Adam Fergusson

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Autor*in von When Money Dies.

Lebenslauf

Adam Fergusson studierte Geschichte in Cambridge und wurde später Journalist. Er arbeitete unter anderem für den Glasgow Herald und die Times. Seine weitere berufliche Laufbahn führte ihn in die Politik, wo er Berater des britischen Ministers Lord Howe im Außenministerium wurde. Adam Fergusson hat fünf Bücher veröffentlicht, inklusive dreier Novellen. Fergusson ist ein gern gesehener Gast bei renommierten Fernsehsendern, wie die BBC und CNN, zu den Themen Ökonomie und Wirtschaftsgeschichte.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Adam Fergusson

Cover des Buches When Money Dies (ISBN: 9781586489946)

When Money Dies

 (1)
Erschienen am 28.07.2011

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Cover des Buches When Money Dies (ISBN: 9781586489946)
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Rezension zu "When Money Dies" von Adam Fergusson

Der deutsche Albtraum
Dr_Mvor 9 Jahren

Wohl kein anderes Volk auf diesem Planeten hat eine solche Angst vor Inflation wie das deutsche. Adam Fergusson berichtet in diesem Buch über die Hyperinflation der 1920er Jahre in den Verliererstaaten des 1. Weltkrieges. Da kaum noch jemand lebt, der diese Zeit bewusst durchlitten hat, müssen wir auf Bücher zurückgreifen, um wenigstens ansatzweise zu verstehen, was damals geschah. Der Text besitzt neben einigen Schwächen den interessanten Vorteil, dass er im Wesentlichen auf den Aufzeichnungen und Depeschen englischer Diplomaten aufbaut, also eine zwar nicht neutrale, aber eben auch nicht von Betroffenheit geprägte Sichtweise zum Ausdruck bringt.

Gerade die Erfahrungen dieser Hyperinflation und der später dem 2. Weltkrieg folgenden Geldentwertung führten dazu, dass die Deutsche Bundesbank nur eine einzige Aufgabe zugeordnet bekam: Sie hatte unter allen Umständen die Stabilität der Deutschen Mark zu sichern. Doch was bereits die Konstruktion der europäischen Einheitswährung vermuten ließ, trat am 9. Mai 2010 ein: Gegen den Willen des Bundesbankchefs Weber wurde die Europäische Zentralbank von der Politik gezwungen, Schrottanleihen südeuropäischer EU-Länder aufzukaufen. Damit, so schreibt der Herausgeber dieses Buches, Max Otte, ist der Selbstbedienungsladen der Notenbank eröffnet worden. Und dieser Weg führe, so Otte, mit großer Wahrscheinlichkeit in den Abgrund.

Wie es dort aussieht, kann sich jeder Leser dieses Buches schildern lassen. Die damalige Hyperinflation begann zwar erst 1921, aber ihre Ursachen lagen in der Kriegsfinanzierung, mit deren Lasten allerdings alle europäischen Staaten nach Kriegsende zu kämpfen hatten. Doch Deutschland wurden dazu noch auch für heutige Vorstellungen unerfüllbare Reparationslasten aufgebürdet. Um der Geldknappheit entgegenzuwirken, begann die Reichsbank mit zunehmender Beschleunigung Geld zu drucken. Damit wurde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die fürchterliche Folgen hatte, die bis heute im gesellschaftlichen Bewusstsein Deutschlands tief eingebrannt blieben.

Wenn man den Text von Fergusson liest, dann kann man es durchaus mit der Angst zu tun bekommen, denn es sind nicht nur die Beschreibungen der damaligen Not, die vor allem die Mittelschicht, Rentner, Intellektuelle und Freiberufler traf, die erschrecken, sondern es sind auf der einen Seite die unvorstellbare Dummheit und Kurzsichtigkeit der politischen Verantwortlichen, die einem das Fürchten lehren und auf der anderen Seite die brutalen und die Gesellschaft von innen zerstörenden Konsequenzen dieses unverantwortlichen Handelns.

In einem Bericht aus jener Zeit, der auf Seite 343 zitiert wird, steht: "Ich kann jedoch verstehen, dass der Selbsterhaltungstrieb existenzbedrohter Menschen stärker ist als alle moralischen Gesetze. ... Es ist inzwischen üblich, dass besser und wärmer angezogene Menschen auf der Straße ihrer Kleidung beraubt werden und gezwungen sind, barfuß nach Hause zu gehen."

Fergusson beschreibt die Ereignisse entlang der Zeitlinie und benutzt dazu sehr oft die Aufzeichnungen des damaligen britischen Botschafters. Seine Schilderungen widmen sich vorrangig der ökonomischen Lage des leidenden deutschen Volkes und der Dummheit seiner politischen Klasse, die nach Ansicht des Autors unfähig war, einfachste Zusammenhänge, wie den zwischen Geldmenge und Geldentwertung, zu begreifen. Die Leitung des Irrenhauses, so zitiert Fergusson seine diplomatischen Quellen, wurde den Geisteskranken überlassen.

Mit dem Text wird übrigens auch begreiflich, wie aus dieser Situation der Wunsch vieler Menschen nach einer starken Führungspersönlichkeit einfach entspringen musste. Der Autor macht darüber hinaus den Anteil der deutschen Industrie an der Hyperinflation deutlich, denn sie profitierte von Krediten, die anschließend durch die Geldentwertung mühelos zurückzahlbar waren. Folglich feuerte sie die Reichsbank nur noch mehr an, Geld zu drucken.

Der Staat und das wirtschaftliche Leben brachen mit der Hyperinflation völlig zusammen. Bauern und Ladenbesitzer weigerten sich, Produkte gegen wertloses Papier zu tauschen. Steuern waren nicht mehr festsetzbar und konnten nicht eingetrieben werden, was das Staatsdefizit ins Unermessliche trieb und zu weiteren Gelddruckorgien führte. In vielen Teilen des Reichs wurden Zentrifugalkräfte immer bedeutender.

Und als fast niemand mehr wusste, wie dieser Irrsinn jemals aufhören sollte, brachte Hjalmar Schacht die Spirale mit einem Trick zum Stehen. Denn die von ihm eingeführte Rentenmark war nichts anderes. Da Papiergeld nur auf Vertrauen beruht, musste das Vertrauen wieder hergestellt werden. Und das gelang Schacht, weil er sowohl über einen scharfen Intellekt, als auch über die den politischen Willen und die Stärke verfügte, konsequent zu bleiben.

Das Buch beschreibt die Abläufe der Hyperinflation sicher nicht vollständig, doch aus einer anderen Sicht als das ein deutscher Autor mit deutschen Quellen tun würde. Darin besteht seine Stärke. Zu seinen Schwächen zählen die wenig tiefgreifende Ursachenforschung für die fürchterliche Entwicklung. Erst im Nachwort stellt der Autor dann wenigstens die wirklichen Zusammenhänge deutlicher dar.

Wer sich über die Folgen einer Hyperinflation informieren möchte, der findet in diesem gut lesbaren Text viel Material. Dass der Autor auf die jüngere Entwicklung in Europa nirgends eingeht, kann man ihm nicht vorwerfen, weil der Text ursprünglich in den 1970er Jahren geschrieben wurde. Die Zusammenhänge zu unserer Situation macht dafür der Herausgeber deutlich.

Fazit.
Ein wirklich interessanter, gut lesbarer, aber freudloser Text, der uns die Abgründe schildert, vor denen wir wieder stehen, wenn wir über die riesigen Schuldenberge sehen würden, die unverantwortliche Politiker wieder einmal angehäuft haben. Die Schilderungen verdienen die volle Punktzahl, wenn man sich bewusst ist, dass dies kein umfassendes Werk über die deutsche Hyperinflation, sondern mehr ein Bericht ist, der aus den Quellen der britischen Diplomatie gespeist wurde.

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