Heute würde man Fritz Lang als Kultregisseur bezeichnen. Seine berühmten Filme drehte er in den 1920er Jahren unter einem erheblichem materiellen und finanziellen Aufwand, sodass seine Produktionsfirma kurz vor der Pleite stand. Dafür jedoch besitzen diese Filme bis heute eine kulturgeschichtliche Bedeutung.
In dieser Graphic Novel wird in eindrucksvollen Bildern sein Leben bis zu seiner Übersiedlung in die USA geschildert. Da Lang erst 1976 starb, fehlt die Hälfte seines Lebens. Da er jedoch nie wieder die Bedeutung erreichte, die er mit seinen Filmen in Deutschland hatte, kann man das verstehen. Allerdings folgt dieses Buch im Wesentlichen Langs Angaben zu seinem Lebenslauf. Einiges davon ist durchaus nicht belegt. So zum Beispiel das Ende der Geschichte in diesem Buch.
So weit ich das verstanden habe, gibt es für das Treffen zwischen Lang und Goebbels, in dem der Reichspropagandaminister Lang die Leitung der UFA angetragen haben soll, keine Notiz im Tagebuch von Goebbels. Auf ein paar weitere Ungereimtheiten von früher möchte ich hier nicht weiter eingehen, weil sie letztlich für das Bild von Lang und seine Verdienste keine Bedeutung besitzen.
Lang soll zwar aus politischen Gründen Deutschland verlassen haben, zumal ihm auch nicht klar war, inwieweit ihm seine jüdische Herkunft doch nicht irgendwann zum Nachteil gereicht hätte, aber auch andere Regisseure hatten Deutschland schon lange vor der Machtergreifung 1933 verlassen, einfach weil sie in den USA bessere Möglichkeiten vorfanden. Das war sicher auch tatsächlich so. Allerdings schuf Lang nach 1933 kaum noch bedeutende Werke.
Für die Periode seines Lebens, die in diesem Buch erzählt wird, gibt es beim Betrachten und Lesen dann genügend Anreize, sich näher mit Lang zu befassen und sogar seine Filme zu schauen. Allerdings sind inzwischen um die 100 Jahre vergangen. Und heutigen Zeitgenossen fehlt es an Einsichten in das Lebensgefühl und die Ansichten der damaligen Zeit. Man kann deshalb auch leicht zu falschen Schlüssen kommen. So war Lang ein Gegner des Tonfilms, jedenfalls über eine gewisse Periode. Heute würde man auf die Idee kommen, ihn vielleicht deshalb falsch einzuschätzen. Das liegt dann einfach nur daran, dass niemand Tonfilme aus deren Anfangszeit kennt. Sie waren von so schlechter Qualität, dass man kaum etwas verstand und voller Nebengeräusche. Allein deshalb ließ sich Lang anfangs nicht überzeugen, Tonfilme zu drehen.
Lang war ein Perfektionist, der seine Untergebenen gerne auch quälte, um schließlich das aus ihnen herauszuholen, was ihm vorschwebte. Davon berichtet diese Graphic Novel eher weniger.
Sie gehört dennoch zu Büchern dieses Genres, die mich wirklich überzeugten, allein schon deshalb weil die Illustrationen in ihrer außerordentlichen Qualität einfach überragend sind.
Éric Liberge
Lebenslauf von Éric Liberge
Quelle: Verlag / vlb
Neue Bücher
Alle Bücher von Éric Liberge
Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen. Band 1
Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen. Band 2
Fritz Lang
Der Fall Alan Turing
Monsieur Mardi-Gras – Post aus dem Jenseits
Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen. Band 3
Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen. Band 4
Neue Rezensionen zu Éric Liberge
Rezension zu "Der Fall Alan Turing" von Arnaud Delalande
Alan Turing ist sicher einer der stillen und dabei tragischsten Helden des 20. Jahrhunderts. Bis vor wenigen Jahren kannte fast niemand seinen Namen – und dabei hat er nicht nur den Grundstein für moderne Computertechnik und künstliche Intelligenz gelegt, sondern er hat auch wesentlich zum Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg beigetragen.
Denn Alan Turing war ein genialer Mathematiker und früher Entwickler, dem es mithilfe seines Teams in den 1940er Jahren gelang, die sogenannte Turing Bombe zu bauen und mit ihr die Enigma der Nazis zu knacken und deren geheime Funksprüche zu entschlüsseln. Er verpflichtete sich dabei natürlich zu strengster Geheimhaltung, weshalb jahrzehntelang niemand von seinen Taten erfuhr. Und das hat noch einen Grund: Alan Turing war homosexuell und wurde in den 1950er Jahren zu einer chemischen Kastration verurteilt. Wenig später suizidierte er sich und wurde erst 2013 durch das Royal Pardon der Queen begnadigt – viel zu spät!
All diese Aspekte dieses erstaunlichen und tragischen Lebens greifen Éric Liberge und Arnaud Delalande in ihrer Graphic Novel auf. Die Comic Strips geben einen guten Einblick in Turings Leben und seine Verdienste. Es ist eine knappe, aber aussagekräftige und leicht verständliche Einführung in ein komplexes Thema und dient meiner Meinung nach als gute Basis für ausführliche Recherchen.
Denn Turings Leistungen und sein Schicksal sind ein wenig zu komplex und teilweise auch zu kompliziert, als dass man auf ca. 85 Seiten alles Notwendige dazu erläutern könnte. Die Graphic Novel springt außerdem zwischen den verschiedenen Stationen in Turings Leben hin und her, was es nicht immer leicht macht, alle Aspekte nachvollzuziehen. Sehr gut gefallen haben mir aber die ca. 10 Seiten am Ende, auf denen kurz auf die Geschichte der Kryptologie und auf das Verschlüsselungssystem der Enigma und die Entschlüsselungsmaschine von Turing eingegangen wird.
Ich würde das Buch also als gute, übersichtliche Basis empfehlen – ebenso wie den Film „Imitation Game“ mit Benedict Cumberbatch in der Rolle des Alan Turing.
Rezension zu "Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen. Band 1" von Éric Liberge
Ein fataler Sturz beim Tritt auf das im Badezimmer vergessene Spielzeugauto, und Victor Tourterelle findet sich kurzerhand auf der anderen Seite des Spiegels, in einer Kreidewüste, unter einem Himmel so schwarz wie Tinte wieder. Es herrscht Totenstille, keine Seele lässt sich blicken. Zwar erfreut sich Victor in seiner neuen Gestalt noch seines vollen Bewusstseins, doch von seinem Körper sind nur noch die Knochen geblieben. Mardi Gras Aschermittwoch, so lautet sein Name von nun an, hat keine Ahnung, dass er am Beginn eines der verrücktesten Abenteuer steht, das einem Verstorbenen in der jenseitigen Welt jemals widerfahren ist.
Abgeholt wird Mardi Gras Aschermittwoch von einem Postboten, der ihn in das Königreich der Tränen bringt. Dies ist voll von Toten, düsteren Kneipen und zwilichtigen Knochenmenschen. Mardi-Gras befindet sich alsbald auf der Flucht vor ebensolchen, die seine letzte Essenz klauen wollen. Da trifft er auf einen Geheimbund, die Brüder des Abgrunds“, die das Königreich topografieren wollen.
Die Idee ist einfach nur super, sprechende Skelette und eine geistreiche Sprache machen den Comic zu einem Erlebnis. Es stellen sich Fragen, was am Ende übrig bleibt, was ist das Wesen, was übrig bleibt.
Ein skurriler Comic, mit einer wundervollen Sprache und ganz tollen Zeichnungen, die den Mimiken der Skelette Leben und Geist einhaucht.
Gespräche aus der Community
Zusätzliche Informationen
Éric Liberge wurde am 31. August 1965 in Bourdeaux (Frankreich) geboren.
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