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whoiskafka

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Cover des Buches Moranifesto (ISBN: 9780091949051)

Bewertung zu "Moranifesto" von Caitlin Moran

Moranifesto
whoiskafkavor 7 Jahren
Geistreich und charmant, aber nicht immer relevant

Einige Worte zum Inhalt

Moranifesto ist eine Essay-Sammlung von Caitlin Moran, in der sie zu zahlreichen Themen ihren Senf dazugibt, sei es die Immobilienlage in London, die böse Natur des Druckers, der Feminismus oder Terrorismus. Aber vor allem ist Moranifesto eines: sehr politisch.

Meine Meinung

Caitlin Moran hat diese unverwechselbare Art, Themen in raffinierte, originelle und clevere Worte zu verpacken. Ihr Schreibstil ist so frisch, eloquent und unverstellt, dass jeder ihrer Sätze wie Honig durch die Gehirnwindungen rinnt. Mal witzig, mal ernst widmet sie sich den kleinen und großen Problemen unserer modernen Gesellschaft. Zwischendrin wird auch mal ein wenig für Benedict Cumberbatch geschwärmt, was ihr wohl niemand übelnehmen kann, denn Benedict Cumberbatch ist nun einmal ein Gott.

Auch wenn ich Themenvielfalt liebe, so war doch nicht jedes Essay für mich von Relevanz. Da habe ich dann auch schon einmal ein paar Seiten übersprungen, zumal manche der Texte bereits zu alt sind, um aktuell zu sein. Das finde ich recht schade, da das Buch erst im letzten Jahr erschienen ist und ich daher einen höheren Anspruch an die Aktualität der Thematiken hatte. Außerdem sind viele der Essays very British, was zwar ganz interessant ist, in der Masse jedoch manchmal anstrengend.

Besonders interessant waren für mich die Essays über Feminismus, die auch der eigentliche Grund dafür waren, weshalb ich das Buch lesen wollte. Es ist so wichtig, sich mit dem Feminismus auseinanderzusetzen, gerade in der heutigen Zeit. Ich muss jedoch sagen, dass ich durchaus nachvollziehen kann, weswegen Moran als „white feminist“ betitelt wird – aber man muss einem Autor ja nicht in jedem Aspekt zustimmen.

Die meisten Essays aber sind das Lesen definitiv wert. Caitlin Moran nimmt kein Blatt vor den Mund, was ihren Texten sehr viel Authentizität verleiht. Sie vertritt ihre politischen Ansichten mit durchdachter Vehemenz und gut gewählten Argumenten. Die Kombination aus Humor und Ernsthaftigkeit ist der Autorin wirklich ausgesprochen gut gelungen.

Fazit

Wer gerne geistreiche, wohlformulierte Essays liest, sich für Politik und das Weltgeschehen interessiert, zwischendurch aber auch gerne mal von sarkastischen Analysen oder Schwärmereien berieseln lässt, ist mit Moranifesto bestens beraten!

Cover des Buches Matilda (Dahl Fiction) by Roald Dahl (2016-02-11) (ISBN: B01K0PTSHU)

Bewertung zu "Matilda (Dahl Fiction) by Roald Dahl (2016-02-11)" von Roald Dahl

Matilda (Dahl Fiction) by Roald Dahl (2016-02-11)
whoiskafkavor 8 Jahren
Cover des Buches Attachments (ISBN: 9780452297548)

Bewertung zu "Attachments" von Rainbow Rowell

Attachments
whoiskafkavor 8 Jahren
Cover des Buches Harry Potter and the Cursed Child (ISBN: 9780751565355)

Bewertung zu "Harry Potter and the Cursed Child" von Joanne K. Rowling

Harry Potter and the Cursed Child
whoiskafkavor 8 Jahren
Cover des Buches Empire of Storms (ISBN: 9781619636071)

Bewertung zu "Empire of Storms" von Sarah J. Maas

Empire of Storms
whoiskafkavor 8 Jahren
Cover des Buches Abandon (ISBN: B007NBW4OO)

Bewertung zu "Abandon" von Meg Cabot

Abandon
whoiskafkavor 8 Jahren
Cover des Buches Magonia (ISBN: 9780062320544)

Bewertung zu "Magonia" von M. D. Headley

Magonia
whoiskafkavor 8 Jahren
Sick Lit trifft auf Urban Fantasy

Einige Worte zum Inhalt

Aza Ray ertrinkt. Nicht im Wasser, sondern in der eigentlich lebensnotwendigen Luft, die sie umgibt. Eine mysteriöse Lungenerkrankung, die auch Forschern Rätsel aufgibt, ist die Ursache dafür, dass das Atmen Aza von Tag zu Tag schwerer fällt. Schon seit ihrer Geburt ist der nahende Tod ihr ständiger Begleiter, und nur dank Jason, ihrem besten Freund, geht sie weiterhin optimistisch durchs Leben. Bis zu dem Tag, als sie während einer Schulstunde plötzlich ein Schiff am Himmel erspäht und die Vögel in ihrer Umgebung beginnen, sich äußerst seltsam zu verhalten …

Meine Meinung

Magonia ist anders als alle Young-Adult-Bücher, die ich bisher gelesen habe. Aufbauend auf einem französischen Mythos aus dem Mittelalter, konstruiert Maria Headley eine außergewöhnliche Parallelwelt. Es ist eine Welt, in der der Himmel das Meer ist, Schiffe durch von fliegenden Walen erschaffene Wolken gleiten, ein Lied Wasser zu Stein werden lässt und riesige Himmelskraken ganze Mannschaften auffressen. Es ist eine Welt voller Wunder, Abenteuer und Grauen, und mit jeder Zeile hat die Autorin mich zum Staunen gebracht.

Es ist die etwas andere Art von Sick Lit: Aza Ray ist todkrank, doch die Geschichte steuert nicht auf ihren Tod hin, sondern auf ihre Wiedergeburt. Denn für Aza eröffnet sich eine neue Heimat, Magonia, wo sie zum ersten Mal frei durchatmen kann. Das kranke Mädchen ist plötzlich von allen Symptomen, die es gequält haben, befreit. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass Aza gezwungen ist, ihre Familie und ihren besten Freund Jason zurückzulassen, wodurch sich fundamentale Fragen ergeben, die Maria Headley auf ihre ganz eigene Art und Weise aufgreift.

I wish my name were Thor. It implies warrior-ness. But, no. Aza. Named after what? No one. S. 27

Bereits auf den ersten hundert Seiten hat die Geschichte es geschafft, mich haltlos zum Schluchzen zu bringen. Ja, manchmal ist Magonia ein harter emotionaler Brocken, doch gerade das macht das Buch zu einer solch intensiven Erfahrung. Ich habe bisher nur selten Bücher aus dem Genre Sick Lit gelesen, da meine Tränendrüsen schnell außer Rand und Band geraten, daher hat mir Magonia einigen Herzschmerz bereitet.

Doch nicht nur die Thematik ist es, die die Geschichte so zugänglich und dramatisch macht. Es sind vor allem die Charaktere, die die Autorin mit so liebevoller Präzision zeichnet. Von der ersten Seite an habe ich eine enge Bindung zu Aza aufgebaut, die wunderbar sarkastisch, klug und für ihr Alter sehr reif ist, ähnlich wie Jason, der ein verkanntes Genie ist, das bereits seine eigenen Erfindungen verkauft. Ich liebe intelligente Charaktere, und diese beiden haben mein Herz mit ihrer Art sofort erobert. Aza und Jason harmonieren auf eine ganz unvergleichliche Art und Weise miteinander. Ihre Verbundenheit ist von einzigartiger Natur und ich bin tief beeindruckt davon, wie Maria Headley diese ungewöhnliche Freundschaft in Worte gefasst hat.

The universe inside me is full of something, and science can’t even shine a light on it. I feel like I’m mostly made of mysteries. S. 70

Maria Headleys lyrischer Schreibstil, der ebenso wie die Charaktere und der Weltenbau die Einzigartigkeit des Romans ausmacht, hat mich mit Bücherwurmglückseligkeit erfüllt. Sie hat Aza und Jason, zwischen denen die Perspektive wechselt, eine eigene Stimme verliehen. Geistreich, selbstironisch und humorvoll lässt sie die beiden Jugendlichen ihre Geschichte erzählen, so natürlich, als wären sie geradewegs dem realen Leben entsprungen.

Fazit

Diesem rasanten, witzigen und cleveren YA-Roman bin ich vollkommen verfallen. Von Tränen bis zu Glücksmomenten bietet die Geschichte das komplette emotionale Spektrum, das ein gutes Buch braucht, und die ungewöhnliche Welt, in die wir mit Aza eintauchen, möchte ich bitte ganz dringend in einer Verfilmung sehen.

Cover des Buches Die Stadt der Träumenden Bücher (ISBN: 9783492246880)

Bewertung zu "Die Stadt der Träumenden Bücher" von Walter Moers

Die Stadt der Träumenden Bücher
whoiskafkavor 9 Jahren
Ein Buch für Träumer


Einige Worte zum Inhalt

Hildegunst von Mythenmetz ist ein junger Lindwurm, der aus der in ganz Zamonien für ihre Dichtkunst bekannten Lindwurmfeste stammt. Nach dem Tod seines Dichtpaten, der ihm ein mysteriöses Manuskript vererbt, beschließt Hildegunst, auf einer Reise durch Zamonien den Dichter der makellosen Worte ausfindig zu machen. Und wo könnte man dies besser tun als in Buchhaim, der Stadt der Träumenden Bücher?

Meine Meinung

Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit diesem Buch auch als ausgebildete Germanistin voll auf meine Kosten kommen würde. Ein Anagramm jagt das nächste, die Pointen stapeln sich förmlich, und was am Ende bleibt, ist tiefe literarische Befriedigung, ein Schmunzeln auf den Lippen und das Wissen, dass man gerade eine Festschrift der Literatur gelesen hat, die als fröhlicher, jugendlicher und zuweilen liebenswert alberner Roman verpackt ist.

Ja, literarische Spielereien sind mein Ding. Ob skurrile Welten, intertextuelle Anspielungen, ein von Kreatitivät und Exzentrik geprägter Schreibstil voller Neologismen oder andere Obskuritäten, mich hat man damit direkt an der Angel (sofern der Autor denn das nötige Talent hat, und dieses besitzt Walter Moers im Überfluss). Mit seiner Fantasie erschafft Moers eine Welt, die mich mit ihrer Komplexität und liebevollen Gestaltung zutiefst verzaubert hat.

Man hat viel erreicht, wenn einen sein Leben an ein volles Fass erinnert und nicht an einen leeren Eimer. S. 16

Stellt euch eine Stadt vor, in der sich alles um Literatur dreht. Würdet ihr nicht auch einmal gerne einen Ausflug dorthin machen? Ungeachtet aller Gefahren, die in Buchhaim, der Stadt der Träumenden Bücher, lauern, würde ich mich sogleich in das Getümmel stürzen. Fünftausend amtlich registrierte Antiquariate! Über sechshundert Verlage! Fünfundfünfzig Druckereien! Und überall Kaffeehäuser, in denen das literarische Leben tobt und wunderliche Gestalten, die Moers mit fantastischer Präzision zeichnet. Aus jeder Zeile kann man herauslesen, dass Buchhaim ein wahrgewordener Bücherwurmtraum ist. Jedenfalls solange man kein Gefährliches Buch anfasst, das einen vergiftet oder in den Händen explodiert.

In tiefen, kalten, hohlen Räumen
Wo Schatten sich mit Schatten paaren
Wo alte Bücher Träume träumen
Von Zeiten, als sie Bäume waren
Wo Kohle Diamant gebiert
Man weder Licht noch Gnade kennt
Dort ist’s, wo jener Geist regiert
Den man den Schattenkönig nennt.

Zamonien ist ein faszinierendes Land voller Überraschungen. Mit jedem neuen Abenteuer, in das sich Hildegunst mehr oder minder freiwillig stürzt, lernt man die mystische Stadt noch näher kennen. Am spannendsten ist dabei natürlich die Reise in die Eingeweide Buchhaims, denn unter der Stadt erstrecken sich kilometertiefe Katakomben, in denen Bücherjäger und gefährliche Lebensformen ihr Unwesen treiben. Dort hausen jedoch auch die Buchlinge, ein kleines Völkchen niedlicher Zyklope, deren Lebensziel es ist, das gesamte Werk eines Autors aufwendig zu lernen.

Ich – muss – Bücher – kaufen! Bücher kaufen! Bücher kaufen! Bücher, Bücher, Bücher kaufen! S. 136

Ich habe mit den Charakteren mitgefiebert und gestaunt. Nicht nur Hildegunst selbst ist mir mit seiner manchmal doch etwas verschrobenen, naiven Art ans Herz gewachsen, sondern auch die anderen Gestalten, die sich in Zamonien tummeln. Dies und die ausführlichen, märchenhaften Beschreibungen Buchhaims und der Katabomben verleihen dem recht einfach gestrickten Plot Tiefe und machen Die Stadt der Träumenden Bücher in meinen Augen zu einem Meisterwerk, einem Mikrokosmos der Literaturliebe. In diesem Buch verstricken sich die Liebe zum Wort, Fantasie und Humor zu einer einzigartigen Mischung.

So facettenreich die Gestaltung der Bücherstadt ist, so experimentell ist an manchen Stellen auch Walter Moers‘ Schreibstil. Neben Wortneuschöpfungen präsentiert er uns einen präzisen, herrlichen, wortgewandten, einfachen und zugleich herausragend schönen Schreibstil, der einem wieder einmal zeigt, dass hochtrabende Formulierung nicht die Genialität eines Werkes ausmachen.

Ich kann nur sagen: Lest. Dieses. Buch.

Hier fängt die Geschichte an. S. 29

Fazit

Walter Moers‘ Die Stadt der Träumenden Bücher ist ein Buch für Träumer, die am liebsten Worte statt Luft atmen würden. Mit Witz und Charme entführt der Autor uns in eine Welt der Literatur, in der es vor Skurrilitäten nur so wimmelt. Dieses Buch ist wie ein Sahnetörtchen mit Himbeeren und einem Oreo-Keks als Topping!

Cover des Buches The Humans (ISBN: 9780857868756)

Bewertung zu "The Humans" von Matt Haig

The Humans
whoiskafkavor 8 Jahren
Wenn ein Außerirdischer auf die Erde kommt ...

Einige Worte zum Inhalt

Professor Andrew Martin findet sich eines Nachts nackt in den Straßen von Cambridge wieder, orientierungslos und verwirrt. Was niemand weiß: Der Professor ist nicht mehr er selbst, sondern ein Außerirdischer, den ein wichtiger Auftrag auf die Erde geführt hat. Doch so richtig kann sich der Vonnadorian nicht mit der Menschheit anfreunden – bis er sie näher kennenlernt.

Meine Meinung

There was no such thing as impossible. I knew that, because I also knew that everything was impossible, and so the only possibilities in life were impossibilities. – S 172

Ich denke gerne über die Möglichkeit nach, dass das Universum besiedelt ist von den unterschiedlichsten Lebensformen, und das Fermi-Paradoxon ist eine meiner liebsten wissenschaftlichen Theorien. Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich mich vor Freude über dieses Buch kaum noch einkriegen konnte, als ich es entdeckte und schließlich, nach Monaten des Anschmachtens, endlich in den Händen hielt.

The Humans erzählt die Geschichte von Professor Andrew Martin – oder, na ja, von dem Außerirdischen, der Professor Andrew Martins Körper besetzt. Denn der Protagonist, ein Vonnadorian, dessen Heimat sich unzählige Lichtjahre von der Erde entfernt befindet, hat einen Auftrag erhalten: Er soll die bahnbrechende mathematische Entdeckung, die der Professor gemacht hat, vernichten, damit die Menschheit sich nicht weiterentwickeln kann. Es kommt jedoch völlig anders, als er denkt: Die Menschen faszinieren ihn.

This was, I would later realise, a planet of things wrapped inside things. Food inside wrappers. Bodies inside clothes. Contempt inside smiles. Everything was hidden away. – S. 12/13

Matt Haig ist ein Genie. Er lässt uns auf die Menschheit blicken, als seien wir selbst die Außerirdischen. All unsere Eigenheiten bringt er mit staunender Faszination, Intelligenz und trockener Sachlichkeit auf den Punkt und ich musste unentwegt grinsen, während ich las, was der Vonnadorian über die Menschheit denkt. Meist bemitleidet er die Menschen, schließlich haben sie kein kollektives Bewusstsein, empfinden Schmerzen und Emotionen und können nicht interstellar reisen. Und vor allem: Sie sind sterblich. Doch schon bald wird klar, welche wunderbaren Begleiterscheinungen all diese menschlichen Schwächen mit sich bringen.

So, I thought to myself als I walked away, this is what happens when you live on Earth. You crack. You hold reality in your hands until it burns and then you have to drop the plate. – S. 42/43

Die Einzigartigkeit jedes Menschen resultiert aus einer Reihe unmöglicher Zufälle und The Humans ruft uns dies wieder ins Gedächtnis. Mit unglaublicher Perfektion beschreibt Matt Haig die Welt mit den Augen eines Außerirdischen und erinnert uns daran, wie seltsam und fabelhaft wir sind. Und auch im Verlauf des Romans lernen wir Charaktere kennen, die liebenswert menschlich und authentisch sind.

Der Schreibstil, in dem die Geschichte verfasst ist, ist die reine Vollkommenheit und ich bin mehr als geflasht von der Leistung, die Matt Haig hier abgeliefert hat. Nicht nur die Intelligenz des Textes ist es, die meine Begeisterung verursacht, sondern auch die Skurrilität, die in jedem Satz mitschwingt, die Fremdheit, die der Vonnedorian spürt. Kurz: The Humans ist der Wahnsinn!

Fazit

Wenn ihr von dem Gedanken an das All und außerirdisches Leben ebenso fasziniert seid wie ich, solltet ihr nicht zögern und Matt Haigs The Humans sofort in eurem Bücherregal einziehen lassen. Der Roman ist definitiv eines meiner neuen Herzensbücher und ebenso eines meiner Jahreshighlights. Hier stimmt einfach alles!

Cover des Buches Das letzte Nashorn (ISBN: 9783813506877)

Bewertung zu "Das letzte Nashorn" von Lodewijk Oord

Das letzte Nashorn
whoiskafkavor 8 Jahren
Wunderbare Aufarbeitung eines schwierigen Themas

Einige Worte zum Inhalt

Der Amsterdamer Zoo steht finanziell auf der Kippe. Was also tun? Edo Morell, der Zoodirektor, entwirft einen ehrgeizigen Masterplan, um seinen Zoo bekannter zu machen. Sein erstes spektakuläres Projekt: das Themengebiet Afrika an der Amstel. Um seine Vorstellungen umzusetzen, engagiert er die afrikanisch-niederländische Nashornexpertin Sariah, mit deren Hilfe er die Nashorndamen Angela und Ursula sowie den Bullen Albrecht zu den Stars des Zoos machen möchte.

Meine Meinung

Lodewijk van Oords Roman Das letzte Nashorn habe ich innerhalb weniger Stunden verschlungen. Zu gebannt war ich, um das Buch aus der Hand zu legen, zu nachdenklich, begeistert, traurig und fasziniert. Erwartet habe ich eine witzige, im Grunde jedoch wenig aussagekräftige Geschichte. Was ich bekam, war eine ehrliche, tiefgründige und erstaunlich schonungslose Auseinandersetzung mit dem Aussterben bedrohter Tierarten, die durch clevere Dialoge und eine gewisse Komik untermalt wurde.

Das Leben eines domestizierten Tieres haben wir fast völlig in der Hand, was ein ziemlich guter Ersatz für die nicht vorhandene Kontrolle ist, die wir über unser eigenes Leben haben. – S. 210

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht dreier Personen, die ich hier näher beschreiben möchte, da sie die Grundfeste des Romans darstellen, die es erlaubt, die Handlung aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten: Zum einen wäre da Edo Morell, der leicht größenwahnsinnige Zoodirektor, der mit geschickten Marketingkampagnen versucht, seinen Zoo ins Rampenlicht zu rücken und dessen Ehrgeiz und Rationalität mich sowohl fasziniert als auch erschrocken haben. Der alternde Philosoph Frank Rida, der für Edo wie ein Vater ist, trauert noch immer seiner wissenschaftlichen Karriere nach und leitet nun an Edos Seite den Zoo. Die Frau im Bunde, Sariah Malan, zieht zu Beginn des Romans von Afrika in die Niederlande, um in Edos Zoo als Expertin für afrikanische Tierarten zu arbeiten, und ihre tiefe Liebe zu Tieren und im Speziellen zu Nashörnern gibt der Geschichte eine besondere Atmosphäre.

Während Edo den rationalen, auf Erfolg ausgerichteten Teil des Romans verkörpert, ist Sariah die emotionale, mitfühlende Tierliebhaberin, die Tiere nicht als Attraktion oder Kapital, sondern als individuelle Lebewesen betrachtet. Irgendwo dazwischen befindet sich Frank, der den Roman zwischendrin immer wieder mit wissenschaftlichen Informationen unterfüttert und dessen Gedankengänge mich am meisten gepackt haben.

Den Arten ist es egal, dass sie aussterben. Das letzte Exemplar hat nicht die geringste Ahnung, dass es seiner Art das Licht ausknipst. – S. 212

Manchmal ist es nicht leicht, zu unterscheiden, welche Kapitel aus welcher Sicht geschrieben sind, was es für mich jedoch umso spannender macht: Wem folge ich in diesem Kapitel? Kann ich anhand des Geschriebenen erkennen, welcher Charakter gerade zu Wort kommt? Ich kann mir vorstellen, dass so mancher Leser diese Struktur als zu verwirrend empfindet, ich persönlich bin allerdings positiv überrascht davon, wie interessant die Perspektivenwechsel gestaltet wurden – wozu eben auch gehört, dass manchmal erst einmal eine Unsicherheit darüber besteht, aus welcher Sicht geschrieben wird.

Die Geschichte kommt ins Rollen, als Edo den Schwarzen Nashornbullen Albrecht kauft (kurzer Einwurf: das Schwarze Nashorn, auch Spitzmaulnashorn genannt, gilt seit 2013 als in der freien Wildnis ausgestorben), der die Attraktion des Themengebiets Afrika sein soll. Er ist einer der Letzten seiner Art und dementsprechend wertvoll. Was nun zum perfekten Glück fehlt? Richtig: eine Nashorndame, mit der Albrecht sich paaren kann, um die Welt mit kleinen Babynashörnern zu besiedeln und die Rasse zu erhalten. Doch Edo muss bald erkennen, dass das Ganze nicht so reibungslos abläuft, wie er sich das vorgestellt hat.

Das Afrikanische Nashorn gehört nach Afrika […]. Auch Tiere haben einen Ort, an den sie gehören. Für unsere Nashörner ist das Afrika. Wenn sie Afrika verlassen, hören sie auf, Nashörner zu sein. Was sie dann noch sind, weiß ich nicht. – S. 135

Lodewijk van Oord verbindet meisterhaft moralische Vorstellungen und Kommerz, Menschsein und Tiersein, und hat mich mit seinem Roman zum Nachdenken gebracht und ja, auch irgendwie traurig gemacht. Die Geschichte ist eine Kritik an unserem Umgang mit unseren tierischen Zeitgenossen und betrachtet auch die Seite derer, die Moral zugunsten von Geldgier und Erfolg verwerfen. Dabei tadelt oder urteilt van Oord jedoch nicht, was ich besonders beeindruckend fand. Er fordert den Leser damit zugleich auf, darüber nachzudenken, die einzelnen Standpunkte zu evaluieren und sich eine Meinung zu bilden. Denn nachvollziehbar sind die Gedanken und Handlungen aller drei Charaktere.

Das i-Tüpfelchen bildet das wohlige Setting inmitten eines Zoos, umgeben von Tieren und ihren Ausdünstungen, von Eiscremepatschehändchen und Staunen. Ich gehe sehr gerne in den Zoo (was sich auch nach diesem Roman nicht ändern wird), denn zwischen Tieren fühle ich mich wohl – und genau so habe ich mich auch während des Lesens gefühlt. Die Tiere und ihr Verhalten wurden so eingehend und authentisch beschrieben, dass ich mich direkt in einen Zoo versetzt gefühlt habe.

So entsteht Aberglaube […]. Eine zufällige Beobachtung, eine gehörige Portion Fantasie, abgelöscht mit einem Schuss Unwissenheit. – S. 191

Der Schreibstil des Autors unterstreicht den Charme der Geschichte. Manchmal absurd, manchmal etwas überspitzt, aber immer zur Situation passend. Er lässt sich angenehm und flüssig lesen, was der Grund dafür ist, dass ich den Roman innerhalb so kurzer Zeit durchgelesen habe.

Fazit

Mit diesem erschreckenden und zugleich etwas überspitzten, witzigen Roman hat der Autor es geschafft, ein schwieriges Thema neu aufzuarbeiten, aufmerksam zu machen und zum Nachdenken zu bringen. Eines meiner bisherigen Jahreshighlights!

Über mich

Ich bin Studentin, Literaturjunkie und passionierte Buchbloggerin. Besucht mich gerne auf meinem Blog "Who is Kafka?"!

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Biografien, Jugendbücher, Sachbücher, Fantasy, Science-Fiction, Literatur, Unterhaltung

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