Cover des Buches Spiegel der regiersichtigen bösen Weiberen (ISBN: 9783548301372)
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Rezension zu Spiegel der regiersichtigen bösen Weiberen von

Rezension zu "Spiegel der regiersichtigen bösen Weiberen"

von Heike110566 vor 13 Jahren

Rezension

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Heike110566vor 13 Jahren
Diese haarsträubende, extremst frauenabwertende Polemik erschien im Jahre 1733 immerhin bereits in der sechsten Auflage. Es bestand also anscheinend ein Interesse an diesem Pamphlet. Die Epoche der Aufklärung hatte in den deutschen Landen gerade begonnen und es ist zu vermuten, dass es doch noch immer sehr viele Männer gab, die an den alten Konventionen festhalten wollten. Und dies natürlich auch in Bezug auf die Rolle der Frau. Die Ausgabe des Ullstein Verlages aus dem Jahre 1982 gibt den Original-Text der sechsten Auflage von 1733 wieder. Leider ist nicht bekannt, wer der Verfasser ist. Aber mir tut dieser Mensch mit seinen völlig verqueren Ansichten zu Frauen einfach nur leid. Es muss ein geistig vom Frauenhass stark geprägter Mann gewesen sein. Im Text finden sich zwar allerlei Beispiele, die aber niemals als wirklich persönliche, also eigene Erfahrungen identifizierbar oder gekennzeichnet sind. Der Autor hat sein Traktat über den empfohlenen Umgang chronologisch aufgebaut, also so, dass er bei der Suche nach der passenden Frau beginnt und bei Witwen endet. Eine Frau, die man heiraten will, sollte folgende Charakteristika haben: "Erstlich ein lieblich süssen Mund / Darbey auch wohl gesund / Gold und Geld nach dem Pfund / Dem Mann gehorsam zu aller Stund. Die nicht bellet wie ein Hund / Die nit ungedultig / so mans auch halb schund / Die fein hurtig und rund / Daß man keine bessere fund /" (S. 14) Aber: fast immer kommt der Mann an eine völlig anders geartete Frau, die eben nicht diesen Anforderungen entspricht, bemängelt der Verfasser. Er äußert sich dazu so: "es sey ein Thier so wild / so grausam / und ungeheur / wie es wolle / so leidet doch der Löw einen Löwen-Meister / der Stier läßt sich einsperren / das Roß sich zäumen / allein ein böses Weib ist nicht zu zähmen / dann nimmermehr verliert sie die Begierd zum Herrschen" (S. 18) Die Frau wird hier überhaupt nicht als menschliches Wesen mehr wahrgenommen, sondern auf eine Stufe mit Wild- und Haustieren gestellt, die man bändigen muss. Im Verlauf seines Traktates empfiehlt der Autor deshalb, dass die Frau regelmäßig zu prügeln sei, damit sie gar nicht erst auf begehrliche Gedanken komme: "Weiber / Esel / und Nußbäum / Müssen immer geschlagen seyn / Spahrst die Streich / schadt es dir / Schlag nur drein / es hilfft / glaubs mir" (S. 40) Für diese dämmlichen Sprüche hätte sicher nur einer Prügel verdient: der Verfasser! --- Aber weiter im Text: Der Autor ist der Ansicht, dass einzig die Frau die Ursache allen Übels in der Welt ist: "Dann aller Betrug / Tück und Schelmen-Stück / so unter der Sonnen mögen erdacht werden / hat in sich ein weibliches Hertz / ja der Himmel hat nicht so vil Sternen und Planeten / die Wasser nicht so vil Fisch / die Lufft nicht so vil Vögel / deß Meers Gestatt nicht so vil Muschel / noch vil mehr Betrug und Falschheiten haben die Weiber." (S. 72) Aber offenbar sieht der Verfasser noch einen Lichtstreif am Horizont, denn immerhin hält er die Frau für lernfähig, was ihre Rolle betrifft. Er richtet einen Appell an sie: "Höret /ihr böse / schlimme / betrogene / verlogene böse Weiber! nemmet die Lehr / und folget nach jenen so wohl leblosen als lebenden Geschöpffen GOttes / wie ihr euch gegen euren Ehe-Männern / als auch von GOtt gegeben Ober-Herrschafft / wie die Evistel an Timotheum meldet" (S. 115) Beim heutigen Leser stehen natürlich alle Haare zu Berge, wenn man so etwas liest. Aber kulturhistorisch ist diese Ausgabe höchstinteressant. Deutlich wird, welche Stellung die Frau in der Gesellschaft des frühen 18. Jahrhunderts hatte. Da der Text im Original-Wortlaut in dieser Edition abgedruckt ist, ist er sicher nicht gerade einfach zu lesen. Aber es lohnt sich.
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