Rezension zu Geschichte der Welt in 9 Gitarren von Érik Orsenna
Rezension zu "Geschichte der Welt in 9 Gitarren" von Érik Orsenna
von Mr. Rail
Rezension
Mr. Railvor 14 Jahren
„So erzählte der Instrumentenbauer in einer Mischung aus Geschichte und Geographie, Technik und Poesie. Und dem jungen Mann waren diese Treffen so wertvoll wie der Gitarrenunterricht. Weil er erkannt hatte, dass Wörter und Noten Geschwister sind. Sie stecken seit jeher unter einer Decke, wenn es darum geht, dem Schweigen entgegenzutreten.“ Sie erben eine Gitarre und wissen genau, dass sie mit dem Instrument nichts anfangen können. Sie sind weder Musiker, noch näherungsweise musikalisch - sie verfügen nicht über die erforderliche Fingerfertigkeit und das geschulte Ohr für die Feinheiten aller Klangfarben dieser Welt. Sie versuchen also, diese Gitarre loszuwerden und bringen sie, da sie recht wertvoll erscheint, zu ihrem Erbauer zurück. So was soll vorkommen - es wird wohl nicht die erste Gitarre sein, die man ihm auf diesem Wege zurückbringt. Aber dann passiert etwas Magisches. Statt die Gitarre anzunehmen, antwortet der Meister: „Sie haben die Gitarre nicht zufällig geerbt. Eine Gitarre bekommt man nie zufällig geschenkt. An Ihrer Stelle würde ich sie ein paar Wochen behalten, mal sehen, was zwischen ihr und Ihnen passiert... Wer eine Gitarre in sein Leben aufnimmt, muss sich darauf gefasst machen, viel in der Welt herumzukommen. Nehmen Sie sie in der ersten Zeit mit ins Bett. Damit sieVertrauen zu ihnen gewinnt. Alles Gute auf ihren Reisen.“ Dem guten Rat folgend wird die Gitarre zum Freund - zum Gefährten und Partner, zuerst in ihrer Existenz als Korpus, nicht als Instrument. Und sie dankt es - die Träume stellen sich ein und erzählen eine Geschichte der Welt in 9 Gitarren. Die Traumreise führt vom alten Ägypten über das Versailles des Sonnenkönigs bis hin zum legendären Festival in Woodstock. Reisend und immer mehr mit dem Instrument verwachsend, begegnen wir von rhythmisch-en Melodien begleitet, den virtuosesten Gitarristen ihrer Zeit. Wir erleben den jugendlichen Django Reinhardt, der nach einem Unfall kurz davor steht, die verstümmelte Hand zu verlieren und verstehen den Beginn der Legende um eine linke Hand. In einem furiosen Kapitel begleiten wir Jimi Hendrix in Woodstock auf die verregnete Bühne und werden Zeuge seiner Antivietnamkriegsvariation der amerikanischen Nationalhymne - er entlockt seiner Fender Stratocaster mehr als nur Musik - er bringt ein Land dazu, sich zu schämen. http://www.dailymotion.com/video/x5prlf_jimi-hendrix-woodstock-69full-versi Der finale Traum hält für Musikliebhaber eine fantastische Vision bereit - allein dieses Schlusskapitel ist es wert, sich dieses Büchleins anzunehmen - auch wenn man nicht Gitarre spielen kann - geben Sie ihr die Chance Ihnen zu vertrauen - sie wird es Ihnen danken! „Die Gitarre hatte ihren Platz gefunden auf dem Rücken der songsters, in den Armen der Prediger. Die Schwarzen segelten auf ihrem Leid, und die Gitarre war ihr Schiff. Ihre gemeinsame Reise wurde der Blues!“