Cover des Buches Das dunkle Haus (Ein Erik-Winter-Krimi 11) (ISBN: 9783899038910)
WolfgangBs avatar
Rezension zu Das dunkle Haus (Ein Erik-Winter-Krimi 11) von Åke Edwardson

Der Jäger kehrt zurück

von WolfgangB vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Dialoglastig, melancholisch, schwer - ein Paradestück skandinavischen Weltschmerzes, leider sehr monoton vorgetragen.

Rezension

WolfgangBs avatar
WolfgangBvor 10 Jahren
Aus dem milden Spanien kehrt Kommissar Erik Winter zurück ins heimisch-winterliche Göteborg. Nicht zu früh, denn in einem abgeschiedenen Haus werden die Leichen einer jungen Frau und zwei ihrer Kinder gefunden, lediglich das Baby wurde verschont. Rasch wird der Ehemann gefunden und als Tatverdächtiger ausgemacht. Nicht der Versuchung einer allzu einfachen Aufklärung des Falles erliegend, beginnt Winter zu ermitteln und stößt rasch auf ungeklärte Fragen. Wie sind die Spuren im Haus zu deuten? Hatte die Ermordete einen heimlichen Liebhaber? Und welche Rolle spielt der fremdenhassende Eigenbrötler Runstig, der kurz vor der Tat einen Hundewelpen von der Familie erwarb?


Der 1953 geborene Autor Ake Edwardson ist alles andere als ein Neuling auf der internationalen Krimibühne. Im mittlerweile elften Fall seines Kommissars setzt er wieder ein starkes Zeichen für die schwedische Ausprägung des Genres. Langjährige Wegbegleiter wissen vor allem die scharfkantige Zeichnung der Figuren als auch die langsame Wandlung Winters vom urbanen Dandy zum verbissenen Jäger zu schätzen.

Konsequenterweise herrscht eine düstere Grundstimmung, die sich immer wieder in den Vordergrund drängt, den Rang als eigentlicher Hauptdarsteller des Romans beansprucht. "Das dunkle Haus" will weder ein mediterraner Wohlfühlkrimi, noch ein Actionfeuerwerk amerikanischer Prägung sein, vielmehr handelt es sich um ein skandinavisch kaltes Stimmungsbild, in dem die Ermittler die Verdorbenheit der Welt beklagen, wo ihre sonnenbegünstigteren Berufskollegen sich an lukullischen Genüssen laben. Ake Edwardsons Erzählsprache wirkt dabei wie ein rhetorischer Basso Continuo, der zuweilen hart, nüchtern, kalt wie blanke Messer, zuweilen wie eine klebrig-melancholische Masse das Geschehen transportiert.

Dieses wird überwiegend in den umfangreichen Dialogen vorangetrieben, was zuweilen den Vergleich mit einem Film mit zu geringem Budget für Kulissen und Requisiten nahelegt. Die Einvernahmen der Verdächtigen, die laut vorgetragenen Gedanken, die Beratungen nutzt der Autor jedoch zur facettenreichen Ausgestaltung seiner Figuren. Kommissar Winter etwa kehrt getrieben von kriminalistischem Jagdinstinkt zurück nach Schweden und wird durch einen Schicksalsschlag in tiefe Verbitterung und Unsicherheit zurückgeworfen, die er unverhohlen seine Gegenüber bei den Verhören spüren läßt. Seine verbissene Suche nach Antworten führt ihn immer wieder in das Haus der ermordeten Familie und läßt sich auch als schneckenartiger Rückzug in sich selbst interpretieren.


Als Sprecher in der Hörbuchfassung fungiert Boris Aljinovic, der sowohl auf eine lange Schauspielkarriere mit hochkarätigen Rollen im Krimifach verweisen kann, als auch sich bereits als Stimme für die Vertonungen von T.C. Boyle, Terry Pratchett oder auch Ake Edwardson einen Namen gemacht hat. Welche Qualitäten er sich im Rahmen dieser Tätigkeit auch erworben hat, im aktuellen Titel des schwedischen Autors bringt er diese nur sehr sparsam zum Einsatz. Die Sprechweise verbleibt monoton, variiert wird bestenfalls beim Tempo. Erzählung und Figurenrede werden in derselben Tonlage vorgetragen, auch eine akustische Unterscheidung der einzelnen Charaktere, wie von anderen Hörbuchsprechern gewohnt, ist nicht erkennbar. Nicht nur die Unterscheidung der Figuren wird dadurch erschwert, auch die Wechsel der einzelnen Erzählabschnitte beanspruchen (unnötig) die Aufmerksamkeit des Hörers.


Fazit:

Keine atemlosen Verfolgungsjagden, in denen heißblütige Kommissare für einen Sieg des allesüberstrahlenden Guten sorgen, sondern so etwas wie dessen Gegenteil erwarten den Leser in "Das dunkle Haus". Schwedisch-schwere Sprachbilder und ein allesdurchdringendes Grau, in dem die präzise gezeichneten Figuren agieren, erfreuen Liebhaber des kultivierten Weltschmerzes. Leider wird in der Hörbuchfassung das Vergnügen durch einen sehr eintönig arbeitenden Sprecher getrübt,

Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks