Cover des Buches Was ist denn schon dabei? (ISBN: 9783407781833)
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Rezension zu Was ist denn schon dabei? von

Beängstigend real

von StMoonlight vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Zeigt eindrucksvoll was andere Schüler anrichten können ...

Rezension

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StMoonlightvor 7 Jahren

Egge, Kern, Uhlhorst, Brockmeyer und Strehl gehen auf die gleiche Schule. Zusammen sind sie eine Gang, von denen Egge der Anführer ist. Wenn er sagt was gemacht wird, springen die anderen, denn Anerkennung von Egge und den anderen Jungs ist das was sie brauchen. Zuhause gibt es immer nur Streit, die Eltern leben in Scheidung oder trinken was das Zeug hält. Da brechen sie lieber aus, in ihre eigene kleine heile Welt.

Die Zeit vertreiben sie sich zum Beispiel gerne im Abenteuerspielplatz Kaufhaus. Hier werden die eigenen Schuhe einfach mal gegen neue getaucht. Natürlich ohne zu bezahlen. Dumm nur, wenn man sich erwischen lässt und Hausverbot bekommt. Eine neue Beschäftigung muss her. Wie gut das es da in der siebten Klasse den Martin gibt. Er hat wenig Selbstvertrauen, lässt sich schnell einschüchtern und hat keine Freunde. Das perfekte Opfer.

Als die Gang Geld braucht liegt die Sache auf der Hand: Martin wird Schutzgeld zahlen. Ansonsten werden seine Eltern erfahren das er raucht. Natürlich hat Martin noch nie eine Zigarette in der Hand gehabt, die Angst vor seinem Vater ist viel zu groß. Die Angst vor den großen Jungs auch. Auf einer Schulfeier soll Martin Alkohol für die Großen reinschmuggeln. Nachdem er dies getan hat wird er dazu überredet selbst mitzutrinken. Erst wehrt er sich, doch dann greift er zur Flasche und trinkt und trinkt und trinkt ... Bei Martin, der bis auf ein halbes Glas Sekt zu Silvester, keinen Alkohol angerührt hat, schlägt er richtig zu. Ihm wird schwindelig, schlecht, ... Aber er fühlt sich auch total frei. Als er sich aus dem Versteck schleicht, stürzt er die Treppe hinunter und schlägt mit dem Kopf auf die Stufen. Das Schulfest wird sofort abgebrochen, Notärzte und Eltern bangen um Martins Leben.

Bis auf Egge bekommen die Schüler ein schlechtes Gewissen, grade weil die Lehrer nicht daran glauben, dass Martin selbst auf die Idee kam Alkohol zu trinken. Sie reden von Mittätern und Mord. Diese Worte dröhnen den Gangmitgliedern im Kopf und sie beginnen zu zweifeln, ob alles so richtig ist, was der Egge (und sie selbst) da so machen.

In der Schule erfahren sie es dann: Martin ist an den Folgen seiner Verletzung gestorben. Verletzungen, an denen sie nicht unschuldig sind ...

Leider ist Gewalt, heute mehr als damals, an Schulen an der Tagesordnung. Umso schöner finde ich, dass Schüler sich einmal mit offenen Augen umgeschaut haben und eine Geschichte darüber geschrieben haben.

Es ist alles ein wenig Klischeehaft, so werden die Gangmitglieder beim Stehlen erwischt, im Fast-Food-Restaurant benehmen sie sich wie die Wilden, sie schmuggeln Alkohol in die Schule usw.. Mir scheint es als hätten die Autoren hier alle negativen Eigenschaften einer Jugendgang gesammelt und vereint. Teilweise ist dies doch etwas überzogen.

Martin ist ein typisches Opfer, wie er im Buche steht. Er ist ruhig, schüchtern und hat keine Freunde. Sein Vater erzieht ihn streng, seine Mutter hat, selbst bei Kleinigkeiten, Angst um ihn. Bereits am Anfang der Geschichte merkt man, dass eben genau dieser Junge auserkoren wird. Die Schutzgelderpressung findet auf der Toilette statt, wo fast nie ein Lehrer hinkommt. Die Lehrkräfte merken jedoch, dass Martin sich immer mehr verändert und fragen ihn ob alles in Ordnung ist, was dieser bejaht. Diese Stelle halte ich für sehr realistisch, denn die wenigsten trauen sich etwas zu sagen, wenn sie gemoppt oder gar schlimmeres werden. Auch die Lehrkräfte sind hier machtlos, weil sie ja nicht immer alles sehen.

Die Jugendgang spielt mit Martin, für sie ist er schon fast so etwas wie ein Maskottchen. Irgendwann bekommt er das Angebot in der Gang mitzumachen, Sachen zu schmuggeln, Diebstähle zu machen, .... Tatsächlich überlegt Martin kurz, denn er möchte auch endlich dazu gehören. Was er nicht ahnt, dass die großen Jungs mit ihm spielen. Um es einmal mit Stefans Worten auszudrücken: "[...] Zwischendurch müssen wir ihn immer wieder aufpäppeln, sonst geht er uns zu schnell kaputt, und wir brauchen ihn noch. [...]" (S. 63)

Das Ende, Martin stirbt, ist wirklich heftig gewählt. Aber grade dadurch wird den Gangmitgliedern bewusst, dass sie dieses Mal zu weit gegangen sind. Eine einfache, wenn auch schön gewählte Geschichte.

Während des Lesens sollte man sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass dieses Buch Jugendliche geschrieben haben. Es lässt sich sehr leicht und flüssig lesen, fast schon zu leicht. Die ganze Zeit hatte ich das Gefühl kein Buch, sondern einen langen Aufsatz zu lesen. Irgendwie finde ich es, selbst für junge Erwachsene, zu "einfach" geschrieben. Es fehlt der Anspruch.

Klar benutzen Jugendliche, heute weit mehr als damals, Kraftausdrücke und haben ihren eigenen Slang. Dieses Buch besteht leider nicht wirklich aus etwas anderem. Eine Aneinanderreihung von Beleidigungen, scheinbar coolen Aussagen und Klischees. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen.

Auch wenn dieses Buch mich, vom Schreibstil her, ein wenig unterfordert, so ist die Geschichte ganz gut. Allerdings ist dieses Buch auch eher weniger für den Alltag, denn ich denke die es lesen sollten (die "Draufgänger") würden es nicht freiwillig lesen und für die, die es lesen würden ("die Opfer") würde sich nichts ändern. Ich sehe dieses Buch, grade weil es auch weinige Seiten hat, eher in einer Schule. Vielleicht im Deutschunterricht oder gar in Sozialkunde. Irgendwo, wo es aufgearbeitet wird. Genau dort, wo diese Probleme eben stattfinden. Einfach um aufrütteln und zu zeigen, dass mobben total uncool ist.

Aber auch manchen Eltern sollte man es wohl in die Hand drücken, denn nach Martins Unfall machen sich seine Eltern Gedanken: Der Vater hat ihn stets unter Druck gesetzt, weil er nicht wollte das sein Sohn ein Weichling wird und sich durchsetzen kann. Was er erreichte, war das Martin sich eingeschüchtert fühlte. Die Mutter machte sich um alles Sorgen. Der Nachbarsjunge war der falsche Umgang, beim Schwimmen würde er sich verkühlen, Rad fahren sei viel zu gefährlich, ... Hier ist sehr schön dargestellt, wie Martin überhaupt erst zu dem werden konnte was er ist (war): Ein schüchterner Junge, der sich selbst nicht viel zutraut.

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