Rezension zu "Der Fluch des Amuletts" von A. R. Morlan
Das Buch hat 622 Seiten und keine ist zuviel davon. Originellerweise las ich es heute an einem Samstag, den 31. Oktober 2020 zu Ende. Der letzte Abschnitt des Buches spielt an einem Samstag, dem 31. Oktober, nur eben 1987. Seltsamer Zufall! Ich wußte das vorher nicht. War selbst überrascht!
Das Buch spielt auf drei Zeitebenen, wobei jedoch diejenige von 1987 die vorherrschende ist. Um was geht es?
Der Prager Karel Nezval bekommt Ende Oktober 1880 in Prag ein Paket zugestellt, von seinem alten Jugendfreund. Dieser hatte bei Ausgrabungen ein Amulett in Ägypten entdeckt und es ihm zukommen lassen, mit einer ausdrücklichen Warnung. Er hört jedoch nicht ...
1931, Wisconsin, the US of A. Die sechsjährige Lucy Miner lebt mit ihren Eltern und ihrer heißgeliebten Gramma in einem Haus, das in einem kleinen Städtchen verortet ist. Gramma offenbart ihr mysteriöse Geheimnisse, die sich Lucy "magisch" offenbaren. Kurz vor Halloween dreht Alvin Miner, Lucys Vater scheinbar durch und tötet seine Frau, die ja auch Lucys Mutter ist sowie Gramma mit der Axt. Lucy kommt zu ihren Tanten und Alvin in die Psychiatrie. Dauerhaft.
1987, ebenfalls Wisconsin, selbes Städtchen. Lucy ist mittlerweile 63 geworden. Tochter Tina und die 29jährige Enkelin Anna Sudek müssen unter den extremen Launen der herrischen, manipulativen "Alten" massiv leiden. In dem Ort ist Anna ohnehin nur gelittene Außenseiterin wegen der Taten Alvins. Spott, Hohn, Armut begleiten sie schon ein Leben lang, aber sie hat ein großes Herz für Katzen.
Im Buch gibt es ebenso ein kollektives Psychogramm der Mentalität eines Städtchens, der Heuchelei, Arschkriecherei, der Gemeinheiten, Intrigen, Verlogenheit. Der Polizeichef Brian "Bib" Stanley ist allerdings anders. Er möchte Anna wirklich helfen und gibt ihr einen besser dotierten Job bei der Polizei als Bürogehilfin und Aufseherin. Anna ist nicht auf den Kopf gefallen. Sie ist sehr intelligent und schloß ihr Studium mit Magna Cum Laude ab. Aus diversen Gründen, die im Buch überzeugend erläutert werden, schafft sie nicht den Absprung aus dem Provinzsumpf.
Ihre Mutter Tina hat plötzlich die "Alte" endgültig satt und macht die Flatter. Jetzt muß sich Anna zu ihrem Verdruß alleine um ihre Oma kümmern. In derem Haus riecht es immerzu merkwürdig. Ja, Lucy wohnt in jenem Gebäude, in welchem 1931 die Morde begangen wurden, inklusive Blutflecken in DEM Zimmer.
Eine Frau stirbt, scheinbar von einem großen Tier in einem Wäldchen getötet. Danach ereignet sich ein grauenerregender Unfall. Die Toten waren allesamt Personen, die Feinde von Anna waren. Sie gerät ins Zwielicht. Aber noch ahnt sie nur einen Teil der furchtbaren Wahrheit. Sie muß sich mit der Historie ihrer Familie auseinandersetzen und mit seltsamen, bizarren Geheimnissen, bevor noch mehr passiert. Etwas Furchterregendes steht ihr bevor ...
Trotz seines Umfangs gibt es keine Längen im Buch und alle Fragen werden sehr zufriedenstellend aufgelöst. Diverse Enigmen werden zunächst nur angedeutet. Eine geschickte Spur von Kieseln wird gelegt, aber dem Leser genug Raum gelassen, selbst zu spekulieren und dann zu sehen, inwieweit er wohl richtig liegt. Es gibt diverse fette Hennen ( die Pflanze, nicht das Tier! ) an verblüffenden Überraschungen. Nach und nach wird das Verdeckte entblättert und man staunt.
Der Plot ist kongruent und sehr an der Kehle packend, mit eiskalten Klauen! Manche Implikationen regen zum Nachdenken an, nach der Art: Was wäre wenn ..? Es ist schön gruselig mit einer unheimlichen, durchgehend lauernden Atmosphäre, so daß man manchmal schlucken muß. Gewalttätigkeit kommt vor, aber in normalem verträglichen Maß, eher wie Stephen King, nicht so sehr Laymon oder Clive Barker.
Es sind aber durchaus auch Elemente der Dark Fantasy enthalten. Sehr stimmig! Und ein absolutes Highlight ist, daß Katzen einen sehr wichtigen Part einnehmen, ja, es ohne sie gar nicht ginge. Sie sind ebenso wichtige Protagonisten und für den Fortgang der Handlung an wichtigen Turning Points ein eminenter Schlüssel. Gegen Ende gibt es noch eine durchaus erstaunliche Bemerkung. Dann sagt man: Wow! Was wäre, wenn ...? Unlogik ist glücklicherweise abwesend und die Protagonisten, ob tierisch oder Sapiens handeln durchaus authentisch!
Wer sich also gruseln möchte inklusive Gänsehaut und massivem Spannungsinput, daß die Steckdose implodiert möge beherzt zugreifen. Originelle Geschichte die vor Kreativität ein helles, angenehmes Sirren erklingen läßt. Kein Wunder, daß die alten Ägypter Katzen verehrten und Bastet anbeteten!!!😺😸😹😻😼😽🙀😿😾🐱🐈🦁🐯🐅🐆