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anushka

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Cover des Buches Kleine Dinge wie diese (ISBN: 9783969990650)

Bewertung zu "Kleine Dinge wie diese" von Claire Keegan

Kleine Dinge wie diese
anushkavor 4 Tagen
Cover des Buches Leute von früher (ISBN: 9783518474006)

Bewertung zu "Leute von früher" von Kristin Höller

Leute von früher
anushkavor 5 Tagen
Kurzmeinung: Denkanstöße, Mehrdeutigkeit und innovative Idee. Das Erzähltempo war mir aber zu langsam und die verhießene Handlung zu spät.
Geschichten von den Nordseeinseln

Marlene ist orientierungslos. Das Studium abgeschlossen, aber keine Ahnung, was sie nun weiter machen möchte, nimmt sie einen Job als Saisonkraft in einem Erlebnisdorf an. Auf der Insel Strand in der Nordsee gibt es eine Kostümgrenze. Ab diesem Punkt haben die Saisonkräfte ihre historischen Kostüme zu tragen, dahinter leben sie in Baracken und ihre eigenen täglichen Dramen. Bei einem Spaziergang begegnet Marlene Janne, die auf der Insel wohnt. Marlene entdeckt Gefühle für sie, die sie vorher nicht kannte, und denen sie sich erst einmal stellen muss. Doch hinter der historischen Fassade lauert noch einiges mehr.

Die Grundidee dieses Buches ist sehr faszinierend. Mit Marlene schauen wir hinter die Kulissen und sehen die versteckten Heizungen und die digitale Kasse unter dem historischen Gehäuse. Doch nicht nur der historische Anstrich ist eine Fassade. Auch die Einheimischen haben ihr Leben und ihre Sorgen, die jenseits dessen passieren, was die Tourist:innen sehen. Das Ganze spielt auf einer Nordseeinsel, die es so seit dem Mittelalter gar nicht mehr gibt. Bereits 1634 wurde die Insel eigentlich durch eine Flut auseinandergerissen. Die Nordseeinseln sind dem ständigen Wandel ausgeliefert und jede Flut könnte sie wieder verändern. Zusammen mit dieser Macht der See sorgen auch die eingestreuten Mythen aus dem Nordseeraum, insbesondere über die Stadt Rungholt, für eine durchaus manchmal beklemmende Atmosphäre und eine bedeutungsschwangere Grundstimmung. Dieses Setting ist überaus interessant und mehrdeutig und man kann einiges hineininterpretieren. Ohne jeglichen erhobenen Zeigefinger bietet die Geschichte auch Denkanstöße dazu, was den Nordseeinseln mit dem Klimawandel eigentlich droht.

Dennoch konnte mich das Buch nicht so recht überzeugen. Vielleicht soll Marlene die neue Generation der Dreißigjährigen verkörpern, aber mit ihren fast 30 Jahren kam sie mir sehr unreif und entscheidungsunwillig vor und wirkte daher recht jung und naiv auf mich. Auch nimmt die Geschichte um Marlene und Janne viel Raum ein und war streckenweise recht zäh ohne wirkliches Vorankommen. Das Erzähltempo war zwischenzeitlich für meinen Geschmack zu langsam und die Geschichte zu ruhig und handlungsarm. Auf die angekündigten Merkwürdigkeiten muss man sehr lange warten und am Ende wirkt die Handlung dann ziemlich überstürzt. Ich hätte mir insgesamt noch mehr Nordseeflair und Handlung und dafür weniger Fokus auf die kleinsten Nuancen zwischenmenschlicher Beziehungen gewünscht. Die Idee und das Setting (Erlebnisdorf) fand ich aber prinzipiell originell und interessant und auch die verschiedenen Bedeutungsebenen fand ich eigentlich gut gelungen. Nur konnte mich das Buch am Ende eben doch nicht komplett abholen.

Cover des Buches Kantika (ISBN: 9783866487109)

Bewertung zu "Kantika" von Elizabeth Graver

Kantika
anushkavor einem Monat
Jüdisches Leben zwischen der Türkei und Amerika

Rebecca Cohen ist sephardische Jüdin in Istanbul. Ihr Vater ist erfolgreicher Geschäftsmann, die Familie gehört zur Oberschicht. Das Leben ist bunt, viele Volksgruppen leben friedlich nebeneinander. Doch in den 1920ern ändert sich die Stimmung. Zuerst für die anderen. Dann für die Cohens. Aus Angst, dass Rebeccas Brüder zum Armeedienst eingezogen werden, flieht die Familie nach Spanien. Doch auch dort macht sich ein Gefühl der Bedrohung breit und so flieht Rebecca über Kuba in die USA, ihre jüdische Identität immer im Gepäck.

"Kantika" hat mich nicht sofort gebannt. Es hat erst einmal etwas Zeit gedauert. Ich musste mich zunächst in das bunte Treiben in Istanbul einfinden, musste die Privilegien, mit denen Rebecca aufwächst, erst verstehen sowie die Gepflogenheiten, mit denen Rebecca lebt. Es ist ein spannender Einblick in eine Zeit und Gesellschaft, die die friedliche Koexistenz verschiedener Völker in einem Land erlaubte. Aber aus der Geschichte wissen wir bereits, dass der Mord am armenischen Volk nicht weit ist. Spannend sind auch die religiösen jüdischen Gepflogenheiten, die sich mit dem türkischen Leben vermischen. Zunächst scheint es etliche Seiten lang, als würde die Handlung auf der Stelle treten, doch dann kommt langsam Tempo in die Geschichte. Die Bedrohung der Familie Cohen ist eher wirtschaftlicher als politischer Natur, sodass man hier vielleicht anderes erwartet hätte, mit dem heraufziehenden ersten Weltkrieg. Dann ziehen die Cohens nach Spanien, das unter Königin Isabella jüdische Menschen zur Konversion oder zur Emigration zwang. Auch 400 Jahre später prägt es sowohl die Menschen jüdischen Glaubens als auch die Bevölkerung Barcelonas noch tief. Das war für mich ein äußerst interessanter Aspekt, insbesondere die transgenerationale Weitergabe dieses historischen Ereignisses. Oft ist man auch in der Literatur vor allem mit den Ereignissen in Deutschland konfrontiert, dass es jedoch europaweit seit Jahrhunderten diese Verfolgung gibt, wird einem bei Büchern wie diesem eingängig bewusst. Zunehmend gebannt verfolgte ich Rebeccas Leben, das sie sich durch die Flucht und Emigration mehrfach neu aufbauen musste. Später kommt eine weitere Thematik hinzu mit einer Stieftochter mit Behinderung (Zerebralparese). Das mag sehr konstruiert klingen, aber es passt sehr gut in die Geschichte und ist wirkt absolut nicht überladen. Besonders glaubwürdig und beeindruckend ist dies, wenn man das Dankwort liest, aus dem ersichtlich wird, dass die Autorin hier ihre Familiengeschichte verarbeitet hat. Am Ende der Geschichte waren mir die Familienmitglieder alle ans Herz gewachsen und auch wenn Rebecca keine einfache Protagonistin ist, gerade im Umgang mit ihrer Stieftochter, der sie mit ihrem Ehrgeiz viel abverlangt, so war ich doch irgendwann mitten in diesem Familienleben und bin am Ende nur so durch die Seiten geflogen. Dieses Buch sticht nicht nur durch das wunderschöne Cover hervor, sondern ist auch unter den Familiengeschichten etwas Besonderes.

Cover des Buches Geordnete Verhältnisse (ISBN: 9783446279551)

Bewertung zu "Geordnete Verhältnisse" von Lana Lux

Geordnete Verhältnisse
anushkavor einem Monat
Falsche Liebe


Philipp ist in der Schule ein Einzelgänger. Er wünscht sich nichts mehr als einen Freund. Diesen findet er schließlich in Faina. Faina ist gerade aus der Ukraine nach Deutschland gezogen und Philipp macht sie zu seinem Projekt, indem er ihr Deutsch und die deutschen Gepflogenheiten beibringt. Es entwickelt sich eine enge Freundschaft, die Jahre später plötzlich zerbricht. Philipp hat inzwischen zwei Eigentumswohnungen, ein Auto und jede Menge Geld als Faina nach fast drei Jahren schwanger vor seiner Tür steht. Allein und verschuldet begibt sie sich wieder unter seinen Schutz, doch Philipps Liebe verlangt viele Opfer ...

Lana Lux schreibt sehr gekonnt über eine Freundschaft, die irgendwann zur Obsession wird. Abwechselnd wird die Geschichte aus den Perspektiven Philipps und Fainas erzählt, was die beiden unterschiedlichen Sichtweisen sehr gut veranschaulicht, wobei man jedoch auch aus Philipps Sicht schnell merkt, dass da etwas nicht richtig läuft. Wann immer etwas Mitleid mit Philipp aufkommt aufgrund seiner schwierigen Kindheit, macht er dies mit misanthropen Äußerungen wieder zunichte. Aber auch Faina kommt nicht immer gut weg: statt sich dem Konflikt zu stellen und sich klar von Philipp zu distanzieren, greift sie lieber zu Lügen und Heimlichkeiten. Allzu leicht glaubt sie Philipps Manipulationen und glaubt, dass er nur zu ihrem besten handelt. Immer wieder wird man beim Lesen Zeuge, wie Faina Situationen und Erlebnisse umdeutet und ihr Selbstbewusstsein abnimmt, bis zu dem Punkt, dass sie sich selbst kaum traut. Allzu leicht nimmt sie die Schuldzuweisungen an. Interessant und gelungen ist, wie gerade im ersten Teil noch nichts auf eine dysfunktionale Beziehung hindeutet, sondern alles wie eine gute und gegenseitig vorteilhafte Freundschaft wirkt. Doch erste Anzeichen gab es auch hier schon.
In diesem beklemmenden Roman seziert Lana Lux die Entwicklung einer obsessiven, besitzergreifenden Beziehung. Ist das, was Philipp fühlt, wirklich Liebe? Oder geht es hier nur um Kontrolle? Hinter Philipps Motivation kommt man leider nicht. Auch wird keine wirkliche Erklärung für sein Verhalten angeboten. Vieles kann, aber nichts muss, Ursache sein. Immerhin thematisiert der Roman aber auch familiäre Muster, die an die Kinder weitergegeben werden. Das Ende war mir dann auch zu abrupt und distanziert. Gerade hier hätte ich mir mehr Emotionen gewünscht.

Lana Lux greift ein brisantes, zeitgenössisches Thema auf und macht daraus einen beklemmenden Roman, der viele Dynamiken anschaulich und nachvollziehbar darstellt. Sie zeigt realitätsnah zwischenmenschliche Beziehungen des dysfunktionalen Spektrums mit zwei Protagonist:innen, die wenig Sympathien hervorrufen. Dennoch liest man gebannt und mit Faina mitfühlend dieses ergreifende und schockierende Buch.

Cover des Buches Weiße Wolken (ISBN: 9783462004977)

Bewertung zu "Weiße Wolken" von Yandé Seck

Weiße Wolken
anushkavor 2 Monaten
Wie eine akademische Vorlesung im Roman-Gewand

Dieo und Zazie leben in Frankfurt. Zwei Schwestern, Töchter einer deutschen Mutter und eines senegalesischen Vaters. Dieo ist vollauf beschäftigt mit drei Kindern, einem Job als Psychotherapeutin und einem Mann, der als Mitarbeiter eines Startups eigentlich immer am Start sein muss, wenn der Chef wieder eine Nachtschicht anordnet. Zazie arbeitet in einem Jugendzentrum und überlegt noch, ob sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin zum Thema Rassismus an die Uni gehen möchte. Vor allem Zazie beschäftigt sich mit den vielen verschiedenen gesellschaftlichen Themen rund um Diskriminierung, Rassismus und Ungleichheit und hält - vor allem dem Rest der Familie - permanent einen Spiegel vor.

Die Ankündigungen versprachen einen Familienroman mit aktuellen gesellschaftlichen Themen und hintergründigem Witz. Tatsächlich fand ich in diesem Buch wenig Witz. Und was den Familienroman betrifft, fühlte es sich eher wie eine Verkleidung an. Es war fast wie eine Hochschulvorlesung, die als Familienroman verkleidet daherkam, um die Themen leichter verdaulich zu machen. Doch das ist leider meiner Meinung nach nicht gut geglückt. Zazie belehrt ihre Familienmitglieder in einem fort. Die Familienzusammenkünfte und andere Treffen, die hier erzählt werden, wirken eher wie akademische Diskussionskreise. Immer wieder werden sehr direkt und "in your face" die aktuellen Modebegriffe regelrecht definiert. "So, dann weiß ich ja jetzt auch, was Mansplaining [beliebig austauschbar mit anderen Begriffen] ist." Und es wird nicht besser dadurch, dass die Begriffe wie in einem Lehrbuch auch noch in kursiv hervorgehoben sind. Und dann wird selbst die eigene Großmutter noch ständig zurechtgewiesen. Ja, auch und gerade die älteren Generationen müssten sensibilisierter werden, aber diese Großmutter hat diese Enkelinnen doch schon seit 20 Jahren. Da ist das Ganze irgendwie wenig glaubhaft.
Über lange Strecken habe ich mich ziemlich durch dieses Buch gekämpft. Da ich selbst im akademischen Bereich tätig bin, weiß ich, wie wichtig die Themen dieses Buches sind. Dennoch hat es mir an fesselnder Handlung gefehlt für einen Roman. Der eigentliche Handlungspunkt, der auch im Klappentext genannt wird, passiert erst spät im Buch, sodass wenig Handlung im Senegal oder in Interaktion mit der senegalesischen Verwandschaft stattfindet. Dieser Abschnitt war tatsächlich deutlich interessanter und spannender und hätte noch mehr Potential gehabt, dass die Schwestern auch ihre eigenen Privilegien reflektieren, die sie trotz erlebter Diskriminierung haben. So haben beide beispielsweise ein Hochschulstudium genossen und Zazie hat trotz vorübergehender Arbeitslosigkeiten scheinbar keine existenziellen Sorgen.

Insgesamt ist dieses Buch sicher gesellschaftlich wichtig aufgrund der Themen, die es verhandelt. Leider bleibt es aber relativ trocken und theoretisch und wirkt eher wie eine Uni-Vorlesung verkleidet als Familiengeschichte. Und wenn es die Zielgruppe, die es am besten gebrauchen könnte, nicht schon direkt verfehlt, wird es sie wahrscheinlich auf halber Strecke verlieren aufgrund des ständigen erhobenen Zeigefingers und der mangelnden Handlung, die einen Roman nun einmal ausmachen.

Cover des Buches Yellowface (ISBN: 9783847901624)

Bewertung zu "Yellowface" von Rebecca F. Kuang

Yellowface
anushkavor 2 Monaten
Kurzmeinung: Dieser Roman über die Buchbranche mit seinen moralischen Fragen um kulturelle Aneignung und Rassismus entwickelt eine heftige Sogwirkung.
Was. Für. Ein. Buch!

Gehypte Bücher sind immer schwierig. Wenn ein Buch schon vor dem Erscheinen (der Übersetzung) derart präsent ist und hochgelobt wird, sind die Erwartungen enorm. Yellowface hat mich jedoch positiv überrascht.

June Hayward muss zusehen, wie Athena Liu, Freundin seit College-Tagen, Halbchinesin und Literatur-Shootingstar, vor ihren Augen stirbt. Beide verbindet der Kampf um erfolgreiche Veröffentlichungen auf dem Buchmarkt. Mit dem Unterschied, dass Junes Debüt floppte, während Athena zum Publikumsliebling aufstieg. Jetzt, nach Athenas Tod, veröffentlicht June ein Buch über chinesische Arbeiter während des Ersten Weltkriegs. Es wird binnen kürzester Zeit ein Bestseller und June lebt nun endlich das Leben, das sie sich verdient zu haben glaubt. Doch ebenso schnell kommen in den Sozialen Medien Gerüchte auf. Ist “Die letzte Front” nicht möglicherweise ein Buch von Athena Liu? Und selbst wenn nicht, darf eine weiße Frau ohne chinesische Wurzeln eine solche Geschichte veröffentlichen und daran viel Geld verdienen? Und hat die Autorin nicht sogar “yellowfacing” betrieben, indem sie unter dem Namen Juniper Song veröffentlichte und somit zumindest suggerierte, einen asiatischen Hintergrund zu haben?

Dieses Buch verbindet zahlreiche, durchaus kontroverse Themen gekonnt miteinander, ohne dass man das Gefühl hat, dass es überladen ist. Es ist vielschichtig und gibt vielfach Denkanstöße. Nicht nur im Buch selbst geht es um Fragen von kultureller Aneignung, Rassismus, Diskriminierung im Verlagswesen und Cancel Culture. Auch in Bezug auf “Yellowface” selbst kommt der Gedanke auf, ob eine Autorin anderer Herkunft hätte all diese (kritischen) Dinge schreiben dürfen. Thematisch ist das Buch absolut modern und auf der Höhe der Zeit und neben einem spannenden Einblick in das Verlagswesen spürt es überzeugend und authentisch den Social Media Shitstorms nach, denen Personen in der Öffentlichkeit bei dem kleinsten Verdacht auf Fehlverhalten ausgesetzt sind und was dies mit ihnen anzurichten vermag.
Der Stil ist angenehm, nicht lyrisch, aber doch immer mal mit herausragenden Sätzen, die ich mir gern angestrichen hätte, wenn ich in meinen Büchern herumstreichen würde. Genretechnisch ist es ein interessanter Mix aus verschiedenen Elementen. Die Protagonistin ist zwar leider eine Antiheldin, aber es ist dennoch spannend zu verfolgen, wie sie ihre eigenen Handlungen reflektiert und notfalls umdeutet.
Am Ende saß ich einfach nur sprachlos da. Ich wusste zunächst kaum, wie ich das Buch beschreiben soll. Also bleibt mir nur zu sagen, dass mir dieses Buch beim Lesen unglaublich Spaß gemacht hat. Allein schon das ganze Setting der Buchbranche hat mich als Buchliebhaberin gefesselt. Aber ich habe letztlich auch mit June gefiebert, war wie gebannt und habe die vielen Denkanstöße sehr genossen. Das Buch hat richtiggehend süchtig gemacht. Und es zeigt eindrucksvoll, wie man gesellschaftskritische und aktuelle Themen umsetzen kann, ohne beständig mit der Moralkeule zu schwingen. Stattdessen macht sich die Autorin vielerlei Emotionen und Stimmen gekonnt zunutze. Für mich jetzt schon ein Jahreshighlight und ein absolut verdienter Hype.

Cover des Buches Unsereins (ISBN: 9783498001810)

Bewertung zu "Unsereins" von Inger-Maria Mahlke

Unsereins
anushkavor 2 Monaten
Kurzmeinung: Ein faszinierendes Sittengemälde des frühen 20. Jahrhunderts, vor allem mit Blick für die Bediensteten. Leider nicht immer leicht zu folgen.
Cover des Buches Das Philosophenschiff (ISBN: 9783446282377)

Bewertung zu "Das Philosophenschiff" von Michael Köhlmeier

Das Philosophenschiff
anushkavor 2 Monaten
Träge See, träge Geschichte

Zu ihrem 100. Geburtstag bittet die berühmte russische Architektin Anouk Perleman-Jacob einen Schriftsteller, der den gleichen Namen wie der Autor trägt, zu sich um ihre Lebensgeschichte als Roman aufzuschreiben. Da man ihn als einen ausgezeichneten Fabulierer kenne, würde ihm sowieso niemand Perleman-Jacobs Geschichte glauben, weshalb sie endlich die Wahrheit erzählen könne. Denn als junges Mädchen wurden sie und ihre Eltern auf einem der sogenannten Philosophenschiffe aus Russland, auf Lenins eigenen Befehl, deportiert. Doch dann hält das Schiff plötzlich an und liegt mehrere Tage und Nächte reglos vor der Küste. Während unter den Passagieren die Panik umgeht, ob sie nun doch noch getötet würden, kommt ein weiterer Passagier an Bord: Lenin selbst.

Manchmal muss sich ein Buch einfach dem Kontext der jeweilig Lesenden beugen. Ich weiß, dass es Autor*innen gibt, die fordern, dass ihre Bücher nicht parallel mit anderen Büchern gelesen werden. Aber seien wir mal ehrlich: das ist ziemlich unrealistisch. Vielleicht hat dieses Buch bei mir einfach Pech gehabt, weil ich vorher und nebenher Bücher gelesen habe, die mich echt vom Hocker gehauen haben. Im Gegensatz dazu wirkte dieses Buch dann noch träger als ich es zuvor schon empfunden habe. Das mag dem Buch gegenüber vielleicht nicht fair sein, aber das ist nunmal die Lebensrealität von Lesenden. Hätte ich das Buch zu einer anderen Zeit oder nach anderen Büchern als den jetzigen gelesen, hätte es mir vielleicht besser gefallen. So habe ich mich nun etwas hindurchgequält und über einige, meines Empfindens nach, Unstimmigkeiten geärgert. Zum einen verfällt Anouk während der Erzählung hin und wieder in zusammenhangloses Geplapper. Das soll vielleicht stilistisch ihr Alter unterstreichen, mich hat es aber einfach genervt, da es auch recht stereotyp wirkte. Zudem ändert sie wiederholt die Schilderung der Ereignisse, "Ja, da habe ich Sie angelogen.", "Und eigentlich habe ich nochmal gelogen, denn es war jemand ganz anderes." und so weiter. Und warum Perleman-Jacob nicht will, dass jemand ihre Geschichte glaubt, erschließt sich bis zum Schluss nicht. Der Erzähler/Schriftsteller/Autor wirkt zudem immer recht wertend und das eher auf eine herabwürdigende Weise.
Inhaltlich befasst sich das Buch durchaus mit einer interessanten und berührenden Thematik: der Säuberung der intellektuellen Schichten Russlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Aufschlussreich ist dabei auch der politische Hintergrund. Mit dem Kunstgriff, Lenin auf das Schiff zu bringen, muss er Rede und Antwort stehen und wird mit den Monster konfrontiert, das er selbst geschaffen hat. Auch die Pervertierung der eigentlich ursprünglich gedachten Gleichstellung aller Schichten wird nachvollziehbar in ihrem ganzen menschlichen Ausmaß. Dennoch hat mich dieser Kunstgriff auch gestört, denn zumindest Menschen, die in Ostdeutschland aufwuchsen wissen, dass bis heute Lenin in einem Mausoleum in Moskau zu betrachten ist. Warum dann also dieses alternative Ende, das entsprechend nicht annähernd glaubwürdig ist?

Insgesamt hat dieses Buch zwar eine interessante historische Epoche betrachtet und politische Zusammenhänge verständlich, aber nicht nahbar gemacht. Die Geschichte war sehr verkopft und meines Empfindens nach zu intellektuell. An vielen Stellen wirkte die Handlung sehr träge und etliche Elemente der Geschichte wurden in ihrer Bedeutung nicht nachvollziehbar. Ich hatte streckenweise eher das Gefühl, eine Selbstdarstellung des Protagonisten, der vielleicht auch der Autor sein soll, zu lesen. Das war leider wenig spannend oder sympathisch.

Cover des Buches The Vaster Wilds: Lauren Groff (ISBN: 9781529152913)

Bewertung zu "The Vaster Wilds: Lauren Groff" von Lauren Groff

The Vaster Wilds: Lauren Groff
anushkavor 2 Monaten
Cover des Buches Der Erdspiegel (ISBN: 9783311100478)

Bewertung zu "Der Erdspiegel" von Andrea Maria Schenkel

Der Erdspiegel
anushkavor 2 Monaten

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