Cover des Buches Die Bibel & ich (ISBN: 9783548609393)
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Rezension zu Die Bibel & ich von A. J. Jacobs

Wenn du unterwegs ein Vogelnest findest ...

von katiandbooks vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Interessant, lustig und lehrreich

Rezension

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katiandbooksvor 6 Jahren
A. J. Jacobs ist Journalist, Autor ... und Agnostiker. Trotzdem nimmt er sich vor, ein Jahr lang die Gebote der Bibel zu befolgen und nicht nur die zehn. Über 700 Regeln, Gesetze, Anregungen und Verbote hat er sich aus der Bibel seiner Ex-Freundin (die Einzige, die er bis dato zu Hause hatte) herausgeschrieben und lebt nach ihnen so gut er kann. Und zwar im heutigen New York City.


Mit einer Fanfare aus einem Widderhorn den neuen Monat begrüßen, keine Kleidung aus Mischgewebe tragen, einer Frau die Hand abhacken, die beim Kampf zweier Männer dem ihrigen zu Hilfe kommt und dabei dem anderen ans Gemächt fasst - tja, das alles zu befolgen ist nicht leicht. A. J. Jacobs versucht es trotzdem, obwohl er zum Einen keine Gelegenheit bekommt, einer hilfsbereiten Frau die Hand abzuhacken und ihm zum Anderen immer wieder Menschen mit anderen Interpretationsmöglichkeiten begegnen (Hand abhacken? Nee, das bedeute doch eigentlich, die Frau müsse eine Geldstrafe bezahlen).


Als Leser lernt man mit A. J. Jacobs zusammen nicht nur die absurdesten Regeln der Bibel kennen, sondern lernt auch abseits des berühmten Buches erstaunliches. Beispielsweise, dass es tatsächlich den Beruf des Mischgewebeprüfers gibt. Den lassen sich orthodoxe Juden kommen, um den Kleiderschrank zu überprüfen. Und genau der hat auch später im Jahr für A. J. noch die Gelegenheit, ein ein Vogelnest betreffendes biblisches Gebot zu befolgen. Und der ist wahrlich nicht der Einzige, der sich mit Freuden auf besagtes Vogelnest stürzt.


Überhaupt lernt man viele Splittergruppen, sowohl auf jüdischer als auch auf christlicher Seite, kennen, die sich durchaus noch sehr streng an die Gesetze der Bibel halten, ob es sich dabei nun um die Ernährung handelt, wie man das Haar zu tragen oder wie man mit menstruierenden Frauen umzugehen hat. Gar nicht nämlich. Um ganz sicher zu gehen, fasst A. J. dann auch lieber gar keine Frau außer seiner eigenen mehr an.


Für mich sehr erstaunlich war, wie offen die meisten Menschen mit dem Projekt des Autors umgegangen sind. Ob er sich mit fundamentalistischen Christen oder Juden, mit Amishen, mit Sektenführern oder Gurus getroffen hat, jeder hat ihn herzlich empfangen und ihm Tipps gegeben. Selbst seine Kolleginnen in der Redaktion gaben beherzt Auskunft über ihren Monatszyklus. Dabei glaube ich jedoch, dass gerade die Offenheit der Lektüre gegenüber sich in Grenzen halten wird bzw. hält (das Buch ist mittlerweile schon ein paar Jahre alt). Dafür wurde meiner Meinung nach allein das Cover mit dem Autor in "Jesus-Outfit" und Starbuckskaffee in der Hand falsch gewählt.


Doch auch, wer hier den sarkastischen Bericht eines Ungläubigen erwartet oder dessen Bekehrung, wird enttäuscht werden. A. J. Jacobs geht auch mit den absurdesten Geboten respektvoll um und versucht, wenn er schon nicht den Sinn dahinter findet, wenigstens etwas daraus zu lernen. Ein bisschen schade fand ich jedoch, dass er zwar jeden Monat ins Widderhorn bläst, immer Weiß trägt und sich den Bart weder abrasiert noch stutzt, sich viele andere Regeln jedoch immer mal vornimmt und damit abhakt und nicht weiter beachtet. Das ist bei 700 Benimmregeln jedoch sicher auch nicht anders zu bewerkstelligen.


Fazit: Erstaunlich und lustig und irgendwie irre ist der Erfahrungsbericht eines Mannes geworden, der die Gebote der Bibel nicht nur wörtlich nimmt, sondern sie auch befolgt. Darüber hinaus ist er auch noch unglaublich informativ und interessant. Möglicherweise ist das Ergebnis in Buchform nicht für jeden zu empfehlen, und das könnte auch mit der äußerlichen Aufmachung zu tun haben, doch für mich hat sich das Lesen wirklich gelohnt und ich vergebe 4****.
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