Lena ist über 30, hat indische Wurzeln, arbeitet als Buchhalterin und führt ein ruhiges, abgeschottetes Leben. Soziale Kontakte fallen ihr schwer. Sie ist am liebsten alleine, hat ihre strikten Routinen, erträgt andere Menschen nur fein dosiert. Megan ist offen und freundlich, gesellig und hat eine große, nette Familie. Die Wege der beiden kreuzen sich, als Megan Lenas Nachbarin wird. Schnell geraten die beiden aneinander: Megan hört nach Lenas Empfinden zu laut Musik, feiert zu oft....Doch als Lenas Wohnung wegen eines Unwetters unbewohnbar wird, ist es Megan, die ihr Obdach gewährt. Aus der Zwangsgemeinschaft wird Freundschaft und schließlich mehr...
Die Geschichte ist simpel und vom Prinzip her nicht neu, aber nett und unterhaltsam - im Prinzip das richtige für einen verregneten Nachmittag auf der Couch. Sie war insgesamt ganz nett zu lesen. Mehr aber auch nicht, und das lag an der oberflächlichen Erzählweise. Mir fehlte es insgesamt an Tiefe. Allein die Person der Lena ist eigentlich sehr interessant mit ihren Neurosen und Störungen und auch ihrem Familienbackground. Leider wurde alles nur gestreift; Hintergründe blieben auf der Strecke. Ich hätte z.B. gern gewusst, weshalb die indischen Eltern bei der älteren Schwester zwar eine Liebesheirat mit einem Engländer gutheißen, aber in Bezug auf Lenas Homosexualität durchdrehen und sie am liebsten mit einem indischen Mann aus ihrer Community verheiraten würden. Oder woher Lenas Neurosen kommen. Es war für mich sehr schwer verständlich, dass Lena einerseits so zurückhaltend ist und Probleme hat, andere Menschen zu berühren, aber mit ihrer Ex sofort einen One Night Stand (mit Verlängerung, aber das konnte sie zu Beginn ja nicht wissen) gehabt haben soll. Mir fehlte da was, um diese charakterferne Handlung nachvollziehen zu können.
Über Megan dagegen gibt es leider nicht viel zu sagen. Sie war freundlich, nett, unkompliziert. Ende. Es fehlten jegliche Facetten.
Der Ylva Verlag bemüht sich sehr, in seinen Büchern realistische Personen darzustellen und allen Facetten des Möglichen gerecht zu werden. Ich finde es prinzipiell toll, dass auch PoC`s vorkommen, speziell, wenn die Geschichte im international geprägtem London spielt. Gleichzeitig geht mir etwas auf die Nerven, wenn bemüht jedwede sexuelle Orientierung ("pansexuell", "asexuell"...) durchgekaut wird (das war hier aber mal nicht der Fall). Bei diesem Buch fand ich es schwierig, die Erotik zwischen den beiden nachvollziehen zu können. Lena wird als klein beschrieben, mehrmals wird darauf hingewiesen. Und dann wird gesagt: Größe 38 hat sie nicht, sondern definitiv mehr! Hmm. Folglich hat sie in Relation zur geringen Körpergröße also Übergewicht. Megan wird als extrem blass (durchscheinende Haut) und sehr groß und kräftig beschrieben. Ich persönlich fand weder die eine noch die andere sehr anziehend beschrieben und wollte mir die beiden lieber gar nicht optisch vorstellen. Realität und Erotik in Büchern - das passt für mich eben oft nicht so. Ich träume mich da lieber weg. Aber das ist halt Geschmackssache.
Abgesehen davon hätte ich es auch gut gefunden, wenn die Geschichte nicht so inflationär überall hätte spielen können. Ich mag gern,. wenn man was über die Umgebung erfährt: bin ich in London, in einer US-Kleinstadt, in New York, in Sidney, in Berlin? Hier lag der Fokus rein auf der Story, ohne, dass auf die Umgebung irgendwo eingegangen wird. Auch das macht die Geschichte recht oberflächlich.
Fazit: kann man lesen, allerdings sollte man nicht zu viel Erwartungen haben.