Gurjewitsch interessieren die "geistigen Horizonte" einer Epoche: wie dachte man, vor was hatte man Angst, vor was Ehrfurcht. Folglich beschäftigt er sich in seinem Buch Mittelalterliche Volkskultur mit der Frage nach dem mittelalterlichen Weltverständnis. Wie dachte man sich damals die Welt. Das Mittelalter ist reich an Bildern und Metapher, Geistern und Ungetümen. Bekannt vor allem für seine Frömmigkeit und dem steten Wunsch, dies und die nahe Heilserwartung in Bilder auszudrücken. Doch Gurjewitsch beschäftigt sich nicht nur mit den materiellen Hinterlassenschaften, sondern auch mit mittelalterlicher Philosophie und Literatur. Die Frömmigkeitsbewegung erschließt sich für ihn bspw. in den mittelalterlichen Bußbüchern oder der massiven Heiligenverehrung, die spätestens mit dem 10./11. Jh. (fast gleichzeitig mit der einbrechenden Pest) das Mittelalter überrollt. - Gurjewitschs Buch ist sehr speziell; es berührt zwar ein allgemein interessantes Thema, nämlich die Alltags- bzw. Mentalitätsgeschichte, Gurjewitsch behandelt es jedoch als ausgewiesener Fachmann und macht insoweit auch eine wissenschaftliche Studie daraus. Einfach zu lesen ist es daher nicht, sondern muss als wissenschaftliche Fachliteratur für vorkundiges Publikum eingeordnet werden.
Rezension zu "Mittelalterliche Volkskultur" von Aaron Jakolewitsch Gurjewitsch