistern, aber diese Begeisterung ließ ab der Mitte nach, weil mich weder der Held noch der Plot überzeugen konnten. Die Autorin versucht Schach als Metapher für eine Persönlichkeit oder das Leben schlechthin zu verwenden, was sich anfangs ganz nett liest, aber sich irgendwann durch die vielen Wiederholungen dieser Metapher leider stark abnutzt.

„Auf dem Schachbrett kommt die gesamte Persönlichkeit eines Spielers zum Ausdruck, sobald er die Figuren berührt«, erklärte der Meister in feierlichem Tonfall.
»Da spielt vieles eine Rolle: seine Philosophie, seine seelische Verfassung, seine Bildung, sein Charakter, sein Begehren, sein Gedächtnis, seine Zukunft, einfach alles. Hier lässt sich nichts verbergen. Schach ist wie ein Spiegelbild, das einen Menschen mit all seinen Eigenheiten zeigt.«“

Außerdem tauchen im Text viele Schachnotationen auf, die einem Laien nicht viel bringen werden und selbst mich als Schachspieler tw. verwirrten, weil sie einfach irgendwo aus der Mitte entnommen wurden und man daher das Spiel in keinster Weise nachvollziehen kann – warum die Nation also überhaupt abdrucken? Um damit vielleicht etwas Authentizität zu schaffen? Okay, aber dann wäre weniger mehr gewesen; in dieser Häufigkeit machen die Notationen für mich keinen Sinn und füllen nur unnötig Papier.

Aber noch viel schlimmer ist für mich das Fehlen einer Dramaturgiekurve. Im Epilog erklärt die Autorin, dass dieser „Kleine Aljechin“ (der Schachautomat, nicht der Junge, der ist wohl fiktiv) tatsächlich existiert habe (die Notation sei in einem Schachmuseum abgedruckt – schade, dass die Autorin sie nicht dem Anhang beigelegt hat!). Somit weiß ich nicht, inwiefern der Plot auf wahren Begebenheiten beruht, aber wie auch immer, es fehlt Dramatik und v.a. Wendepunkte; der Plot plätschert dahin und ich bin tw. dabei eingeschlafen. Auch sprachlich konnte mich die Autorin leider nicht sonderlich fesseln.

Fazit: Ein Roman, bei dem der Klappentext mehr verspricht als er hält. Inhaltlich wird nicht viel geboten (selbst einem Schachspieler nicht, weil man mit den Notationen nicht viel anfangen kann), der Plot plätschert ab Mitte des Buches dahin und schläfert den Leser ein, und die Schach-Metaphern verlieren durch ihre exzessiven Wiederholungen stark an Wirkung. Leider enttäuschend und für mich nur durchschnittlich, daher also 3 Sterne.

Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks