Das Buch startet in Sibirien, schätzungsweise irgendwann in den 1960'er Jahren. Weiter geht es dann in Berlin im 21. Jahrhundert. Dort spielt sich die Handlung dann größtenteils ab – irgendwie hatte ich mehr Wechsel zwischen den Zeitebenen erwartet, vielleicht mein Fehler. Die beiden Zeitstränge sind durch Erich verbunden – einem Baumliebhaber und -forscher. Das Thema Bäume fand ich interessant behandelt. Das hätte gerne noch vertieft werden können, denn die Geschichte in der Gegenwart mit Katharina fand ich nicht so überzeugend. Auch die angekündigte Freundschaftsgeschichte zwischen Katharina und Erich wurde etwas kurz abgehandelt. Was das Buch aber schafft (soweit ich das beurteilen kann): das Altern ehrlich zu beschreiben.
Erzählt ist das Buch in einer sehr klaren, schnörkellosen Sprache. Vielleicht auch dadurch erinnerten mich die Passagen über Katharina manchmal an ein Jugendbuch (was nicht schlimm ist).
Auf garkeinen Fall ein schlechtes Buch, aber auch nicht herausragend. Vielleicht wurde hier einfach zu viel zusammen gemischt.
Ada Dorian
Lebenslauf
Eine poltische Stimme: Ada Dorian, geboren am 12.9.1981 in Hannover, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie. Sie gewann den Literaturförderpreis der Stadt Hamburg 2009, ist Trägerin des Literaturstipendiums des Landes Niedersachsen 20216 und war nominiert für den Ingeborg-Bachmann-Preis 2016. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in Osnabrück.
Alle Bücher von Ada Dorian
Betrunkene Bäume
Schlick
Die Zähmung der Tiere
Betrunkene Bäume
Neue Rezensionen zu Ada Dorian
Die Grundidee zu der Geschichte gefällt mir noch immer: Zwei Frauen, getrennt durch einhundert Jahre Zeit, leben mit ihrem Kind im gleichen Haus, doch in unterschiedlichen Lebenswelten: Svea wird unerwartet schwanger, bricht ihr ohnehin nicht konsequent verfolgtes Studium an der Uni ab und zieht zum Vater des Kindes, um es mit ihm zu „versuchen“. Ein gemeinsames Familienleben kommt jedoch zunächst nicht zustande, denn Christian, Vater des kleinen Linus, ist beruflich viel unterwegs. So schlägt sich Svea allein durch, kämpft mit dem bockigen, alten Haus, mit der Hitze dieses Sommers, sucht Halt im Ungewissen. Ebenso allein war an gleicher Stelle einhundert Jahre zuvor Helene, die ihren Ehemann Wilhelm im ersten Weltkrieg verloren hatte und mit Tochter Sophie zurückbleibt in düsteren Zeiten.
Soweit, so gut. Leider kam ich den Charakteren der beiden Frauen nicht wirklich nah. Ihre Emotionen erschlossen sich mir häufig nicht, auf mich wirkten sie zwar tapfer, aber auch undurchschaubar und sprunghaft. Da gibt es Affären, die mich verblüfften, da ich die Gefühle der Beteiligten nicht geschildert bekam. Abtreibungen mal eben in einer Nacht und gut ( dabei waren solche Eingriffe meines Wissens damals eine Sache auf Leben und Tod), Mutter/Tochter-Verhältnisse, die ich erschreckend kühl fand. Die Personen wirkten auf mich wie eine Skizze, zu wenig durchzeichnet. Ich könnte bis jetzt nicht sicher sagen, welches konkrete Ziel diese beiden Frauen besaßen: einfach nur zu überleben? Gut gefiel mir die Sprache der Autorin, sehr flüssig, manchmal ein Hauch von Poesie, wie es der Klappentext verspricht. Insgesamt jedoch für mich kein Buch, das ich länger im Gedächtnis behalten oder verschenken werde.
Ada Dorians Debütroman erzählt die Geschichte von Erich, der mit über 80 wegen seiner zunehmenden Gebrechlichkeit kaum noch in der Lage ist, allein zu leben. Seine Tochter Irina hat nicht genug Zeit, sich ständig um ihn zu kümmern. Sie stellt eine Haushälterin für ihn ein und drängt ihn immer wieder, ins Heim zu ziehen. Erich hat mit Dascha die Liebe seines Lebens, verloren, weil er das ihr gegebene Versprechen gebrochen hat. Beide wollten nach dem Ende von Erichs Berufstätigkeit in Daschas sibirische Heimat zurückkehren. Eines Tages lernt Erich die knapp 18jährige Katharina kennen, die ein etwas dubioser Bekannter in einer leeren Wohnung im selben Haus untergebracht hat. Sie ist von zu Hause ausgerissen, nachdem der Vater die Familie verlassen hat. Katharina gibt ihrer Mutter die Schuld. Ihr Leben läuft völlig aus dem Ruder. Sie schmeißt die Schule und verliert ihren besten Freund seit Kindertagen an eine Rivalin. Katharina und Erich haben eine Gemeinsamkeit, nämlich den Bezug zu Sibirien. Katharinas Vater arbeitet neuerdings dort, und Erich hat als junger Mann in der sibirischen Taiga biologische Forschungen betrieben. Sein Führer Wolodja, nach harten Jahren im Arbeitslager ein verarmter Obdachloser, teilt sein enormes Wissen mit ihm. Hier hat Erichs Liebe zu Bäumen ihren Ursprung und die betrunkenen Bäume aus dem Titel finden eine Erklärung: Wenn in Permafrost-Regionen der Boden taut, verlieren die Wurzeln ihren Halt und die Bäume neigen sich in alle Richtungen. Erichs lebenslange Liebe zu Bäumen zeigt sich auch in der Tatsache, dass er in seinem Schlafzimmer einen ganzen Wald züchtet, was niemand wissen und sehen darf, auch seine Tochter nicht.
Die berührende Geschichte enthält zahlreiche Rückblenden in die Vergangenheit und beleuchtet Erichs und Daschas Beziehung. Sie behandelt Themen wie Familie, Liebe und Freundschaft, Verrat und nicht wieder gutzumachende Schuld, vor allem aber Verwurzelung in der Heimat. Wo ist für uns Heimat, und wie wichtig ist sie für uns? Dorians Debüt ist ein schöner Roman ohne Happy End, aber nicht ohne Hoffnung. Sehr empfehlenswert.
Gespräche aus der Community
Zusätzliche Informationen
Ada Dorian wurde am 12. September 1981 in Hannover (Deutschland) geboren.
Ada Dorian im Netz:
Welche Genres erwarten dich?
Community-Statistik
in 188 Bibliotheken
auf 29 Merkzettel
von 5 Leser*innen aktuell gelesen