Rezension
Babschavor 10 Jahren
Empathiker, Menschen, die in der Lage sind, die tiefsten Gefühle ihrer Mitmenschen mit ihrem Geist aufzufangen oder auch ihre eigenen Emotionen auf diese zu projizieren. Von ihnen handelt dieses Buch. Da sind Elijah und Winter mit ihrem Lehrer Laszlo Kuehl, das sind die Guten. Und Valentinus, ein unheimlicher Sektenführer, der was ganz Schlimmes im Schilde führt, das ist der Superschurke. Und noch viele mehr, die hier aufeinandertreffen, die ein dunkles, sechzehn Jahre zurück liegendes Geschehen verbindet und um die der Autor eine überbordende, wahnwitzige Geschichte gebaut hat, die von der Grundidee zwar sorgfältig gestrickt, solide durchdacht und streckenweise auch ziemlich spannend ist, die in dem dicken Wälzer aber vor allem aus religiösem und hochtechnischem Blickwinkel derart ausufernd und bis in tiefste psychologische Abgründe ausgebreitet wird, dass es für den Leser an manchen Stellen einfach nur quälend anstrengend und langatmig wird. Das mindert dann einfach nur die Lust am Weiterlesen, nimmt die Spannung und ermüdet kolossal. Schade. Das Ganze auf halber Seitenzahl, das wär´s gewesen. Man merkt deutlich, dass Fawer hier wieder versucht, sein ganzes empirisches Fachwissen über Psychologie und Technik in einem Roman unterzubringen, was ihm leider in diesem Thriller aus den vorgenannten Gründen bei weitem nicht so gut gelungen ist wie bei seinem überzeugenden Erstlingswerk "Null". Und wenn dann nach irrsinnig langem Vorlauf der showdown endlich beginnt, wirkt das ganze Geschehen wie auch die Sprache nur noch überzogen und die Zusammenhänge so konstruiert, das beim Leser irgendwie ein schaler Nachgeschmack verbleibt. Insgesamt nicht schlecht, aber einfach zu viel des Guten und viel zu lang. Froh, durch zu sein, ist eigentlich nie ein zufrieden stellendes Leserempfinden nach dem Zuklappen eines Buches. Mit drei Sternen gut bedient.